Superschlank ( zum „Weltfrauentag“)

Warum muss Frau sich überwinden,
sich körperlich so reduzieren?
Mir scheint’s, als wolle ihr Verschwinden
man langsam modisch induzieren.

Zunächst wohl waren’s weiche Männer,
dem Knabenhaften zugetan;
sie prägten Mode, fanden Kenner,
Klein-Mädchen-Flair und Jugendwahn.

Und Frauen internalisieren
nun durch die Werbung dieses Bild,
„schlank zum Vergehen“; sie hofieren
die Schönheitsnorm und sind gewillt,

das, was natürlich vorgegeben,
dass etwas wächst und voll erblüht,
durch ’zig Diäten aufzuheben,
um ’s Standard-Schönheitsbild bemüht.

Als wollten Rosen Knospen bleiben,
Kakteen nur in Dornen stehen,
versucht sich Frau fast zu entleiben
und lässt ihr Leben so vergehen.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Frau und Lyrik

„Von Walther von der Vogelweide
bis Benn“, Gedichtanthologie.
Die Lyrik, eine Seelenweide
der Dichter, deren Wortgeschmeide
vielfältig singt die Melodie.

Nur frag‘ ich mich, warum die Scharen,
die hier im Buch der Poesie
versammelt sind, nur Männer waren?
Acht Frauen in achthundert Jahren,
als meide gar die Dichtung sie!

Erst seit den letzten hundert Jahren
der Frauen Lyrik hier auflebt,
zuvor sie eingebunden waren
in Haushaltspflichten; Bildungssparen
hat sie in Alltag eingewebt.

Befreit darf Frau jetzt wählen, dichten,
hell singen auch ihr eigen Lied,
muss sich nach Fremd-Diktat nicht richten,
darf ihre eignen Ziele sichten,
und ihre Lyrik nun erblüht.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018