Archive for the Category Fabeln

 
 

Maus und Elefant

Einst trafen sich an Baches Rand
zufällig Maus und Elefant.
Das Mäuschen zart begann zu nippen
am Wasser, drohte umzukippen.
Jedoch da half ihm sehr galant
mit Rüsselstütz’ der Elefant.

„Hab’ Dank!“, sprach’s Mäuschen hingerissen,
„ich werd’ dir auch zu helfen wissen,
wenn du einmal in großer Not.“
Der Jumbo lachte sich halbtot
und sagte: “Ach, du kleiner Wicht,
du und mir helfen, das gibt’s nicht!“

Doch wie’s im Leben manchmal geht,
am gleichen Tag noch, abends spät,
steht jammernd nah dem Dornenbusch
der Elefant. Da kommt gehuscht
herbei die Maus in Helfers Pflicht.
Der Jumbo von dem Übel spricht.

In seinem zarten Rüssel vorn
sitzt fest und schmerzhaft spitz ein Dorn.
Das Mäuschen nun nicht lange fackelt,
bittet ihn noch, dass er nicht wackel‘
und nagt den schlimmen Dornenzweck
schmerzfrei und emsig vollends weg.

Froh sich bedankt der Elefant
und sagt, er habe nun erkannt:
Ein Wesen, sei’s auch noch so klein,
sollt’ man gering nie schätzen ein,
weil es, gezeigt hab’s Mäuslein itzt,
doch häufig sei auch sehr gewitzt.

© Ingrid Herta Drewing,

Kröte Emmas Sonderweg

Im März, da kroch mit ihresgleichen
die Kröte Emma, wollte laichen
im Weiher bei der großen Wiese,
wo ’s sich auch herrlich schwimmen ließe.

Doch war die Tour dorthin beschwerlich
mit all den andern, einmal ehrlich,
es nervte sie dies’ Gruppenhüpfen,
das lahme Kriechen, müde Schlüpfen.

Darum, sie war wohl auch verdrossen,
versuchte sie nun, kurz entschlossen,
den langen Weg mal abzukürzen,
um sich ihr Leben selbst zu würzen.

Sie kroch zur Straße, die schön eben
und warm vom Sonnenschein, welch’ Leben!
Die musste sie kurz überqueren,
um schnell zum Weiher heimzukehren.

Die andern rieten ihr noch ab,
das sei ein Todespfad, ein schlimmer,
ein Weg des Grauens und Gewimmer.
Doch Emma lachte nur mal knapp.

Sie hüpfte auf das warme Pflaster.
Wie eben war’s! Kein Stein, kein Ast, der
dort garstig ihr im Wege stand!
Sie glaubte, hier sei frei das Land.

Auch war sie sich wohl nicht im Klaren,
dass auf der Straße Autos fahren,
die sich nicht scheren um die Kröten
und deren große Wandernöte.

Kaum war zwei Meter sie gekrochen,
war’s Unheil schon hereingebrochen.
Ein Auto kam schnell angerauscht,
der Fahrtwind hat sie angeplauscht,
warf Emma wirbelnd weit zurück.

Sie landete im Moos, zum Glück,
und wusste erst nicht, wie ihr war.
Jedoch dann ward ihr langsam klar,
dass sie grad so dem Tod entronnen,
weil sie was Falsches da begonnen.

Nicht immer ist der leichte Weg
für alle Fälle gut und richtig;
sehr oft erweist sich kurzer Steg
am Ende unverhofft als nichtig.

© Ingrid Herta Drewing

Der Bär und der Wolf

Der Bär am Ufer, dort am Fluss
freut sehr sich auf des Lachs’ Genuss,
den er im Wasser flink gefangen,
bevor der konnte weg gelangen
schnell schwimmend da mit seinesgleichen,
um bald am Oberlauf zu laichen.

Da stört ihn plötzlich Ede Wolf
und fragt ihn: „Sag mir, spielst du Golf?
Ich lad’ dich ein zu Nobel Dachs,
wenn du mir gibst ein Stückchen Lachs.
Golf ist zurzeit die große Mode,
selbst König Löwe singt die Ode:
Wer vornehm ist, was auf sich hält,
spielt Golf, weil ihm das Spiel gefällt.“

„Was“, staunt der Bär, dem Wolf vertrauend
und kaum noch nach den Fischen schauend,
„ meinst du, ich könnt’ das wirklich lernen?
Ich müsst’ mich ja vom Fang entfernen.“
„ Klar“, sagt der Wolf, “ so elegant
wie dir das Fischen geht von Hand,
wirst du gleich erste Liga sein;
dein Handicap nimmt alle ein!“

Der Bär, der sich geschmeichelt fühlt,
auch innerlich recht aufgewühlt,
folgt nun dem Wolf zur fernen Wiese,
auf der sich Golf gut spielen ließe.
Und während sie sind auf dem Weg,
hat Wolfes Meute sich bewegt
und stiehlt des Bären guten Lachs.

Der Bär fragt Wolf:“ Wo bleibt denn Dachs?“
Wir sollten doch gemeinsam spielen“
„Warte ruhig hier und üb’ schön Zielen,
ich sehe nach, wo Dachs wohl bleibt!
Viel Spaß solang beim Zeitvertreib!“

Nachdem zwei Stunden sind vergangen,
und weder Dachs noch Wolf gekommen,
merkt Bär, man hat ihn hintergangen,
ihm alle Fische weggenommen.
Und er erkennt, dass Schmeichelei
ihn arg getäuscht, ihm Lehre sei:

Trau keinem, ganz gleich welcher Art,
der dir schmiert Honig um den Bart!

© Ingrid Herta Drewing

Der Fuchs und der Wolf

Ein alter Fuchs, der sehr gewitzt,
stahl eine Gans, war weggeflitzt,
weil Menschen ihn verfolgten, suchten,
ihn laut beschimpften und verfluchten.
„Wo kann ich mich denn nur verstecken,
damit sie mich nicht noch entdecken?“,
so fragte er sich, fand es schlimm,
er traf im Walde Isegrimm.

Der Wolf, der starrte auf die Beute,
die ja der Fuchs noch bei sich trug,
und dachte: “Ich bin stark und klug,
ich werd’ sie bringen meiner Meute.“
„Kannst du mir etwas geben ab,
ich werd ’s dir lohnen nicht zu knapp?“,
so bat er heuchelnd, brav den Fuchs.
Doch dieser aus dem Busche luchst’
und sagte: “Ja, du sollst was haben;
nur können wir uns erst dran laben,
wenn ganz gerupft das Federvieh.
Ruh’ dich nur aus, ich zupfe sie!“

Der Wolf, der keinen Argwohn hegte,
sich vor den Busch zur Ruhe legte.
Der Fuchs begann sein Federlesen,
warf vor den Wolf sie, man konnt’ lesen,
dass er die Gans gefressen hätte,
die Federn wählt’ zum Schlummerbette.
Der Fuchs entschwand schnell in sein Reich
und labte sich am Gänsefleisch.

Und bald kam der Verfolger Schar.
Als sie den Wolf so liegen sah,
da glaubten sie, er sei der Dieb,
verpassten ihm manch harten Hieb.
Der Wolf, der endlich konnte fliehen,
wollt’ gerne in den Kampf noch ziehen,
war wütend auf den Fuchs, den alten,
weil er zum Narren ihn gehalten.
Jedoch ihn schmerzten noch die Schläge,
drum ging er heim, um sich zu pflegen.

Ja, will man andre legen rein,
muss man wohl schlauer als sie sein.

Ingrid Herta Drewing

Der Igel und die Maus


Die Maus traf einen Igel
und lachte sich fast krumm,
sprach:“ Schau mal in den Spiegel,
läufst wie ein Kaktus ’rum!“

„Mich werden Stacheln schützen
viel besser als dein Fell;
das wäre mir nicht nütze,
ich laufe ja nicht schnell.“

„ Willst  mich für dumm verkaufen?
Ich hätt’ es gründlich leid,
wie du herumzulaufen
in einem Stachelkleid.“

Doch da kam eine Schlange.
Der Igel rollt’ sich ein.
Dagegen zittert’ bange
das freche Mäuselein.

Trotz seiner Flucht zum Mauseloch
verschlang ’s die große Schlange doch.
Der Igel aber war gerettet,
lebt’ munter weiter, ungeglättet.

Ingrid Herta Drewing

Die hochmütige Elster

Es war die Elster jüngst zu Gast

bei einer klugen Krähe.

Dort prahlte sie, ihr Prunk-Palast

sei ganz hier in der Nähe.

Er glänze, sei weithin zu sehen,

sie habe ihn geschmückt

mit Gold und Silber, widerstehen

das könne nicht, wer ihn erblickt.

Das Heim der Krähe, zu bescheiden,

fast ärmlich sehe es doch aus.

So etwas könne sie nicht leiden;

das sei kein angemessnes Haus.

Die Krähe sprach, ein wenig eigen,

es weise sich, was besser sei.

Der Glitzertand da in den Zweigen,

der locke Neider nur herbei.

Wer zu viel Aufsehen erwecke,

dem bleibe bald nicht mehr die Ruh,

die Brut vor Feinden zu verstecken,

verliere seinen Schutz im Nu.

Die Elster unbelehrbar schien,

ging arrogant und flog nach Haus.

Doch als sie ankam, wollt’ sie fliehen

und rief entsetzt: “Oh, was ein Graus!“

Nichts war mehr so, wie sie ’s verlassen,

zerstört ihr schöner Traumpalast.

Man hatte ihr nichts mehr gelassen

als einen kahlen, grauen Ast.

Nun starrt die Elster in die Leere

die Zähren rollen, nicht zu knapp,

bedenkt der Krähe kluge Lehre

und schminkt sich ihren Hochmut ab.

Ingrid Herta Drewing

Der Grünfink und der Spatz

Ein junger Grünfink traf den Spatz,
der sich die Pfütze hatt’ als Platz
für ’s morgendliche Bad gesucht.
Sehr amüsiert von dem Besuch
spritzt er das Vogelkind nun nass.

Es fragt ihn drum, was er da mache.
Sich reinigen, sei seine Sache
und spottend rät er ihm sodann:
„Das solltest, Kleiner, du auch machen,
viel grüne Farb’ hängt an dir dran!“

Der Grünfink sehr verwundert schaut.
Die Farbe ist ihm wohl vertraut
schon seit den Schlüpfungszeiten.
„Ich will nicht mit dir streiten;
doch sieh’ einmal, dein brauner Dreck
geht auch nicht durch dies Wasser weg,
nur nass wirst du dabei.“

Der alte Spatz gerät in Wut,
schimpft ihn nun einen Tunichtgut
und murrt: „Die freche Jugend!“

Wo bleibt nun hier die Tugend?

Ingrid Herta Drewing

Die Amseln und der Kater

Amsel

Im Nest, dort in dem Apfelbaum,

da hegen Amseln ihre Jungen.

Sie rasten und sie ruhen kaum,

dem Fiepsen folgend,nun gezwungen.

Dem Kater ist dies nicht entgangen,

es lockt ihn an dies Vogelnest.

Sich eins der Amselchen zu fangen,

das wäre ihm ein wahres Fest.

So schleicht er heimlich in der Nähe

und lauert auf der kleinen Brut,

um dann, wenn niemand ihn so sähe,

zu kühlen sich sein Mütchen gut.

Jedoch die Amseleltern, helle,

entdecken ihn dort unterm Strauch,

sind zeternd nun sogleich zur Stelle

und lautstark zeigen sie’s ihm auch.

Wild flatternd, lauthals schimpfend, wüten

sie fast schon eine Stunde dort.

Und es gelingt ihr Kinderhüten,

entnervt trollt sich der Kater fort.

Dies zeigt, wenn Schwache standhaft bleiben,

gemeinsam sie den Feind vertreiben.

Ingrid Herta Drewing

Der kleine Spatz und die Elster

Spatz

Ein kleiner Spatz flog, sehr bewegt,

nach Futter suchend unentwegt,

auf eine große Bank im Park

und fühlte sich da recht erstarkt,

als er dort fand ein Butterbrot.

Doch hatte er die liebe Not,

den großen Batzen mitzunehmen.

Als Helfer wollte sich bequemen

die Elster, die dort kam vorbei,

das große Stück nahm, war so frei,

nicht ohne ihn streng zu belehren ,

dass ihr das ohnehin gehöre.

Dies wäre nämlich ihr Revier,

und Spatzen dulde man nicht hier.

Der Spatz hielt nur ein Krümchen fest,

flog flugs zurück zu seinem Nest.

Es wurde ihm sehr schnell bewusst,

für Kleine bringt die Bank nur Frust,

du musst ein großer Vogel sein,

dann ist wohl auch ein Batzen dein.

Ingrid Herta Drewing

Das Küken

Küken

Ein Küken saß vor seinem Ei
Und dachte sich: Ei jei jei jei!
Was ist das für ein weißes Ding,
das mich da jüngst noch fest umfing?
Recht klein zu sein, scheint dieses Haus.
Was für ein Glück, da bin ich raus!

Ingrid Herta Drewing