Archive for Mai 2012

 
 

Mittagsstunde

Es kommen aus der Küche Kräuterdüfte,
die würzig, herb den Töpfen hier entsteigen!
Ein fernes Flugzeuggrummeln in den Lüften,
ansonsten lädt die Stille ein, zu schweigen.

Der Mittag feiert seine eigne Stunde;
im Garten schläfrig, sanft Frühsommer träumt.
Es hat der Vögel muntre Sangesrunde
den Platz für ’s Bienensummen, zart, geräumt.

Als übe so der Tag ein Innehalten.
Bevor er sich geschäftig wieder gibt,
lässt auch der Mensch nun Mittagsruhe walten,
genießt beschaulich, was sein Gaumen liebt.

Um dann, gestärkt durch Speisen und Besinnen,
auf ’s Neue mit der Arbeit zu beginnen.

© Ingrid Herta Drewing

Das Schöne

Das Schöne, gleicht ’s dem Leben?
In Macht und Kraft wohl auch,
ist mehr als Nutz’ und Brauch;
doch in den Tod gegeben,
nur flüchtig, zarter Hauch?

Das Schöne überdauert.
Es bleibt in Wort und Bild,
Musik, im Lächeln mild;
ein Klang, der uns erschauert,
dem unser Sehnen gilt.

© Ingrid Herta Drewing

Frühlingsritt

Der Morgen hell und blau,
die Luft so rein und klar
und dennoch lieblich, lau,
des Frühlings Blütenschau,
ein Duften, wunderbar!

Froh sattelst du dein Pferd
und reitest in den Wald.
Wie hell grünt Baum und Erd’!
Der Mai hat ’s uns beschert,
und jung wird, was schien alt.

Du siehst dies Wachsen, Streben;
da geht das Herz dir auf:
Wie herrlich ist das Leben!
Ein Pegasus im Schweben
nimmt seinen Himmelslauf.

© Ingrid Herta Drewing

Pfingstgedanken

Nicht Mauer sein, nicht Wall, der alles trennt,
die Tür sein, die in Freiheit, Weite führt,
die Brücke, die verbindet, was getrennt,
ein Mensch sein, den die Nächstenliebe rührt.

Nicht Feuer sein, im Wahn die Welt zerstörend;
doch Frühlingsregen, der die Erde netzt,
sie hegend, auf des Lebens Stimme hörend,
der Sonne gleich, die sie ins Blühen setzt.

Mit wachen Augen durch das Leben gehen
und Fehler nicht nur bei den Andern sehen,
von Eitelkeit geblendet und gehemmt.

Sich nicht im Starrsinn dumpf ums Ego drehen,
versuchen, andre Menschen zu verstehen,
erscheinen sie zunächst auch noch so fremd.

Ingrid Herta Drewing

Erblühen

Knospe im Haarflaum
birgt ein Geheimnis,
das zur Sonne drängt.

Rote Mohnblüte,
zerknittert das zarte Kleid,
doch leuchtend im Licht.

© Ingrid Herta Drewing

Pfingstfreude

So zart das Blütenkleid, der wilde Mohn,
dies’ leuchtend rote Feuer in den Wiesen!
Ein leichter Wind die Gräser wiegt, sie fließen
in sanften Wogen, lichter Strahlen Lohn.

Frühsommer spielt schon in den Sonnenuhren;
am Mittagshimmel das Gestirn hoch glüht
und kost die Wälder und die grünen Fluren,
die Auen, Gärten, die hier neu erblüht.

Da regt in allem hell sich die Natur,
sogar der Griesgram scheint jetzt gut gestimmt.
Die Freude zieht, mild lächelnd, ihre Spur,
die vielem nun den grauen Schatten nimmt.

So mag man auch die Pfingstbotschaft verstehen
und miteinander menschlich umzugehen.

© Ingrid Herta Drewing

Die eitle Giraffe

Wer glaubt, es gäb’ nur eitle Affen,
sonst sei Bescheidenheit die Zier,
kannte nicht Josy, die Giraffe,
und ihre große Modegier.

Dort, wo im Grase der Savanne
die schönen Schirmakazien blühen,
sah man sie oft, ohne zu spannen,
am frühen Morgen stolz schon ziehen.

Sie kriegte ihren Hals nicht voll,
den langen, trug ihn stets geschmückt,
in voller Größe, Zoll für Zoll,
mit Bändern, Klunkerkram bestückt.

Sie wollte, um sich abzugrenzen
von allen andern in der Herde,
mit ihrem Schmuck besonders glänzen
und glaubte, dass berühmt sie werde.

Nach den Touristen, ohne Scheu,
mochte sie sich den Hals verrenken,
um ihre Mode immer neu
zum allerletzten Schrei zu lenken.

Es warnten sie zwar ihre Schwestern:
„ Pass auf! Dort droht für dich Gefahr!“
Sie meinte nur: „ Ihr seid von gestern,
ich aber werd’ ein Modestar!“

So kam ’s, sie schritt mit langen Beinen
den Catwalk am Hotelpool lang,
verfing sich in der Absperrleine
und torkelte wild in den Gang.

Man jagte schnell mit Schimpf und Schande
aus dem Hotel das eitle Tier.
Das lief ins Auto, dort am Rande,
brach sich die Beine, alle vier.

Ja, manchmal liegt mit eitlem Streben
man auf der Welt total daneben.

© Ingrid Herta Drewing

Tagesende

Am Abendhimmel
tanzen schwebend die Schwalben.
Rot sinkt die Sonne.

Und der erste Stern,
Venus, erglänzt dort im Blau,
kündigt an die Nacht.

© Ingrid Herta Drewing

Wachstumswahn

Wir fahren Autos, feuern in Kaminen.
Die Nacht wird Tag uns, denn wir machen Licht,
beleuchten Städte, nutzen die Maschinen.
Auf Erden soll uns schließlich alles dienen.
Hier buchstabiert doch keiner gern Verzicht.

Es zählt die Beute, Jagd auf allen Feldern
Sie macht vor Menschenleben auch nicht Halt;
Organe raubend, tötend, fließen Gelder.
Die Räuber hausen nicht mehr in den Wäldern.
Sie werden heute in Palästen alt.

Wir bringen diese Erde fast ins Schwitzen.
Die Gletscher schmelzen und das Wasser steigt.
Die Tropenmeere sich erzürnt erhitzen,
Zerstörung, Wirbelstürme rasen, Blitze;
des Menschen Grenzen werden klar gezeigt.

Jedoch, noch immer wild im Wachstumswahne,
zerstört der Mensch Natur und beutet aus;
und auch der Wissenschaftler ernstes Mahnen,
die Mäßigung, verbannt er von den Fahnen,
lebt egoistisch hier in Saus und Braus,
vernichtet so der Kindeskinder Haus.

Ingrid Herta Drewing

Verhextes Wetter

Nun lässt der Mai uns aber heftig schwitzen.
Mit schwülen Tagen gibt er sich recht sommerlich;
war ’s jüngst noch kalt, so plagt uns nun die Hitze.
Man schaut auf den Kalender, und man wundert sich.

Gewitter toben so, als sei August,
und manche Tropennacht verweigert dir den Schlaf.
Man denkt an Klimawandel, und bewusst
wird jetzt ersetzt der Rasenmäher durch das Schaf.

Doch dann bricht aus ein ruhender Vulkan,
und dessen Asche dicht verhüllt der Sonne Schein.
Es kühlt sich merklich ab; ein Kältewahn
zieht ein, obgleich es eigentlich sollt’ Sommer sein.

Da mag das Wetter hier erscheinen wie verhext,
doch du erkennst genau: Das Klima ist komplex.

© Ingrid Herta Drewing