Archive for Mai 2021

 
 

Mein Wiesbaden

Wo der Fluss sich neigt,
um dann im Rheingau hinzuströmen,
dort liegst du, meine Stadt,
am Taunushang verzweigt,
und lässt von Sonne dich verwöhnen.

Du schaust nach Süden,
deine Luft und dein Lächeln sind mild.
Deiner Quellen wärmende Kraft
hat schon viele Leiden gestillt.

Und deine Wiesen und Wälder,
erfüllt von lichtem Grün,
säumen Hügel und Felder,
bewacht von Burgen kühn.

Zwar bist du auch schöne Mondäne,
stolzierst auf der Rue gern im Nerz.
Doch nicht nur im Vorortdirndl
zeigst du ganz offen dein Herz.

Zu musikalischen Festen,
und im Mai, Magnolien im Arm,
empfängst du strahlend Gäste
im Fin de Siècle-Charme.

Auch mich hältst du umfangen
mit deinem Liebesblick.
Wohin ich auch gegangen,
ich sehnte mich zurück.

©Foto u. Text:  Ingrid Herta Drewing, 2009

Maienlicht

Hell glänzen im Kastanienbaum
hier abertausend Lichter.
Die Kerzen, Frühlings Maientraum,
entfalten lächelnd, zart im Raum
weißrosa Blühgesichter.

Ein Leuchten, Grünen! Die Allee,
gesäumt von Bäumen, wirkt so licht,
führt lieblich hin zum kleinen See.
Leis weht ein Hauch von Blütenschnee
dem Tag ins sonnige Gesicht.

Jetzt zeigt sich werdend, neu das Leben,
schenkt Hoffen und Vertrauen.
Die Pflanzen sprießen und verweben
die goldnen Strahlen; Schwalben schweben
am Himmel hin im Blauen.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,
Wiesbaden, Am Warmen Damm

BLÖDELREIME

Das Eisenkraut, Verbene,
ist grün und gar nicht hart,
Sein Blühen ich ersehne,
es duftet mild und zart.

Das Dreieck hat drei Ecken,
ein Rechteck ihrer vier.
Die Kugel, eine kecke,
rollt ohne durch ’s Revier.

Das Rad hat Katzenaugen,
die blinken hell im Licht.
Zum Mäuse Suchen taugen
sie aber dennoch nicht.

Der Hai hat scharfe Zähne,
frisst aber nie ein Rind.
Dem Seepferd fehlt die Mähne,
und Vater kriegt das Kind.

Der Laubfrosch auf der Leiter
pflückt keine Kirschen dort.
Er hat kein Körbchen, heiter
springt er doch wieder fort.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Verregneter Mai

Die Regentropfen perlen an mein Fenster.
Ich schau hinaus und seh‘ kein Himmelblau,
im Mai kaum Sonne, nur der Wolken Grau;
als kämpfe Winter, schicke Nass-Gespenster,
zu wehren Frühlings milder Blütenschau.

Das trübt fast wie Corona hier das Leben.
Da kaum noch ein gesellig‘ Sein verbleibt,
nur virtuell es meinen Tag antreibt,
wenn ich mit Wort und Bild mich darf verweben
im Internet, wo man Gedichte schreibt.

Und dennoch mag ein Trost die Stimmung heben:
Der Regen füllt die Speicher auf im Land,
das Grundwasser, das durch der Dürre Tand
der letzten Sommer fehlte fast zum Leben,
als man statt Bächen, Flüssen oft nur Rinnsal fand.

Geduldig will ich auf den Juni hoffen,
dass durch das Impfen Sars 2 nicht mehr sei
für uns gefährlich; wir dann leben frei,
einander so begegnen froh und offen,
und Kummer,Trübsal endlich sind vorbei!

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Beim Betrachten des Apfelbaumes

Vereinzelt baumeln welke Blüten-Blätter
an kleinem Apfelrund, das wächst mit Macht,
dort wo noch unlängst hier bei Brautschau-Wetter
die Zweige zierte weiße, zarte Pracht.

So schnell verläuft dies‘ Blühen, Wachsen, Reifen
und auch Vergehen, eilt mit Jahres Zeit!
Es lehrt dich sehen, lässt dich wohl begreifen,
dass auch dein Leben findet dies‘ Geleit.

Ein stetes Wandeln zeigt sich da auf Erden.
Sogar den Stein erfasst’s, nicht nur das Leben.
Was heut‘ vergeht, weicht einem neuen Werden,
das zur Vollendung wiederum mag streben.

Und dennoch mischt sich Wehmut mir ins Bild,
wenn etwas Schönes endet, ist erfüllt.

© Fotos u. Text: Ingrid Herta Drewing

Pfingstfreude

Pfingstrosen, zart das Blütenkleid, und Mohn,
dies‘ rote Feuer, leuchtend in den Wiesen!
Ein leichter Wind die Gräser wiegt, sie fließen
in sanften Wogen, lichter Strahlen Lohn.

Frühsommer spielt schon in den Sonnenuhren;
am Mittagshimmel das Gestirn hoch glüht
und kost die Wälder und die grünen Fluren,
die Auen, Gärten, die hier neu erblüht.

Da regt in allem hell sich die Natur,
wer vormals traurig war, ist gut gestimmt.
Die Freude zieht, mild lächelnd, ihre Spur,
die vielem nun das Graue, Trübe nimmt.

So mag man auch die Pfingstbotschaft verstehen,
um miteinander menschlich umzugehen.

© Foto u. Text :Ingrid Herta Drewing,

Erinnern und Vergessen

Sie waschen sich die Asche aus den Haaren,
die sie sich öffentlich auf ’s Haupt gestreut,
zu zeigen, dass man falsche Tat zutiefst bereut,
doch auch um Schuld nicht länger zu bewahren.

Recht schnell füllt man den Tag mit Dur-Akkorden.
Das Leben muss ja weiter gehen, Kind!
Mit Leib und Leid und allen Tränen sind
sie so rhetorisch fertig flugs geworden.

Die Zeit hat Flügel, lässt sehr viel erfahren,
webt mit am Blanko-Buch und am Vergessen,
schreibt stets das Schöne auf, was man besessen.

Und dennoch gibt es Menschen, die nach Jahren
noch immer sich erinnern und bewahren,
was man an Leid ertragen, Schuld ermessen.

©  Ingrid Herta Drewing, 2021

Sonett zu Pfingsten

Nicht Mauer sein, nicht Wall, der alles trennt,
die Tür sein, die in Freiheit, Weite führt,
die Brücke, die verbindet, was getrennt,
ein Mensch sein, den die Nächstenliebe rührt.

Nicht Feuer sein, im Wahn die Welt zerstörend;
doch Frühlingsregen, der die Erde netzt,
sie hegend, auf des Lebens Stimme hörend,
der Sonne gleich, die sie ins Blühen setzt.

Mit wachen Augen durch das Leben gehen
und Fehler nicht nur bei den Andern sehen,
von Eitelkeit geblendet und gehemmt.

Sich nicht im Starrsinn dumpf ums Ego drehen,
versuchen, andre Menschen zu verstehen,
erscheinen sie zunächst auch noch so fremd.

© Foto u.Text: Ingrid Herta Drewing

Bauernregel

„Ist der Mai recht heiß und trocken,
kriegt der Bauer kleine Brocken;
ist er aber feucht und kühl,
gibt es Frucht und Futter viel.“

Wäre ich ein Landwirt, Bauer,
so erfreut‘ ich mich am Schauer,
auch, dass es noch viel zu kühl,
stärkte nur mein Hochgefühl.

Doch zu Pfingsten stimmt ’s mich traurig,
kalt der Lenz und all zu schaurig,.
Und ich wünscht‘, das wär vorbei.
Sonnig zeige sich noch Mai!

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Erneuerung

Nun neu erwacht, streckt Frühling seine Glieder.
Das Leben grünt, aus dunklen Furchen bricht;
es keimt in Wald und Feld, drängt hin zum Licht.
Des Feuervogels goldenes Gefieder
verleiht dem Tag das helle Angesicht.

Und in der Frühe singen lieblich wieder
die kleinen Sänger noch vor Sonnen-Sicht.
Vorbei sind Winterstarre und Verzicht!
Ich höre froh der Amsel Liebeslieder,
ein Melodien-Reigen, Ton-Gedicht.

Da mag auch mich nichts Trübes zwingen nieder,
weil Hoffnung nun verheißungsvoll verspricht,
dass uns Corona bald nicht mehr anficht.
Und Düfte der Syringen, weißer Flieder,
verleihen Lebens Leichtigkeit Gewicht.

©  Foto u.Text: Ingrid Herta Drewing