Archive for August 2012

 
 

Stängelenzian im Supermarkt

Der blaue Stängelenzian
hat Sehnsucht nach den Bergen.
Aus seinem Topf sieht er mich an,
als könnt’ er ’s nicht verbergen,

dass ihm die Art zuwider läuft,
wie er ward hier verpflanzt,
wo man im Wasser ihn ersäuft,
das da im Topfe tanzt.

Er fühlt sich sehr exotisch hier,
will heim in seine Höhe,
ins Alpenland, der Berge Zier.
Dort mag er blau bestehen.

© Ingrid Herta Drewing

Schmetterlingspaar

Kohlweißlinge, wie Kirschenblüten zart,
sie tanzen hier zu zweit im Sonnenlicht.
Anmutig, lieblich, wie es ihre Art,
umschwirren sie als Paar einander dicht.

Gemeinsam, selbst verloren, leichthin schwebend,
als gebe es sonst gar nichts, was sie hält,
im Pas de Deux, ein Schwingen, licht belebend
die kleine Bühne dieser Gartenwelt.

So fern der Furcht vor jeglichen Gefahren
lässt Liebe hier auf Erden Wesen sein,
wenn sie einander zugetan als Paare.
Im siebten Himmel singen sie allein.

Vergessen dabei Zeit und Todes Spur,
erlegen diesem Zauber der Natur.

© Ingrid Herta Drewing

Modern dichten

Gemeißelt die Worte, kryptisch, hermetisch,
so solltest du dichten, das nennt man modern;
nicht klangvoll reimend, in Versen poetisch,
Metaphern wählend mit lösbarem Kern !

Wer diesem Rat folgt, beginnt schnell zu drechseln,
geht steif auf Stelzen sprachlich spazieren,
mag fälschlich vielleicht das mit Dichten verwechseln
und sich im Chiffrendickicht verlieren.

Die Poesie, sie wählt ihre Worte,
die Bilder, die Klänge, ihr eigenes Licht.
Nur was authentisch, nicht hölzern verwortet,
trägt sie nach Hause mit hellem Gesicht.

© Ingrid Herta Drewing

Weinzeit

Eine Flasche, fest verschlossen,
Wein sehr lang im Keller lag,
denn er sollte erst genossen
werden an besond’rem Tag.

So vergingen zwanzig Jahre;
endlich holt’ man ihn herauf
und entkorkte, hofft’, dass klare
Blume steig’ im Glase auf.

Doch der Wein, vom Warten sauer,
zeigte sich als Essig nun.
Ja, nicht alles, was lang’ dauert,
hat mit Güte auch zu tun.

© Ingrid Herta Drewing

Romantischer Abend am Fluss

Es strömt der Fluss dahin,
als sei er Licht verbandelt,
errötend hier im Abendsonnenschein.
Geschäftig, nüchtern sonst,
nun zauberzart verwandelt,
lädt er die Liebenden im Boote ein.

Erfüllt den Inseltraum;
die goldnen Wellen tragen
in sanftem Wiegen sie zur stillen Bucht.
Das Boot im Gräserflaum,
ein wohliges Behagen
in dieser Landschaft segnet ihre Flucht.

Vom Lärm der Stadt entfernt;
nur noch ein Plätschern, leise,
der Wassernixen sanftes Abendlied,
bis dunkelblau, besternt,
mit Silbermondes Weise
die Sommernacht den Zaubervorhang zieht.

© Ingrid Herta Drewing

Blauregen

Es windet sich Blauregen
empor an Daches Trauf’;
das Rohr kommt ihm gelegen
auf seines Weges Lauf.

Ich staune, wie die Pflanze
in ihrem sanften Streben,
in luftig’ grünem Tanze
befolgt dies’ Ziel im Leben.

Sie wächst und lehnt sich an,
in Fühlung ihre Triebe,
in Licht -und Regenliebe,
so treibt sie aus, voran.

Sie klettert hoch die Wände,
bis sie ganz oben ist,
dieweil sie im Gelände,
die blauen Blüten hisst.

© Ingrid Herta Drewing

Viola

Der Sommertraum ruht
im Herzen der Blume
und bewahrt die Glut.

© Ingrid Herta Drewing

Der Grille Erfahrung

Die Grille zog ’s mit ihrer Geige
hinaus, fern in die weite Welt.
Sie wollt ihr Können nicht verschweigen
und hoffte, dass man ihr erzeige
auch Gunst, weil Kunst doch wohl gefällt.

Jedoch, was sie als schön empfand,
das Zirpen, ihre Melodie,
Musik voll Klang und Harmonie,
das schätzte man nicht dort im Land,
beschimpfte, ignorierte sie.

Da stieg sie nackt auf eine Bühne,
und tanzte, sehr Intimes zeigend,
wild ihre Melodien geigend.
Das Publikum mit froher Miene,
es applaudierte, sich verneigend.

Und die Moral von der Geschicht’:

Der Mensch, der aus auf Sensationen,
will nicht im Musentempel wohnen,
ist meistens nicht auf Kunst erpicht.
Man muss nur ein Tabu entthronen,
dann gibt ’s Erfolg im Rampenlicht.

© Ingrid Herta Drewing

Spielendes Kind in der Sandgrube

Die Sonnenstrahlen flüstern in den Bäumen
und malen Blättermuster in den Sand,
in dem das Kind spielt, still vertieft in Träume.
Kein dunkler Schatten trübt sein Kinderland.

Da gibt es Ritter, Prinzen, Feen und Tiere;
sogar den kleinen Drachen mag man gern.
Als Tollpatsch darf er harmlos hier agieren,
beschirmt von einem guten Zauberstern.

Die kleine Burg im Sand lebt bunt und heiter.
Die Ritter kämpfen, haben nie Blessuren,
und fällt ein Wachhund an die kühnen Reiter,
verwischt das Kind schnell mit dem Sieb die Spuren.

Gilt es gar, die Prinzessin dort zu retten,
sie zu befreien von dem bösen Fluch,
hilft die Magie, hier eine Handvoll Kletten,
gut aufbewahrt in einem weißen Tuch.

Eintauchen, einmal noch, in jene Welt,
die jenseits des Realen hält bereit
die Märchenwunder, Leben ohne Geld,
weit weg von allen Krisen unsrer Zeit!

© Ingrid Herta Drewing

Spätsommertage

Der leichte Wind, der durch die Felder streift,
lässt dieses goldne Meer im Lichte wogen.
Mein Blick vom Turme in die Weite schweift,
sah Silbervögel, die nach Süden zogen.

Mich zieht ’s nicht fort in südliche Gefilde.
Dem späten Sommerglück hier gilt mein Sinn.
Ich freue mich auf des Septembers Milde
und auf des Herbstes Farbenspiel-Beginn.

Die Ernte ist sodann schon eingefahren,
Kartoffelfeuer auf dem Stoppelfeld,
wo Drachenpuppen dort, den Wind in Haaren,
hoch oben tanzen in der luft’gen Welt.

Hier in der Jahreszeiten Wechselspiel
schenken Natur und Heimat Wohlgefühl.

© Ingrid Herta Drewing