Archive for the Category Fabeln und Parabeln

 
 

Tierisch ver-rückt

Da springt der Hamster aus dem Rad,
der Laubfrosch aus dem Glas.
Das Hausschwein probt im Feld Spagat.
Die Schnecken geben Gas.

Die Katzen tanzen im Ballett
mit Mäusen Schwanensee,
und Krähen spielen ganz adrett
hier Pinguin im Schnee.

Hoch auf dem Drahtseil schwebt die Kuh;
ein Esel bläst Posaune.
Der Elefant und auch sein Gnu
sind heute guter Laune.

Und auf der Rue spazieren Tiger,
gefolgt von Nerzen,Leoparden.
Die Schwäne hier als Überflieger;
Hyänen scherzen aus Mansarden.

Die Enten schnattern, steh’n Spalier
gemeinsam mit den Gänsen.
Die Füchse mimen Kavalier
und laden ein zu Tänzen.

Die Hunde freudig, leinenfrei,
nun ziehen durchs Gelände.
Ein Affe laust sein Konterfei,
und Wölfe schütteln Hände.

Der Maulwurf tanzt mit seiner Grille.
Zwei Schlangen sich umwinden.
Ein Bär lupft die Designerbrille,
hofft Honig hier zu finden.

Die Löwen, wie aus Stein gehauen,
bewegt der Mumpiez nicht.
Sie ruhen majestätisch, schauen
mit stoischem Gesicht.

© Bild und Text: Ingrid Herta Drewing

Kröte Emmas Sonderweg

Im März, da kroch mit ihresgleichen
die Kröte Emma, wollte laichen
im Weiher bei der großen Wiese,
wo ’s sich auch herrlich schwimmen ließe.

Doch war die Tour dorthin beschwerlich
mit all den andern, einmal ehrlich,
es nervte sie dies’ Gruppenhüpfen,
das lahme Kriechen, müde Schlüpfen.

Darum, sie war wohl auch verdrossen,
versuchte sie nun, kurz entschlossen,
den langen Weg mal abzukürzen,
um sich ihr Leben selbst zu würzen.

Sie kroch zur Straße, die schön eben
und warm vom Sonnenschein, welch’ Leben!
Die musste sie kurz überqueren,
um schnell zum Weiher heimzukehren.

Die andern rieten ihr noch ab,
das sei ein Todespfad, ein schlimmer,
ein Weg des Grauens und Gewimmer.
Doch Emma lachte nur mal knapp.

Sie hüpfte auf das warme Pflaster.
Wie eben war’s! Kein Stein, kein Ast, der
dort garstig ihr im Wege stand!
Sie glaubte, hier sei frei das Land.

Auch war sie sich wohl nicht im Klaren,
dass auf der Straße Autos fahren,
die sich nicht scheren um die Kröten
und deren große Wandernöte.

Kaum war zwei Meter sie gekrochen,
war’s Unheil schon hereingebrochen.
Ein Auto kam schnell angerauscht,
der Fahrtwind hat sie angeplauscht,
warf Emma wirbelnd weit zurück.

Sie landete im Moos, zum Glück,
und wusste erst nicht, wie ihr war.
Jedoch dann ward ihr langsam klar,
dass sie grad so dem Tod entronnen,
weil sie was Falsches da begonnen.

Nicht immer ist der leichte Weg
für alle Fälle gut und richtig;
sehr oft erweist sich kurzer Steg
am Ende unverhofft als nichtig.
© Text: Ingrid Herta Drewing,
Foto: Pixabay

Strohhalm und Eiswürfel

Der Strohhalm, den man in ein Glas
mit Limonade hat gesteckt,
stand dort erstarrt und fragt‘, was das
wohl sei, was kühl er da entdeckt.

Es strömte kalt um seine Röhre,
auch wurde Limonade dünn;
ihm war es, als ob sie verlöre
allmählich ihren süßen Sinn.

Und eh‘ er konnt‘ die Frage klären,
traf noch solch eisig‘ Monster ein,
verdrängt kristallen ihn, verwehren
vermocht‘ er ’s nicht, zu schwach allein.

Das machte ihn wohl arg verdrossen,
und er verfluchte fast sein Sein.
Doch als zwei Lippen ihn umschlossen,
fand er, erwärmt, sich wieder fein.

Vergessen waren kalte Possen,
er fühlte sich so gut, gesund,
hat freudig nun sein Glück genossen,
ihn koste sanft ein Erdbeermund.

Und sollte Kälte dich umgeben,
vertrau darauf, es wird doch gut!
Auch dich küsst Liebe noch im Leben
und schenkt dir wieder neuen Mut.

© Text: Ingrid Herta Drewing,
Zeichnung: Ingmar Drewing

Löwenzahn-Sieg

Eine grüne Sternrosette
grüßte mich heut Morgen,
Frühlings Löwenzahnstafette
brach aus Asphaltporen.

Lebensvoll das Grau verdrängend
hat er es geschafft,
sich durch enge Ritzen zwängend,
strotzend grün vor Kraft.

Was ich sah, ist mir ein Sinnbild;
es zeigt: Das Harte fällt.
Weiches auch erzielt Gewinn, mild
wohltuend in der Welt.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Krähe Klara

Des Mittags saß mit guter Sicht
die Krähe Klara auf der Laube,
sich wärmend in der Sonne Licht,
als dort im stillen Rosengarten
ein Ungetüm begann zu starten,
bereit zu Lärm und wüstem Raube.

Zunächst beachtete sie’s nicht
und fühlte sich bestärkt im Hoffen,
hier oben drohe kein Verzicht,
denn dieses Monstrum auf der Wiese
war klein gedrungen und kein Riese.
So sah sie sich auch nicht betroffen.

Doch sehr schnell schwand die Zuversicht,
denn brummend kam das Ding da näher,
und Klara sah sich in der Pflicht,
jetzt hier sehr wachsam aufzupassen,
den Feind nicht an ihr Nest zu lassen.
Sie lauerte nun wie ein Späher.

Als es sich durch die Wiese fraß
und Blumen, Blüten, Gräser fielen,
flugs Klara alle Scheu vergaß,
stieß wie ein Habicht da hernieder,
kaum achtend auf ihr glatt Gefieder,
um mit dem Schnabel hart zu zielen.

Wild hackte sie auf ihm herum,
saß kämpfend dort auf seinem Rücken.
Jedoch dies Ding nur surrte dumm,
war weiterhin auf Todes-Reise,
die Gräser stürzten massenweise.
Ihr Angriff schien so nicht zu glücken.

Doch Klara gab so schnell nicht auf,
packt’ mit dem Schnabel kleine Kiesel,
die warf sie in des Monsters Lauf.
Schon bald begann das Ding zu mucken,
stand schließlich still nach letztem Zucken,
denn schnell war Klara, wie ein Wiesel.

Wer immer sich auch will erfrechen,
bedenke wohl: Des Schwachen Mut
kann doch verhindern Mähen, Dreschen,
denn er kämpft für sein höchstes Gut!

© Foto u. Text :Ingrid Herta Drewing,

Vogelperspektiven

Gerade ist mein Taschenbuch VOGELPERSPEKTIVEN erschienen.
ISBN: 9783754949085 / 6.99€
VOGELPERSPEKTIVEN
präsentiert mit Zeichnungen und Texten auf fabelhafte und zum Teil satirisch-ironische Weise menschliches Verhalten.
In dieser Kombination erinnert es ein wenig an Wilhelm Busch.
Sowohl Ingmar Drewings Zeichnungen als auch meine gereimten Texte laden zum Schmunzeln ein.

Geometrischer Dialog

In einem Malbuch sich befanden
vier Flächen, die sich nahe standen,
ein Dreieck, Rechteck, auch ein Kreis
und ein Quadrat, die Flächen weiß.
Sie warteten dort sehr gespannt,
wer sich zuerst bemalt wohl fand.

Das Rechteck sprach zum Dreieck dreist:
„Ich sag’ es dir, damit du ’s weißt.
Du armer Wicht hast nur drei Ecken
und solltest dich vor Scham verstecken.
Es fehlt ein Eck dir, drum sei leise,
entferne dich aus unsrem Kreise.
Denn wir vom Viereck, ganz apart,
sind sehr erlesen so als Art.
Kein Quader möchte uns vermissen.
Beim Hausbau sucht man, sehr beflissen,
nur uns in rechten Formen aus.
Pakete, Kisten, Schränke, Truhen,
ja selbst in Betten geb ’s kein Ruhen,
wär’n wir als Rechteck nicht im Haus.
Gewiss malt man zuerst mich aus!“

Das Dreieck fühlt die Ehr’ verletzt
und antwortet nun sehr vergrätzt:
„Was soll hier dies’ Diskriminieren,
voll Hochmut mich zu schikanieren?
Frag’ das Quadrat, es sagt es dir,
trägt gerne uns als Form; gleich vier
von uns birgt es in sich,
diagonal braucht ’s nur zwei Strich.
Und weil du mit den Bauten prahlst,
mir deine große Welt ausmalst,
so lass mich damit nun zufrieden;
denk’ an die Form der Pyramiden!
Hier strahlt Jahrtausend alter Glanz,
im Dreieck sind die Seiten ganz.
Selbst Hüte trug man mit drei Ecken!
Ich muss mich wirklich nicht verstecken;
Und hab’ ich auch nur Ecken drei,
bin ich gewiss zuerst dabei!“

Verwundert hörten ’s Kreis, Quadrat,
wie sie in nicht sehr feiner Art
noch lange miteinander stritten.

Da plötzlich kam ein Stift geglitten,
der strich die Mecker-Ecken aus.
Als Smiley hob den Kreis er raus,
zum Würfel malt er das Quadrat,
mit schönen Punkten, rund und zart.

Oft greift das Schicksal so ins Leben
und macht, was hoch will, schlicht und eben.

© Text: Ingrid Herta Drewing
© Skizze: Ingmar Drewing

Zynischer Hahn

Diogenes, ein stolzer Hahn,
blickt höhnisch nur auf diese Welt,
gleichgültig ihm hier nichts gefällt.
Er sieht für sich auch keinen Plan,
zynisch verachtend ’s Wirkungsfeld.

© Text : Ingrid Herta Drewing

© Zeichnung: Ingmar Drewing

Zwei Sonnenblumen, 2. Variante

Es stimmt: „Gut Ding will Weile haben.“
Hier wird ’s im Garten uns gezeigt.
Es grüßt mit ihren Blüten-Gaben,
verspätet zwar, doch reich verzweigt,
die große Blume nun in Güte,
die kleine, voreilig, verblühte.

Jetzt, da schon Nebelschleier hüllen
des Morgens Wald und Garten ein,
darf mittags strahlend sie erfüllen
ihr Los, ein Heliotrop zu sein,
und ruft die Bienen so zurück.
Mir schenkt bereits ihr Anblick Glück.

© Text: Ingrid Herta Drewing,

©  Foto: Laura Funk, meine jüngste Enkeltochter

Zwei Sonnenblumen, Variante

Zu früh erblüht, nun welk den Kopf geneigt,
der unlängst hell zur Sonne konnte sehen,
dieweil die große Blume dort verzweigt
mit vielen Knospen darf im Lichte stehen.

Sie ließ sich Zeit, um hoch hinaus zu streben,
entfaltet nun, da sie ihr Ziel erreicht,
sich strahlend hier in ihrem Blüten-Leben
zur großen Muhme hin, der sie fast gleicht.

Und Nektar spendet sie den vielen Immen.
Jetzt, da verspätet Sommer kam zurück,
verheißt sie uns mit ihren Blüten-Stimmen
auch noch der lichten Tage Wärme-Glück.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing