Erster April

„Oh ja, ich wünschte mir“,
so sagt’s mein müdes Herz,
„dass Kriege,Hass und Tod,
dass Elend, Leid und Not,
wie alles Unrecht hier,
wär‘ nur ein schlechter Scherz!

Kein Hungertod, der fällt
die Menschen vor der Zeit!
Denn Hände gütig geben,
im Lichte weben Leben.
Es siege Menschlichkeit!“

© Ingrid Herta Drewing,2016

Aleppo-Fanal,15. Februar

Wie kann der Mensch sich zeigen so verroht
und Schulen, Krankenhäuser bombardieren,
zu schicken viele Kinder in den Tod,
um grausam hier nur Macht zu demonstrieren?

In Trümmergrau und Tod der Tag versinkt.
Des Krieges Fratze scheint zu triumphieren,
wenn Leben weicht, das Land im Leid ertrinkt
und Tausende hier Heim und Halt verlieren.

Die Schuld an diesem ferngelenkten Tod
schiebt eine Macht der andern in die Schuhe.
Im Hochmut ignorier’n sie Syriens Not,
im Bombenhagel findet’s keine Ruhe.

Wann endlich schließt ihr dauerhaften Frieden,
hört auf damit, dies‘ Land zu bombardieren?
Wann ist’s den Menschen endlich dort beschieden,
zu leben, nicht nur Leid, Not,Tod zu spüren?

© Ingrid Herta Drewing,2016

Fastnacht 2016

Der Jecken Zeit ist nun gekommen,
sie feiern munter Karneval.
Die Tradition bleibt unbenommen;
doch mancher Mensch denkt auch beklommen
an Terrorismus und Skandal.

Was früher, leicht und unbekümmert,
bestimmte närrisch‘ frohe Stunden,
wirkt nun im Grunde wie zertrümmert.
Man fühlt, es hat sich was verschlimmert,
hofft, dass noch Sicherheit gefunden.

Fast mag es manchem hier erscheinen,
als sei’s ein Tanz auf dem Vulkan,
wo vieles nicht mehr ist im Reinen.
Bedenken, Ängste sich vereinen
mit Krise, Leid, Not, Krieges-Wahn.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Jahresneige

Zum Ende neigt sich nun dies alte Jahr.
Viel Freud‘, doch noch mehr Leid hat es gesehen.
Auch heute lässt die Zeit uns offenbar
Vergangenes im Rückblick kaum verstehen.

Die Kriege, Menschen auf der Flucht, die Not!
Wir alle doch den Frieden hier ersehnen!
Ist eine Krise grad vorbei, dann droht,
ein neues Übel sich schon auszudehnen.

Noch immer scheint der Mensch nicht zu begreifen,
wie einzig unsre Erde,Wandelstern,
und alles Leben, Wachsen, Blühen, Reifen;
sonst läge ihm wohl die Zerstörung fern.

Jedoch erwacht zum neuen Jahr dies‘ Hoffen,
es stünden alle Friedens-Türen offen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Fluchtpunkt

Novemberbild, golden und rot,
hebt dich aus trüben Gedanken,
die in die Seele sich ranken,
verdrängt kurz das Leid und die Not.

Betroffenheit fließt aus den Zeilen,
wird wörtlich stets neu aufgefrischt,
die Ohnmacht uns kühl aufgetischt;
da mag man vergessen, enteilen.

Und wieder der Ruf nach den Grenzen,
sich ängstlich einander belauern,
gefangen in eigenen Mauern
der menschlichen Insolvenzen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Sichtweise

Noch hält die Nacht die dunkelblauen Schwingen
sanft ausgebreitet, schenkt der Ruhe Raum,
und Sternen-Lieder, Silbermond besingen
der Menschen Wünsche,ihren Friedenstraum.

Doch mit des Tages Licht erwachen Sorgen.
Das Leben fordert häufig den Verzicht.
So mancher schaut bekümmert in das Morgen
und traut sich selbst und auch den andern nicht.

Da kann es helfen, seinen Blick zu schärfen,
die Freude finden, die uns wird geschenkt,
nichts achtlos übersehen, gar verwerfen,
nur weil Natur nicht nach der Mode denkt.

Des kleinen Glückes helles Morgenrot
erblüht selbst dort, wo graue Not uns droht.

© Ingrid Herta Drewing

Mensch und Kunst

Wird, was gewesen, irgendwo noch bleiben,
die Worte, Klänge und der Farben Licht?
Wer wird es lesen, was die Dichter schreiben,
wenn Alltags Enge fordert harte Pflicht?

Wird alles enden, sinken ins Vergessen,
verblassen Schönes, sanftes Morgenrot?
Wird Härte blenden und das Leben messen,
beschließen jenes, was nur nutzt in Not?

Sie werden’s wenden, jene, die da lieben,
andächtig lauschen, wenn Musik erklingt,
auch Freude spenden, sich in Künsten üben
und auszutauschen, wenn die Seele schwingt!

Solange Menschen sind auf dieser Erde,
gehört auch ihre Kunst zum „ stirb und werde!“

© Ingrid Herta Drewing,2015

Helfen

Ach, dieses Wörterverwursten,
Pfeifen im Keller, im Wald,
keinem, der jäh am Verdursten,
gab das je Hoffnung und Halt.

Das Traumgesäusel am Tage,
Honiggeschmiere am Mund,
mindert nicht Leid, noch Klage
tut nur Befindlichkeit kund.

Jenen, die mit Kopf und Händen
helfen hier, sich bringen ein,
gilt es, sich nun zuzuwenden,
brechen gemeinsam den Stein.

Nicht nur das Wort, sondern Taten
mögen wohl bessern die Welt.
Helfen, begleitend das Raten,
vieles zum Guten bestellt.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Festhalten

Wir
– Kriegskinder –
können
nur schwer
uns lösen
von Dingen,
Erinnerungen.

Entbehrungen
lehren,
sparsam zu sein.
Nichts
weg werfen können;
fast stummer Zwang
die Devise:
aus Alt mach Neu!

Die bunten Flicken
im Patchwork-Kleid
meines Lebens,
die dunklen, die hellen,
miteinander verwoben,
ein farbiges Bild.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Sinn und Sage

Und Worte klingen sanft aus alten Sagen,
ein fremder Zauber wird mir offenbar.
Die Lieder singen von vergang’nen Tagen
und einer Welt, die gänzlich anders war.

Doch vieles gleicht sich, denn des Menschen Leben
kennt heute so wie damals Freud und Leid.
In Liebe glücklich wie auf Wolken schweben,
die Treue, das Vertrauen im Geleit.

Auch die Gefahren, die noch immer drohen,
die Krankheiten,der Krieg, die Not, der Tod.
Nichts kann bewahren dauerhaft vor rohen,
gemeinen Seiten, falschem Sieggebot.

Nur hin und wieder eine Friedenszeit
trägt rosenschön der Hoffnung helles Kleid.

© Ingrid Herta Drewing