Pinochio, hölzern Bengele,
an Ostern lebend war erwacht;
ein lieblich Stimmchen klang so sacht,
als riefe ihn ein Engele
im hellen Mondenschein der Nacht.
Und als er sich zurecht gefunden,
zog ’s ihn hinaus nun ohne Ruh
mit Rucksack, Stock und Wanderschuh;
so wollte er die Welt erkunden.
Die Eule sah ihn, rief „Schuhu!
Du solltest dich hier schnell verzieh’n,
dort an dem Bach liegt ein Kanu,
das nimm und paddel, denn mein Coup
muss mausgrau mir zum Mahl erblüh’n,
ich jage jetzt in einem Nu!“
Das Kerlchen sagte nichts dazu,
doch fühlte er sich arg bedroht
und lief davon in seiner Not,
fand unschön dieses Rendez-Vous,
doch dann am Fluss ein Drachenboot.
Der Drachenkopf ließ ihn erschrecken,
im Boot lag schlafend noch die Crew,
laut schnarchte dort ein Känguru.
„ Ich werd’ mich besser mal verstecken,
trau mir bei Sonnenschein mehr zu!“
„Auf, auf, ihr Leut, die Leinen los!
Wir wollen doch nach Kathmandu,
in China dann zum Sport Kung-Fu!“
„Was will der kleine Gernegroß
denn hier bei uns an Bord partout?“
„Sag, kannst du steuern, navigieren,
dann sei willkommen hier im Boot!
Hilfst du auch, wenn ein Sturm uns droht,
damit das Schiff wir nicht verlieren?
Ansonsten troll dich, saperlot!“
Pinochio konnt’ kein Nein riskieren,
zustimmend senkte er den Kopf,
wollt’ Seemann sein, der kleine Tropf
und flugs es wagen, so probieren,
das Glück zu fassen fest am Schopf.
„ Komm her, min Jung, setz dich ans Steuer,
wir andern greifen in die Riemen,
den Drako übern Fluss zu beamen!“
Zwar war ’s dem Bengel nicht geheuer,
doch tat er, was ihm sollt’ geziemen.
Sodann die Mannschaft skullt’ mit Macht,
ihr Boot glitt schnittig übern Fluss.
Das Ruder lenkte mit Genuss
Pinochio vorsichtig und sacht,
um zu vermeiden den Verdruss.
Das ging auch ohne viel Tamtam.
Doch plötzlich schien der Fluss zu schwinden,
kaum war die Durchfahrt noch zu finden;
ein Bollwerk, hoch, der Biber Damm,
ließ Wasser in den Teich dort münden.
Ein Sündenbock ward schnell gefunden,
Pinochio band man fest, die Fessel
sollt brennen ihn zur Straf, die Nessel
hatte man hart um ihn gebunden
und wählt die Pflanzen ihm als Sessel.
Nachdem sie alle fortgefahren,
blieb weinend er allein zurück,
beklagte Lebens falschen Trick
und dass er nun nach all den Jahren
als Holzbub fand dies bös’ Geschick.
Doch wie das Leben manchmal spielt,
ist unverhofft zur Stelle Glück.
Ein Mädchen kam, sah seinen Blick,
begriff, dass er sich traurig fühlt’;
befreit‘ ihn schnell vom Nessel-Strick.
„Brennesseln sucht ich für ein Süppchen,
und auch für ’s Essen als Gemüse,
da find ich hier nun dieses süße,
herzallerliebste kleine Püppchen
inmitten dieser Kräuterwiese!“
Sie nahm Pinochio in den Arm
und wischte ihm die Tränen ab:
„ Weißt du, dass ich ganz lieb dich hab’?
Bei mir zu Haus’ ist’s mollig warm,
da brauchst du weder Hut noch Kapp!“
„ Ach wohnen dort im Puppenhaus,
wie es dir für mich richtig scheint,
ist nicht das, was ich wohl gemeint,
als ich zog in die Welt hinaus.
Doch eine Zeit mit dir vereint,
dass halte ich gewiss gut aus!
Was Pino später unternommen,
das weiß wohl nur der volle Mond,
wenn magisch er am Himmel thront.
Ob er bei ihr blieb, ob entkommen,
ob er vielleicht ward noch geklont?
© Text: Ingrid Herta Drewing,
Foto: kostenloses Bild vom Drachenbootfestival