Archive for the Category Mythologisches

 
 

Die Nixe im Mondlicht

Des Mondes Licht lag schimmernd auf dem See
und lud die Nixen ein zum Wellentanze.
Ihr zärtlich’ Flüstern drang sanft in die Höh’;
Sie wiegten lieblich sich im Silberglanze.

Ein Jüngling, der verträumt am Ufer saß,
sah dies verwundert, glaubt’, er sei von Sinnen.
Der Wassernixen Königin im Gras
reicht’ ihm die Hand, den Reigen zu beginnen.

Er folgte ihr, dem Zauber hingegeben,
und tanzte in der Vollmondfrühlingsnacht.
Ihm war, als würde er auf Wolken schweben,
bis er im hellen Sonnenlicht erwacht’.

Ein Traum! Er lächelte; jedoch bei Mondenlicht
sucht er zuweilen noch der Nixe lieb’ Gesicht.

© Foto und Text: Ingrid Herta Drewing

Die Flussnixe und der Träumer

Es wiegen sich die Wipfel
im leichten Juniwind;
und auf der Berge Gipfel
schmilzt letzter Schnee geschwind.

Des Flusses Wasser fließen
so gletschergrün dahin,
begrüßen in den Wiesen
der Blumen Blütensinn.

Ein Junge sitzt dort schweigend
am Ufer sinnend, still,
zum Wasser sich hin neigend,
er Fische sehen will.

Da ruft ihn eine Schöne
aus seinem zarten Traum.
Er hört der Nixe Töne,
mag glauben es noch kaum.

Bevor er sich gefangen,
im Wasser sie verschwand.
Doch er streckt voll Verlangen
noch immer aus die Hand.

Hört deutlich ihre Worte:
„Verlasst schnell diesen Ort,
denn meine Fluten strömen
weit über Flusses Bord!“

Da rennt er zu den Seinen
Und warnt sie vor der Flut:
„ Hochwasser, so will’s scheinen,
kommt, rettet Leben, Gut!“

Sie bergen ihre Habe,
verlassen Hof und Haus.
Des Jungen Sehergabe
verhindert schlimmsten Graus.

Denn schon die Wasser steigen,
der Fluss strömt übers Land
Was alles Menschen eigen,
zerstört er nun als Tand.

Jedoch am Leben bleiben
die Menschen; nur das zählt!
Der Träumer hat bei Leibe
den rechten Weg gewählt.

© Ingrid Herta Drewing, 2019

Medusa und Perseus

Dies Wesen mit den Schlangenhaaren
und jenem grünen Zauberblick
konnt‘ seine Schönheit nicht bewahren;
Athene, strafend, nahm ihr Glück.

Weil mit Poseidon jene Schöne
Athenes Tempel hab‘ entweiht,
dem Liebesspiel dort sträflich fröne,
was ihr Athene nicht verzeiht.

So musste der zu Stein erstarren,
der dann ins Anlitz ihr geschaut;
er fand nur hässliches Verharren,
nicht Liebe der Gorgonenbraut.

Um Mutter Danäe zu bewahren
vor Polydektes Macht, Begier,
wollt‘ Perseus zu Medusa fahren,
Kykladen-Pakt befolgen hier.
„ Bringst du mir der Medusa Haupt,
werd ich dem Liebeswunsch entsagen!“
Er hat des Königs Wort geglaubt
und tat das Abenteuer wagen.

Athene, die ihm wohl gesonnen,
gab ihm den Spiegelschild sodann,
damit endgültig sie gewonnen,
Medusa ganz vergessen kann.

Der Nymphen Dank, ihr gütig Schenken,
gewährt auch Sicherheit ihm nun,
kann heimlich seine Schritte lenken
mit Tarnkappe und Flügelschuh’n.

Medusa und die Schwestern schlafen,
als Perseus sich zu morden traut.
Damit ihr Anblick ihn nicht strafe,
er auf den Spiegelschild nur schaut.

Eh noch Medusa kann erwachen,
nimmt Perseus mit dem Schwert ihr Haupt.
Damit es nicht mag Macht entfachen,
packt in den Sack er, was geraubt.

Da, aus Medusas Leib gediegen,
zum Vorschein kommt Poseidons Sohn,
der Pegasos! Das Pferd kann fliegen,
und Perseus zieht mit ihm davon.

Mit ihm fliegt weit er übers Meer,
bis er dort an Äthiopiens Strand
sieht eine Jungfrau, schön und hehr,
Andromeda wird sie genannt.

Die Mutter Kassiopeia hatte
geprahlt mit ihrer Tochter Zier,
gestellt Nereiden in den Schatten,
sie glichen nicht in Schönheit ihr.

Als Opfer hat man sie erkoren,
denn mit Poseidons Strafgericht
sind viele Orte schon verloren,
durch Ungeheuer Ketos‘ Pflicht.

Doch Perseus kann sie noch befreien,
besiegt Ketos mit Gorgos Haupt.
Das Königreich sie ihm verleihen,
Andromeda zur Eh‘ erlaubt.

Nachdem er mit Medusa-Macht
noch viele Siege hat errungen,
ist er auf Heimkehr dann bedacht,
glaubt Polydektes sei bezwungen.

Doch dieser zeiht ihn nur der Lügen,
verneint, dass er entsprach dem Pakt.
Jedoch dies sträfliche Betrügen
hält Perseus für sehr abgeschmackt.

Und der, der ihm dies nicht geglaubt,
kann dann die Wahrheit bitter sehen:
Er wird zu Stein, Medusas Haupt
lässt ihn als Inselfelsen stehen.

© Text: Ingrid Herta Drewing
© Foto: Pixabay, Amulett

Loki in Midgard

Als treibe Loki hier in Yggdrasil
noch immerzu sein listig‘ Täuschungs-Spiel
wie einstmals, als er Hödur, einen Blinden,
heimtückisch tat in einen Mord einbinden,
ihm einen Mistelpfeil als Waffe übergab,
wodurch der Bruder, Lichtgott Balder, starb.
Jetzt, scheint es, Midgard wird zu Lokis Ziel.

Da lenkt er Menschen, die, wie er verschlagen,
sich an das irdisch Schöne, Gute wagen,
den Lebenraum, Tier, Pflanze wüst zerstören,
als würd‘ ihnen die ganze Welt gehören.
Sie scheuen Klima-Tod nicht, Welten-Brand,
vertreiben Mensch und Tier von ihrem Land.
Die Wälder brennen, Ruß verhindert’s Tagen.

Auch Lokis Tochter, Totengöttin Hel,
und Fenriswolf, sein Sohn, sind hier recht schnell.
Sie warten wohl mit ihm auf Midgards Ende.
Doch Nornen dort am Urd-Quell sind behände
dabei, das Werden weiterhin zu wahren,
auf dass auch noch in vielen tausend Jahren
in Yggdrasil das Leben sei zur Stell.

© Ingrid Herta Drewing,30.08.19