Im Blickpunkt

Ja, vieles, was wir auf der Welt bestaunen,
hat Wert nur für die Stunde und den Tag,
für kurze Zeit ins Licht gestellte Launen,
ein Strohfeuer, das wer entzünden mag.

Was lange währt, wächst meistens still, verborgen
und zeigt bescheiden sich trotz seiner Kraft,
sich zu verschenken, widmend auch dem Morgen,
weicht es auch Schwerem nicht, wenn es erschafft.

So viele Künstler, Forscher und Gelehrte,
im Schatten wirkten sie in ihrer Zeit.
Ihr Werk, das in der Güte sich bewährte,
steht für die Menschheit heute noch bereit.

Wer schärft den Blick uns, lehrt uns, was gediegen,
damit wir nicht der Mode Wahn erliegen?

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,
Wiesbaden, Schillerdenkmal vor dem Staatstheater

Superschlank ( zum „Weltfrauentag“)

Warum muss Frau sich überwinden,
sich körperlich so reduzieren?
Mir scheint’s, als wolle ihr Verschwinden
man langsam modisch induzieren.

Zunächst wohl waren’s weiche Männer,
dem Knabenhaften zugetan;
sie prägten Mode, fanden Kenner,
Klein-Mädchen-Flair und Jugendwahn.

Und Frauen internalisieren
nun durch die Werbung dieses Bild,
„schlank zum Vergehen“; sie hofieren
die Schönheitsnorm und sind gewillt,

das, was natürlich vorgegeben,
dass etwas wächst und voll erblüht,
durch ’zig Diäten aufzuheben,
um ’s Standard-Schönheitsbild bemüht.

Als wollten Rosen Knospen bleiben,
Kakteen nur in Dornen stehen,
versucht sich Frau fast zu entleiben
und lässt ihr Leben so vergehen.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Moppelmodell

Die Fettreserven auf Schenkeln und Hüften,
getarnt recht sorgsam mit Kleidern und Düften,
damit sie nicht gar ein Neider erblicke
und nehme Einfluss auf unsre Geschicke,
womöglich uns wünsche in Hungers Klüfte
wenn unser Ernährungsgeheimnis er lüfte,
so schreiten wir wohlstandsbemäntelt dahin
und suchen im Catwalking eigenen Sinn.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Superschlank ( zum „Weltfrauentag“)

Warum muss Frau sich überwinden,
sich körperlich so reduzieren?
Mir scheint’s, als wolle ihr Verschwinden
man langsam modisch induzieren.

Zunächst wohl waren’s weiche Männer,
dem Knabenhaften zugetan;
sie prägten Mode, fanden Kenner,
Klein-Mädchen-Flair und Jugendwahn.

Und Frauen internalisieren
nun durch die Werbung dieses Bild,
„schlank zum Vergehen“; sie hofieren
die Schönheitsnorm und sind gewillt,

das, was natürlich vorgegeben,
dass etwas wächst und voll erblüht,
durch ’zig Diäten aufzuheben,
um ’s Standard-Schönheitsbild bemüht.

Als wollten Rosen Knospen bleiben,
Kakteen nur in Dornen stehen,
versucht sich Frau fast zu entleiben
und lässt ihr Leben so vergehen.

© Ingrid Herta Drewing,

Sichtweise

Noch hält die Nacht die dunkelblauen Schwingen
sanft ausgebreitet, schenkt der Ruhe Raum,
und Sternen-Lieder, Silbermond besingen
der Menschen Wünsche,ihren Friedenstraum.

Doch mit des Tages Licht erwachen Sorgen.
Das Leben fordert häufig den Verzicht.
So mancher schaut bekümmert in das Morgen
und traut sich selbst und auch den andern nicht.

Da kann es helfen, seinen Blick zu schärfen,
die Freude finden, die uns wird geschenkt,
nichts achtlos übersehen, gar verwerfen,
nur weil Natur nicht nach der Mode denkt.

Des kleinen Glückes helles Morgenrot
erblüht selbst dort, wo graue Not uns droht.

© Ingrid Herta Drewing

Schein

Sanft dekoriert mit weißen Westen,
für’s Bild gestylt und gut frisiert,
frönt man dem schönen Schein am besten,
lässt sich von Modegurus testen,
so wird das Image aufpoliert.

Als Muster stiller Eitelkeit
zeigt man als Flagge sein Panier,
dezent verbrämt Bescheidenheit,
dass hier wohl lauert jederzeit
der schwarze Geier grober Gier.

Man hat die Macht, glaubt eigne Lügen,
weil man sie gar zu oft erzählt,
übt sich geschult hier im Betrügen.
Wer schwach ist, hat sich da zu fügen,
auch wenn er sich nicht hat verwählt.

Die Lobbyisten als Sirenen,
sie zaubern stets ihr Lied hervor.
Als Miezekätzchen die Hyänen
getarnt Gesetzestexte dehnen,
Expertenwissen als Dekor.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Vergangene Mode

In Schränken gehortet die Mode-Hüllen,
so vieler Jahre vergangenes Leben
und Leid, auch Träume, oft nah dem Erfüllen,
ein bergender Schutz bei misslungenem Streben.

Bestandsaufnahme: Der Herbst lässt dich ahnen,
dass bald dir die Winterwolle nur bleibt.
Du siehst jetzt im Blätter-Welken dies‘ Mahnen,
das auch alle Eitelkeiten vertreibt.

Bleibst treu dem Bewährten, wählst vorsichtig aus.
Kein Überschwang plagt dich trotzig, vermessen.
Obwohl du der Zukunft verschließt nicht dein Haus,
bewahrst du erinnernd vor falschem Vergessen.

Und rückblickend wird dir wohl vieles bewusst.
Das kann dich schützen vor Kummer und Frust.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Voreilig

Der Handel eilt der Jahreszeit voraus:
Herbstmode darf sich in den Sommer malen,
und im September grüßt der Nikolaus
mit Pfeffernüssen, Lebzelt in Regalen.

Ja, unsre Rituale sind verworren,
die Freude im Erwarten bleibt da aus,
die Feierhöhepunkte im Verdorren,
beliebig gönnt man sich den Festtagsschmaus.

Wir Menschen planen, nicht nur in Gedanken
gerät so manches gierig in den Blick.
Was gegenwärtig sich will um uns ranken,
wird übersehen leicht, das kleine Glück.

„Das rechte Maß, zur rechten Zeit, am rechten Ort“,
das sollte Richtschnur sein, mehr als nur wahres Wort!

© Ingrid Herta Drewing,2013

Verfrüht

Noch harrt in Häusern
träge Hochsommerschwüle.
Die Sonne, sie sticht.

Sommerausverkauf!
In die Läden schleicht schon Herbst,
Mode bewusst.

© Ingrid Herta Drewing, 2013

Die eitle Giraffe

Wer glaubt, es gäb’ nur eitle Affen,
sonst sei Bescheidenheit die Zier,
kannte nicht Josy, die Giraffe,
und ihre große Modegier.

Dort, wo im Grase der Savanne
die schönen Schirmakazien blühen,
sah man sie oft, ohne zu spannen,
am frühen Morgen stolz schon ziehen.

Sie kriegte ihren Hals nicht voll,
den langen, trug ihn stets geschmückt,
in voller Größe, Zoll für Zoll,
mit Bändern, Klunkerkram bestückt.

Sie wollte, um sich abzugrenzen
von allen andern in der Herde,
mit ihrem Schmuck besonders glänzen
und glaubte, dass berühmt sie werde.

Nach den Touristen, ohne Scheu,
mochte sie sich den Hals verrenken,
um ihre Mode immer neu
zum allerletzten Schrei zu lenken.

Es warnten sie zwar ihre Schwestern:
„ Pass auf! Dort droht für dich Gefahr!“
Sie meinte nur: „ Ihr seid von gestern,
ich aber werd’ ein Modestar!“

So kam ’s, sie schritt mit langen Beinen
den Catwalk am Hotelpool lang,
verfing sich in der Absperrleine
und torkelte wild in den Gang.

Man jagte schnell mit Schimpf und Schande
aus dem Hotel das eitle Tier.
Das lief ins Auto, dort am Rande,
brach sich die Beine, alle vier.

Ja, manchmal liegt mit eitlem Streben
man auf der Welt total daneben.

© Ingrid Herta Drewing