Archive for August 2010

 
 

Verrücktes

Es hecheln lustvoll Paragraphen,
von Steuersündern aufgeweckt.
Der Wolf, gejagt von wilden Schafen,
sich schnell im Ziegenstall versteckt.

Lernt meckern, lässt ganz sein Geheule;
der Vollmond ist ihm gelber Käs’.
Der Ratte Schläue kränkt die Eule;
sie isst jetzt Maus mit Majonäs’.

Der Eber färbt sich kühn die Borsten,
die Bache hält den Malertopf.
Die Adler fliehen ihre Horste;
sie zieren Euros, platt geklopft.

Und Bäume tanzen, die, entwurzelt,
den Tango in den Lüften drehen.
Wer noch aus dem Tornado purzelt,
der kann hier nun Land unter sehen.

Befindet sich im Binnenmeer,
wo tagelang die Wolkenbrüche,
die Flüsse über Deich und Wehr
gefüttert aus der Wetterküche.

Ingrid Herta Drewing

Sonntagsfrühe

Es träumt der Sonntag in der kleinen Stadt,

die ausruht von der langen Woche Mühe.

Der Regen nieselt leicht, die Sonne hat

dem Nebel überlassen ihre Frühe,

und alles wirkt noch unwirklich und matt.

Kein Vogel singt und putzt sich sein Gefieder,

gezogen sind die Sänger in den Süden;

die Amsel spart sich auf die süßen Lieder.

Ein Hund bellt, an der Leine folgt dem Rüden

sein müder Mensch, mit halbgesenkten Lidern.

Dann klart es auf, die Kirchenglocken rufen

die ersten frommen Pilger auf den Plan.

Sie geh’n hinauf auf der Kapelle Stufen,

begrüßen an dem Tor den Herrn Kaplan

und Säulenheilige, die Künstler schufen.

Die Sonne strahlt, ein guter Tag fängt an.

Ingrid Herta Drewing

Erinnerung

Gesungen hast du, wunderschön gesungen,
ein altes Lied, das tief ins Herz mir drang,
erinnernd weckte, was längst schien bezwungen,
in Bildern tauchte auf, ein süßer Klang.

Und zart bewegt von einem sanften Sehnen
sah ich mich wieder in dem stillen Hain,
wo wir als Kinder ahnungslos und rein,
von Wundern träumend an den Bäumen lehnten.

Es gibt ihn nicht mehr diesen Wald, den schönen,
und viele Jahre sind ins Land gegangen.
Am andern Ort, ein Lied in fremden Tönen,
ein neues Leben hatte angefangen.

Jedoch bewahrt die Seele noch den Blick,
und schenkt uns zärtlich im Erinnern Glück.

Ingrid Herta Drewing

Hoffnung

Ein Regenvorhang rinnt hernieder,
grau ist es und kein Vogel singt.
Vorbei die Zeit der Sommerlieder,
ist’s das, was der August noch bringt?

Ich hoff’, der Sommer macht nur Pause
und kehrt zurück mit neuer Kraft;
die Sonnenblumen vor dem Hause
stehn noch erwartungsvoll im Saft.

Ingrid Herta Drewing

Bitte

Nein, Herbst, ich will den Sommer nicht schon lassen,

wenn er sich gütig warm und licht noch gibt.

Zwar könnt’ ich seine Hitze manchmal hassen,

doch seine grünen Blicke sind mir lieb.

Auch mag ich ihn, wenn seidig seine Lüfte

umschmeicheln uns in einer milden Nacht,

die Sternenträume des Jasmins, die Düfte

und Blütenfeuer, die er sanft entfacht.

Die Reife, die er bringt, die goldnen Ähren,

den blauen Himmel, helles Morgenlied,

obwohl er garstig sein kann und höchst störend,

wenn er gewitternd über Land ’mal zieht.

Wart’ bitte noch ein Weilchen! Im Kalender

ist doch erst in drei Wochen dein Termin.

Dann kannst du kommen, färben am Geländer

die Blätter jener Ranken, die jetzt grün.

Ingrid Herta Drewing

Hummelmusik

Die Hummel spielt heut’ virtuos
der Blütenharfe Lied.
Schwirrt sie vom Blütenstiele los,
bebt dieser, wie man sieht

So bringt sie den Lavendelbusch
nun flugs in zartes Schwingen,
wie sie von Blüt’ zu Blüte huscht;
die Elfen hören ’s klingen.

Und überall darf sie dabei
vom süßen Nektar nippen.
Flugsicher kann sie, schwindelfrei,
hier in den Lüften wippen.

Still schaue ich ihr Spiel hier an,
sie pflegt es täglich wieder,
und habe meine Freude dran,
hör’ Sommers süße Lieder.

Ingrid Herta Drewing

Spätsommergefühl

Warm ist es, und Lavendelblütendüfte

umschmeicheln lieblich mich zur Abendzeit.

Mild strömt der Wind nun von den Felsenklüften,

und sanfte Röte leuchtet himmelweit.

Ich spür’ des Sommers Atem in den Lüften,

der zärtlich sich noch immer hält bereit.

Herzt warm sein Blumenvolk; die stolzen Rosen

lässt er in Gärten flammendrot erglühen,

küsst Äpfel, Pfirsiche und Aprikosen,

schenkt ihnen Reife nach dem zarten Blühen.

Da mag die Jahreszeit der Herbstzeitlosen

sich weit auf Berges Wiesen hoch bemühen.

Wir feiern hier noch froh die hellen Tage,

auch wenn der Regen ’mal dazwischen zischt.

Des Sommers Wärme bleibt doch ohne Frage.

Schnell hat die Sonne Wolken weggewischt.

So zeigt sich uns im Hoffnungsgrün die Welt,

bis ihr des Herbstes Malerkunst gefällt.

Ingrid Herta Drewing

Herbstlich

Der Herbst klopft schon ans Fenster,
jedoch ich mag noch nicht
die nebligen Gespenster,
verhüllend Ort und Licht.

Der Sommer soll noch flirren
im blauen Himmelskleid
und zärtlich uns verwirren
in Lebenslust und Freud.

Ingrid Herta Drewing

Libelle

Libellchen, zartes Wesen,
du hast dich wohl verirrt,
bist hier noch nie gewesen,
nie in die Stadt geschwirrt!

Vielleicht hat dich getrieben
dazu der Sommerwind,
zogst mit ihm nach Belieben
hier flirrend hin, geschwind?

Es mag in nahen Gärten
ein Teich dir Heimat sein.
Vielleicht suchst du Gefährten,
fühlst dich nun hier allein?

Ich seh’ dich zierlich fliegen
Und hoff’, du kommst nach Haus.
Im See sich Wellen wiegen
und breiten Rosen aus.

Ingrid Herta Drewing

Altersglück

So ungezwungen, wie du wohl als Kind

die Stunden und die Tage stets begonnen,

da Pflicht, Termine fremde Worte sind,

weil spielend du dir Träume schön gesponnen,

ja, fast so ähnlich geht es dir jetzt wieder,

hast endlich Zeit, zu tun, was dir gefällt,

bestimmst dein Leben und den Takt der Lieder,

wählst nun bewusst, was dich in Atem hält.

Das ist des Lebensabends Ideal,

dass du beglückt nach arbeitsreichem Walten,

die eignen Fähigkeiten deiner Wahl

nun neu belebst in musischem Gestalten.

Und dankbar darfst du auch dein Land hier sehen,

das dir die Zeit erlaubt, den Weg zu gehen.

Ingrid Herta Drewing