Archive for Oktober 2010

 
 

Melancholie

Bleischwer die Schwingen,
wagst nicht mehr
zu fliegen,
verbringst die Tage
nur im stillen Nest.
Was auf mich wirkt,
wie eine stumme Klage,
das zelebrierst du
wie dein letztes Fest.
Ein Fest
für einen Gast allein.
Im Spiegel
grüßt du ihn
nur kurz zurück,
dass dir nicht graut
vor dem Medusenblick,
den du erschaut,
und wirst zu Stein.

Ingrid Herta Drewing

Schutzengel

Die Flügel ausgebreitet,
trägst du dein Kind nach Haus
und hast den Weg bereitet,
der sicher führt hinaus
aus Trübsal, engem Tale,
das matt im Dunkel liegt,
wo Nebel viele Male
die Welt im Grau besiegt’.

Und deiner Stimme Klingen
erwärmt mir Seele, Sinn.
Ich möcht’ im sanften Schwingen
vor Freude jubelnd singen,
weil ich geborgen bin.

Ingrid Herta Drewing

Winternähe

Es weicht das Grün, lässt gelb und rot erstrahlen
das Blätterkleid der sommermüden Bäume.
Die Morgennebel rau gereift bemalen
den Wiesengrund, den Herbstzeitlosen säumen.

Schon haucht der Frost Eisspuren auf die Scheiben
und kündigt so als Bote Winter an,
der kurz noch auf den Bergen mag verbleiben,
bis er im Schneepelz uns besuchen kann.

Der Tiere Sorge gilt dem sichren Bau,
ihr Wintervorrat wird gut angehäuft.
Wir Menschen tragen ’s Winterfell zur Schau
und hoffen, dass zu Haus’ die Heizung läuft.

Ansonsten nehmen wir den Winter hin,
die Sonnenwende schenkt uns Lichtgewinn.

Ingrid Herta Drewing

Rückblick

Dein Haar gelichtet, ja nun bist du alt.
Dir scheint’s, als sei das plötzlich so gekommen.
Der Ruf, der dir ertönte, stets verhallt’,
du hörtest nicht, obwohl du ihn vernommen.

Nun stehst du hier vor deines Lebens Ende.
Verwundert immer noch die Blicke streifen;
erwartungsvoll hältst du die bleichen Hände,
versuchst dies Erdenleben zu begreifen.

Und fühlst die Fülle der vergangnen Jahre,
geprägt von Freud und Leid und auch dem wahren
Bemühen, aufrecht deinen Weg zu gehen.

Erinnernd siehst du froh, jetzt auch im Klaren,
dass die erkämpften Siege, jene raren,
dir halfen, dieses Leben zu bestehen.

Ingrid Herta Drewing

Blick aus dem Fenster

Ein kühler Tag, auf dessen blauer Bühne
der Wind verwegen mit dem Rauche spielt,
der zart gekräuselt steigt aus den Kaminen
und weiß in Tanzfiguren Sonne fühlt.

Sie steigen, neigen, wirbeln sich im Kreise
und schrauben hoch und höher Pirouetten,
um bald darauf in wundersamer Weise
sich leicht zu lösen von der Wirkungsstätte.

Verlieren sanft sich in des Himmels Höhe,
ein Wölkchen schwebt noch hell im Mittagslicht,
das schließlich auch entwächst des Blickes Spähen,
wenn Wind es trägt aus der begrenzten Sicht.

Was immer auch verlässt der Bühne Ort,
es wirkt gewiss an andrer Stelle fort.

Ingrid Herta Drewing

Ermunterung

Schon greifen grob des Winters kalte Hände
den herbstgetönten Weiden in das Haar,
und legen Nebel, Raureif ins Gelände,
die Straßen glatt; die Nacht so sternenklar.

Zu früh, fühl’ ich, naht dieses kühle Streben.
Ich sehne mich nach Farben, Sonnenschein;
drum lade ich mir jetzt ins graue Leben
ein Blütenlied und bunte Kerzen ein.

Lass’ zarte Weisen mir hier schön erklingen;
die Melodie, sie wärmt und animiert.
Beglückt beginnt mein müdes Herz zu singen
ein Freudenlied, das fröhlich triumphiert.

So trotze ich den Wetterkapriolen
und werde mich von Kälte, Stress erholen.

Ingrid Herta Drewing

Aktienanstieg

Wenn das Wirtschaftswachstum steigt,
dies der Aktien-Index zeigt.
Auch wird Wachstum gern beschworen,
wenn viel’ Arbeitsplätz’ verloren.

Doch auch wenn die Aktien steigen,
sind am Arbeitshimmel Geigen
oft nur Traumgespinste, Hoffen,
Arbeitsplätze sind nicht offen.

Denn durch Rationalisieren,
Kapital zu investieren
in Maschinen bringt Gewinn
nach der Aktionäre Sinn.

Und beim Aufstieg man am End’
von „Ballast“ sich dabei trennt.
Wenn der vormals noch so wichtig,
jetzt erscheint dies null und nichtig.

Man holt ’s Messer zum Verkürzen,
so als „Schutz“ vor eignem Stürzen.

Wintervorstoß

Nun singt nicht mehr die Nachtigall,
die Kälte kam ins Tal.
Vorbei der süße Sommerschall,
des Herbstes Feuerpracht zu Fall
gebracht mit einem Mal

Kein Abschied, einfach über Nacht
zog hier der Winter ein.
Der Bäume stolze Blätterpracht,
die gestern golden, rot gelacht,
hüllt nun ein Schneekleid ein.

Vielleicht ist’s nur ein Zwischenspiel,
und Sonne holt zurück,
das was dem Auge so gefiel;
der Schnee wird ihrer Strahlen Ziel,
auftaucht das Farbenglück.

Ingrid Herta Drewing

Jahreszeiten

Wie schön ist es, in einem Land zu leben,
das täglich zeigt die Vielfalt der Natur,
im Jahreszeitenwechsel dies Erbeben,
Veränderungen zeichnen sanfte Spur.

Ja jede Jahreszeit hat eigne Klänge,
so auch Gerüche, die dir wohl vertraut,
wie sich die Luft anfühlt, des Winds Gesänge,
des Sonnenbogens Höhe, die erschaut.

Da wandeln sich der Weltenbühne Bilder.
Nach kaltem, weißem Winter darfst du sehen
und fühlen, wie im Frühling, der nun milder,
fast paradiesisch, Blüten neu entstehen.

Dem zarten Lenz folgt Sommers pralles Leben.
Das Land, es flimmert in der Hitze Glut.
Jedoch in Sternennächten möcht’ man schweben,
auch tut am Tag ein Bad im See so gut.

Und kommt der Herbst, schenkt Früchte, Drachenspiele,
ein Farbenfeuerwerk er wild entfacht;
lässt uns des Lebens Schönheit nah erfühlen,
bevor Natur ruht sanft in Nebelnacht.

Wir fahren mit im Kreislauf dieses Lebens,
sind wache Zeugen einer Schöpfungsmacht,
die Werden und Vergehen nicht vergebens
lässt leben, leuchten auf in All und Nacht.

Ingrid Herta Drewing

Bärli und der Sport

Bärensportfest soll bald sein,
da will Bärli auch recht fein
Bälle werfen und schnell laufen.
Aber oft muss er verschnaufen,
denn das strengt ihn doch sehr an.

Er wundert sich, was mancher kann.
Bruder Brummel springt fünf Meter,
und sein Freund, der Tatzi Peter
rennt, wirft Bälle richtig weit.
Bärli hat nun keine Freud,
glaubt, dass er ein Versager ist,
der besser nun den Sport vergisst.
Er setzt sich hinter eine Hecke
und schaut ganz traurig um die Ecke.

Als sein Freund kommt dort vorbei,
fragt er Bärli, was denn sei.
Bärli sagt:“ Ein Garnichts-Könner
so wie ich, das ist kein Renner.
Deshalb troll ich mich nach Haus,
denn mit Sport ist’s für mich aus.“

Doch sein Freund, der macht ihm Mut:
„Früher war auch ich nicht gut,
musste immerzu verlieren,
glaubt’, man will mich schikanieren.
Doch durch Üben, nicht zu knapp,
hat es irgendwann geklappt.
Die Sieger, die du kennst hier, alle,
sind nicht vom Himmel so gefallen,
die haben lange auch trainiert,
bevor sie den Erfolg gespürt.

Drum, Bärli, gib den Mut nicht auf,
komm mit mir doch zum Dauerlauf.
Sport ist auch ohne Sieg wohl schön,
kannst fit dann durch die Gegend geh’n!“

Der Bärli fasst nun neuen Mut,
den Freund zu haben, das ist gut,
und außerdem, jetzt weiß er:
Übung macht den Meister.

Ingrid Herta Drewing