Archive for August 2016

 
 

Semiramis

(Leider noch immer aktuell)

Semiramis,
es liegt dein Traum
in Ninive zerschlagen.
Die Blüten deiner Gärten,
einst Babyloniens Klang verwebend,
sie haben jenen toten Hauch
der Zeit erfahren.

Auf deinem Thron der Pracht
nun wüten Kerkermeister.
Nur euer Volk
– in Glut und Staub –
erträgt das alte Weh.
Ja, weine stolze Königin
um Ninive.

© Ingrid Herta Seibel, Wiesbaden,1961

Schülerballade

(Damals ein kleiner,launiger Rückblick auf die Schulzeit,Anleihen in der Form bei Schiller, Rilke,Hofmannsthal und Heine sind natürlich rein zufällig )

😉

Fest gemauert,grau und klotzig
steht ein Haus am Autostrand,
innen freundlich, außen trotzig,
Schul‘ nach Elly Heuss benannt.

Und Kinder ziehen ein an Hand von Müttern.
Die von nichts wissen,
kommen wohl, um was zu lernen.
Sextaner, Bienensummen hinter Gittern,
an Lehrers Lippen achtzig Augensterne.

Die Schule wird zum spielenden Ereignis.
In Pausen zeigen’s Quinten und Terzinen –
Quartaner-Trusts,ein böser, kleiner Löwe geht mit ihnen,
und halb und jährlich gibt’s ein Zeugnis.

Bald fangen Oberterzen an
ihr teen zu agen und zu tanzen,
und mancher Lehrer schaut besorgt
auf diese „ kleinen Pflanzen“.

Jedoch in der Sekunda dann
gibt es dafür ’nen Namen.
Feierlich von nun und an
Nennt man sie „Sie“ und „Damen“.
Doch bleibt ein lieber Restbestand,
heißt es doch Ruth und Marlies.
Die Kunstversion erfolgt sogar
„ pluralis majestatis“.

Und dann:
Und du weißt nicht, was soll das bedeuten,
die Untersekunda vergeht,
verlassen von „mittleren Reifen“
ein kleiner Rest nur noch steht.

Doch nun lernst recht schnell du begreifen
trotz Teilung, Spaltung, Verzweignis
irgendwie ist Schule Ereignis
und nur Form
halb und jährlich das Zeugnis.

Die eine vertieft sich in Bio,
Französisch, Deutsch, Geografie,
der andern wird’s klar, dass sie
ein verhindertes Künstlergenie.
Und manche mögen Cäsar,
nebenbei auf Grund des Lateins.
Andre haben was gegen Kriege,
zumal in der Nähe des Rheins.
Doch ein jeder gräbt nach den Quellen
mit seinem Schülerwarum.
Die Antwort auf seine Fragen:
Er erkennt:“ Mensch, du bist dumm.“

Plötzlich sitzt du erster Klasse,
Primanerin fertig für’s Abitur.
Du denkst: „ Noch viel Zeit!“
Doch bald ist’s so weit
und du wunderst dich nur;
gehst dann in die Prüfung,
etwas ängstlich und steif.
Doch schnell ist’s herum,
und nun bist du reif.

Und Reife ziehen aus der Schule,
die von nichts wissen,ziehen aus,
wohl um zu lernen…

© Ingrid Herta Seibel, Wiesbaden, den 17.03.1963

Spätsommerabend

Jetzt schwingt am Abend traulich leise,
Spätsommers sanfte Melodie
im Sonnenuntergang, die Weise,
ein Rosenlied voll Harmonie.

Da mag mein Blick sich gern verweben,
im Farbenzauber zart gebannt.
Doch Krähenkrächzen ruft ins Leben,
hat das Profane schnell benannt.

© Ingrid Herta Drewing,

Spätsommers Neige

Der Sommer herzt zum Abschied goldne Garben,
und Trauben lagern letzte Süße ein.
Die Kraniche auf Stoppelfeldern warben
bereits zum Zug in Südens warmen Schein.

Schon flüstert Herbst im Laub der Rosskastanien,
obwohl die Frucht noch ruht im Stachelbett,
und statt des roten Feuers der Geranien
hier Astern zieren manches Fensterbrett.

Noch mag es uns die Sonne heiß verschweigen,
dass Herbst schon vorgefühlt mit Nebelmatt,
bevor er dann im Indian-Summer-Reigen
so farbenfroh bemalt die Flur der Stadt.

Und der September schenkt uns licht und mild
Spätsommer,Frühherbst schön vereint im Bild.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Erinnerung

Gesungen hast du, wunderschön gesungen,
ein altes Lied, das tief ins Herz mir drang,
erinnernd weckte, was längst schien bezwungen,
in Bildern tauchte auf, ein süßer Klang.

Und zart bewegt von einem sanften Sehnen
sah ich mich wieder in dem stillen Hain,
wo wir als Kinder ahnungslos und rein,
von Wundern träumend an den Bäumen lehnten.

Es gibt ihn nicht mehr diesen Wald, den schönen,
und viele Jahre sind ins Land gegangen.
Am andern Ort, ein Lied in fremden Tönen,
ein neues Leben hatte angefangen.

Jedoch bewahrt die Seele noch den Blick,
und schenkt uns zärtlich im Erinnern Glück.

© Ingrid Herta Drewing

Spätsommer

Der Himmel blau, als glänze goldne Seide
so mutet sonnig dieser Tag mich an.
Gleich Diamanten, schimmernd wie Geschmeide,
die Lichter tanzen auf dem See sodann.

Da schreibt die Freude ihre frohen Lieder,
der späte Sommer spannt die Flügel weit.
Zwar zogen Vögel schon nach Süden wieder,
doch freu ich mich auf Indian-Summer-Zeit.

Wenn milde Tage ihre Wärme schenken
und Farbenpracht in Busch und Baum erblüht,
der Frühherbst uns mit Früchten mag bedenken,
und feurig glüht des Phönix Abschiedslied.

Dann ist’s, als wolle die Natur beteuern,
dass sich das Leben wieder wird erneuern.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Sommerbild

Hoch in den Lüften tanzen Cirrusweben,
als habe sie der Wind bizarr gemalt,
dort hingetuscht, vom Sonnenschein bestrahlt,
dass sie in weißen, zarten Schleiern schweben.

Die Federwolken leuchten da im Klaren,
wo sonst die Mauersegler Zeichen setzten,
sie, die auch munter durch die Straßen wetzten,
bevor sie südwärts zogen fort in Scharen.

Des Sommers helle Choreografie
erglänzt noch hier auf blauer Himmelsbühne,
erleb‘ es als Pendant zu Grau und Grüne,
und mich beglückt ein Bild der Harmonie.

Es zeigt sich uns in Vielfalt die Natur,
und gern verfolg‘ ich ihre sanfte Spur.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Tag im August

Federwolken
am Mittag.
Weiße zarte Zeichen,leicht
in den Blauhimmel getuscht,
Sommergedichte.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Ermunterung

Des Lebens helle Stimme
drang in mein Herz und sprach:
„Vergiss jetzt alles Schlimme
und was dir ungemach!

Es gilt etwas zu wagen.
Schau, vor dir liegt die Welt!
Noch sind so viele Fragen
hier nicht einmal gestellt.

Der Erde Schönheit schauen,
bedacht mit wachem Sinn,
und Gott und dir vertrauen,
das sei dein Neubeginn!

Dann weicht das Leid dem Hoffen,
sogar der Freude auch.
Die Pforte steht dir offen,
verspür des Lebens Hauch!

So komm, du siehst es blühen,
der Sommer weilt im Land.
Du musst dich nur bemühen,
er reicht dir still die Hand!“

© Ingrid Herta Drewing

Unbegreiflich

Senryu zu Sylvia Magdalena Röhrls Bild

Pergamentverlies,
nach Hilfe sucht diese Hand
und greift ins Leere.

© Ingrid Herta Drewing,2016