Archive for the Category Tod

 
 

Beim Lesen des Nachrufs auf einen Freund

Betroffen las ich jene Zeilen
im Internet, ein Nachruf, den ich fand;
Du gingst, wirst nimmermehr hier weilen,
nur im Erinnern darf ich teilen,
was uns gemeinsam einst so schön verband.

Gedenke unsrer Jugend Tage,
die unbeschwerten, lieb-und lichterfüllt,
Vertrautes, das ich innig trage.
Nun senkte schroff dein Tod die Waage,
doch tief in mir lebt noch dein liebes Bild.

Zugleich beschleicht mich nun dies Ahnen,
dass mir der Tod bald flüstert: „Sei bereit!“
Beschränkt sind meines Lebens Bahnen,
auch obsolet langfristig‘ Planen,
mein Gastspiel geht zu Ende mit der Zeit.

Und dennoch bleibt die Pforte offen,
dies Sehnen, dass es mir doch sei vergönnt
und nichts zu früh mich von den Lieben trennt,
den Kindern, Enkeln, dies mein Hoffen.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Zerstörung

Blick ins Puppenhaus,
Tisch und Stühle stehen noch
bereit für das Mahl;
doch das Geschirr zerbrochen,
und niemand wird dort speisen.

Befremdliches Bild,
jene klaffenden Wunden,
Raketen-Risse,
rußgeschwärzte Fassaden,
Aggressors bombiger Gruß.

Ferngelenkter Tod,
die Lebenden, unbehaust,
sehen verzweifelt
Haushälften wie abrasiert,
Rosen, von Trümmern erstickt.

© Text: Ingrid Herta Drewing

Foto: Pixabay,

Todesjahr 2022

Zu viele sind in diesem Jahr gegangen,
so viele Menschen, die nun nicht mehr da.
Der Tod, so gern verdrängt, nährt mein Verlangen
zu bleiben bei den Wesen, die mir nah.

Wohl wissend, dass ich’s nicht entscheiden werde,
trägt mich ein Hoffen, wärmt mir Seele, Sinn,
dass ich auf dieser wunderschönen Erde
noch etwas weilen darf, als Gast hier bin.

Noch bei den Meinen sein, die mir geblieben,
die Enkelkinder wachsen, reifen seh’n;
das Leben leben hier mit all den Lieben,
bevor mich ruft die Stimme, auch zu geh’n!

© Foto und Text: Ingrid Herta Drewing

Abschied

Nun lehrt mich stetig Zeit dies‘ Abschied Nehmen;
so viele, die mir lieb, sie gingen fort,
verließen ihren irdisch hellen Hort
und füllen des Erinnerns schöne Schemen.

Der Preis des hohen Alters hier im Leben
ist nicht allein des Körpers wachsend‘ Weh,
das dich bereitet vor auf dies „ Nun geh‘!“
Verlust der Lieben lässt dein Herz erbeben.

Erfährst es bitter, nichts darf sich hier halten
im großen Kreislauf wachsender Natur,
so auch des Menschen kleine Daseinsspur.

Wir zogen, ziehen sie nicht auf die Uhr,
sind kurz auf Erden doch als Gäste nur
und dürfen dennoch auch als Wesen walten.

© Text: Ingrid Herta Drewing,

Foto: Ingmar Drewing

Volkstrauertag

Der Himmel milchiggrau, der Sonntagmorgen
ruht tief im Nebel, und so sonnenfern
erscheint die Landschaft, Farben sind verborgen;
nur ahnen kann man noch den hellen Stern.

Hoch auf dem Dach die schwarzen Krähen schweigen.
Sie sitzen reglos dort, ein passend Bild
den Trauertagen des Novembers eigen,
der das Vergängliche uns klar enthüllt.

Wir, die der vielen Toten heut gedenken,
denen die Kriege raubten kalt das Leben,
wir wollen unser Handeln richtig lenken,
dem Hass entsagen und nach Frieden streben.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Wiesbaden, Südfriedhof

Verlust

Ich hörte noch die wohlvertraute Stimme,
die mir in diesem Hause immer nah,
und sah die Glut, das letzte Scheit, verglimmen.
Der Schatten wuchs, und Tod war plötzlich da.

Er sprach von Abschied, Trost nach langem Leiden,
und dennoch war mir kalt; ein dumpfer Traum,
der alles, was lebendig ist, will meiden,
ergriff mein müdes Herz, der Liebe Saum.

Es ist zu schwer, den Menschen loszulassen,
ihn nicht mehr halten fest im Arm, geborgen,
man kann kaum, wenn man liebt, erfassen,
dass ohne ihn beginnt ein neuer Morgen.

Und lebt man fürderhin auch hier allein,
bleibt lieb sein Bild doch in der Seele Schrein.

© Ingrid Herta Drewing,

Todesjahr 2022

Zu viele sind in diesem Jahr gegangen,
Verwandte, Freunde, die dem Herzen nah.
Es hat der große Abschied angefangen,
ich stehe in der ersten Reih‘, befangen,
und wähn‘, wie bald auch meine Zeit ist da.

Wie gern möcht‘ ich mein Leben weiter halten,
die Jahreszeiten sehen, die Natur,
und Flora, Fauna folgen, hoff‘, ein Walten
der Gnade Gottes lässt mich hier noch schalten,
mit Bild, Wort, Klang dem Dichten auf der Spur.

Jedoch, wenn meine Stunde dann gekommen,
der Tag mir sagt zum letzten Mal „Adieu!“,
der Gipfel meines Lebens ist erklommen,
erhoff‘ ich mir der Lieben Gruß, „Willkommen“,
im Geist vereint, dort in der ew’gen See.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Totentanz

Der Ransi Karl, frisch aus der Gruft gestiegen,
hält sich zum Geister-Tanz bereit,
will sich im Reigen mit den andern wiegen,
denn zwölf Uhr nachts ist ihre Zeit.

Sie legen ab die alten Totenhemden
und scheu’n kein klapperndes Gebein,
was viele Lebende würd‘ wohl befremden,
Gerippe, bleich, in hellen Mondes Schein.

So reihen sie sich flugs zu flotten Rhythmen,
und Karl, der schlägt versiert den Takt.
Es finden Witwer wieder ihre Witwen,
sie schwofen über Gräber, dass es knackt.

Zwei Jungen, denen Streiche gut gefallen,
wie Max und Moritz bei W. Busch,
steh’n hinter einem Engel, der metallen,
und seh’n wie Karl schlägt laut den Tusch.

Ihr Anfangs-Gruseln weicht, sie flüstern, staunen;
Jan zückt sein Handy für ein Bild.
„ Sonst glaubt ’s uns keiner!“, hört ihn Dennis raunen,
„gut für You Tube, wenn man schön chillt!“

„Es wär‘ auch cool, noch so’n Hemd mitzunehmen?
Ich robbe rüber, hol ’s vom Grab.“,
meint Dennis keck und weiß nichts von Problemen,
die solch ein Diebstahl für ihn hat.

Karl, der von Tanz und Spiel ganz eingenommen,
merkt nichts von dieser schlimmen Tat.
Jedoch zum End, als sie zur Kleidung kommen,
da fehlen ihm Gewand und Rat.

Doch dort beim Engel hört er plötzlich Lachen,
und er entdeckt des Frevels Art.
Ein heil’ger Zorn erfasst ihn, solche Sachen
sind für ihn abgründig und fad.

Er stürzt sich auf die beiden Übeltäter;
die nehmen hurtig schnell Reißaus,
verlieren Handy, Hemd und merken’s später,
als sie dann sicher sind zu Haus.

Karl hat recht bald in Kleidung, Ruh gefunden,
nimmt’s Handy mit in seine Gruft,
ruft Jan und Dennis an zu vielen Stunden
und droht, er hole noch den Schuft.

Die beiden unverfrornen Geister-Jäger
sind seitdem doch recht kleinlaut, still,
die Eltern wundern sich, dass sie nun träger
und keiner mehr zum Friedhof will.

© Text: Ingrid Herta Drewing,

    Foto: Pixabay

Tod

Jäh bricht der Tod ein in des Menschen Leben,
das eben noch verheißungsvoll erblüht’,
und Dunkel legt sich lähmend auf das Streben,
die Frage nach dem Sinn wird neu bemüht.

Der Schmerz der Überlebenden, die Klage
um den geliebten Menschen, der gestorben,
sie zeigt uns nun zu deutlich, dass wir vage
dies Dasein nur verstehen, kaum erworben.

Wenn kalt die Hand des Todes nach uns fasst,
wird uns bewusst, wie wertvoll dieses Leben,
einmalig uns als ein Geschenk gegeben,
und nicht, wie oft empfunden, eine Last.

Drum meidet doch den Streit um Nichtigkeiten,
beginnt einander liebend zu begleiten!

© Foto u. Text /Ingrid Herta Drewing
Wiesbaden, Südfriedhof, Kriegsgräber

Kleiner Fuchs

Ein Kleiner Fuchs, kurz dem Kokon entwunden,
der schwirrte leicht dahin im Sonnenlicht.
Er hatte seine Schön-Gestalt gefunden,
dies Farbenspiel, ein leuchtendes Gedicht!
Flott flog er nun davon voll Zuversicht.

Der Blüten Vielfalt schien ihn zu verwirren;
wollt‘ kaum bei einer Blume da verweilen.
Und flatterhaft begann er sich zu irren,
dass keine könnt‘ den Nektar mit ihm teilen,
begab sich auf die Suche im Enteilen.

Er setzte schließlich, Flug erschöpft, sich nieder,
ganz in der Nähe bei dem Vogelnest.
Nun singt man diesem „Füchslein“ Trauerlieder,
denn Mutter Amsel nahm für’s Mahl ihn fest,
verfütterte den Jungen seinen Rest.

So grausam, bitter kann Natur da sein;
noch kaum gelebt, schon Schmetterling in Not!
Ist auf dem Bild der „Kleine Fuchs“ auch fein,
konnt‘ er nicht ahnen, was ihm danach droht‘,
Es wehrte Unschuld, Schönheit nicht dem Tod.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing