Archive for the Category Kurzgeschichten

 
 

Ermunterung

Des Lebens helle Stimme
drang in mein Herz und sprach:
„Vergiss jetzt alles Schlimme
und was dir ungemach!

Es gilt etwas zu wagen.
Schau, vor dir liegt die Welt!
Noch sind so viele Fragen
hier nicht einmal gestellt.

Der Erde Schönheit schauen,
bedacht mit wachem Sinn,
und Gott und dir vertrauen,
das sei dein Neubeginn!

Dann weicht das Leid dem Hoffen,
sogar der Freude auch.
Die Pforte steht dir offen,
verspür des Lebens Hauch!

So komm, du siehst es blühen,
der Sommer weilt im Land.
Du musst dich nur bemühen,
er reicht dir still die Hand!“

© Ingrid Herta Drewing

Frühlings- Ermunterung

Der Morgenhimmel, noch schüchternes Blau,
jedoch die Vögel beginnen zu singen
als Vorprogramm jener sonnigen Schau,
die zärtlich lässt Blütenlieder erklingen.

Es blühen die Tulpen, Bellis, Narzissen,
weißrosa Magnolien und Mandelbaum.
Der Szillasterne tiefblaue Kissen
bedecken hell leuchtend den Wiesen-Flaum.

Auch dir fließt des Frühlings Licht in die Seele,
ermuntert dich, schenkt dir Hoffnung und Mut.
Du löst und befreist dich von Sorgen-Stelen
und glaubst ganz gewiss, dass alles wird gut.

Da gleichst du der Blume, der wachsendes Licht
nun wieder ein neues Werden verspricht.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Das Herder-Lexikon

Heute beim Abstauben der Bücher hielt ich sie wieder einmal in Händen, die drei großen,grünen Bände, „ DER NEUE HERDER“. Wie oft hatten mich meine erwachsenen Kinder schon darum gebeten,ich möge sie endlich entsorgen. Vieles, was darin stehe, sei ohnehin veraltet. Außerdem hätte ich doch den Brockhaus im Regal, zudem gebe es auch noch die Möglichkeit, mich im Internet kundig zu machen.
Aber ich habe es bis zum heutigen Tag nicht übers Herz gebracht, mich von diesem Lexikon zu trennen; zu viele Kindheitserinnerungen verbinde ich damit.

Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich meine Mutter, die eine sehr starke Frau war, weinend im Zimmer sitzen sah. Der Anlass dafür war dieses Lexikon. Mein Vater hatte sich von einem Vertreter, der ihm die Vorzüge dieses Werkes anpries, den Kauf aufschwatzen lassen und die Subskription unterschrieben; allerdings konnte man den Betrag von 150 DM in Raten bezahlen.
Na und, 150 DM, das geht doch, würde man heute locker sagen. Aber mein Vater verdiente im Monat 60 DM. Davon mussten sechs Personen leben.Auch wenn damals die Lebensmittelpreise niedriger waren als heute( fünf Pfennige kostete ein Brötchen) musste meine Mutter schon sehr gut haushalten, um alle mit dem Nötigsten zu versorgen. In der heutigen Wegwerfgesellschaft kann man sich gar nicht vorstellen, wie sparsam man mit den Mitteln umgehen musste.Zum Glück gab es da noch die Naturalien aus Opas Schrebergarten, die Mutter sich aber mit ihren Geschwistern teilte.

Es war für sie nicht leicht, vier heranwachsende Kinder und einen Mann, der körperlich schwer arbeiten musste, zu ernähren.Ich kann mich noch gut daran erinnern,dass mein großer Bruder einmal, als er für die Familie Brot kaufen sollte, auf dem Heimweg fast schon einen ganzen Laib aufgegessen hatte, und wie schlimm es war, wenn man ein paar Tropfen Milch verschüttete, weil man das Milchkännchen, in das die Milch vom Kaufmann schoppenweise eingefüllt wurde,nicht ruhig genug nach Hause getragen hatte.Vieles, was für uns heute selbstverständlich ist,gab es nicht oder konnte von dem wenigen Geld nicht erstanden werden.

Deshalb freuten wir uns über die Schulspeisung, die es für uns Schüler ab 1952 manchmal gab, warmer Kakao und Kekse.Ansonsten sammelten wir Pilze, Walderdbeeren, Himbeeren,Brombeeren,Heidelbeeren und Fallobst, wenn der Bauer es erlaubte.So klein wir waren, halfen wir doch auch gern bei der Kartoffelernte auf dem Feld bei Bauer Ismar, weil wir dann auch ein paar Kartoffeln mit nach Hause nehmen durften. Aus den Bucheckern, die wir gemeinsam mit Mutter sammelten,konnte man sich in einem Laden in der Bleichstraße Öl pressen lassen, und die leckeren Esskastanien, die wir in den Herbstferien bereits morgens um sechs Uhr „Unter den Eichen„ aufsammelten,waren eine Köstlichkeit.

Ich weiß trotzdem nicht, wie Mutter es schaffte,uns alle über die Runden zu bringen.Ich hatte nie das Gefühl, wirklich zu hungern und denke noch heute daran, wie herzhaft das Tomatenbrot mit Zwiebeln und Salz im Sommer mundete und das Schmalzbrot im Winter, wenn zuvor die Mischbrotscheiben auf dem Kohlenofen in der Wohnküche getoastet worden waren.

Obwohl ich erst acht Jahre alt war, konnte ich den Kummer meiner Mutter gut verstehen, wenn sie sich fragte, wie wir nun auch noch dieses teure Lexikon bezahlen sollten. Vater tröstete sie und sagte, er werde wieder einige Bilder malen und an Herrn Ikstadt verkaufen.

Er malte hinreißend schöne Aquarelle, die von den amerikanischen Soldaten in Ikstadts Geschäft in der Langgasse als Souvenir gekauft wurden. Viel verdiente Vater ja nicht daran. Wie es allen Künstlern früher erging,machte auch hier der Kunsthändler den besseren Schnitt. Aber das Malen an sich bereitete Vater Freude. Wenn er seine gebirgigen Winterlandschaften mit dem Pinsel zum Leben erweckte, malte er, der Heimatvertriebene, sich all seine Sehnsucht nach dem verlorenen Sudetenland von der Seele. Mutter, die mit mir und dem kranken Großvater, der ausgemustert war, während des Krieges und kurz danach alleine lebte, hatte Vater,einen Witwer mit zwei Kindern, im Winter 1946 beim Schreiner Werner kennen gelernt, wo er arbeitete. Werners Frau war eine ihrer Kundinnen.

Wie glücklich war ich, als die beiden heirateten, und ich meine drei Jahre ältere Schwester Renate und den sechs Jahre älteren, großen Bruder Herbert bekam. Als dann 1949 Wölfchen, unser kleines Brüderchen geboren wurde, war unsre Patchwork-Familie, wie man so etwas heute nennt, komplett. Und obwohl das Leben damals nicht immer leicht war, fühlte ich mich in dieser Familie geborgen.

Der Tag im Jahre 1952, an dem das Prachtwerk von einem Lexikon geliefert wurde, ist mir noch recht gut im Gedächtnis.Es wurde vorgeführt, wie es heute manche Leute mit einem neuen Auto machen. Nachdem wir alle die Hände gründlich gewaschen und abgetrocknet hatten,durften wir es uns anschauen.Die Eltern präsentierten uns einen Traum, in Grün eingebunden,Bücher,in denen sich uns ein andere Welt offenbarte.
Wir hatten ja kaum Bücher, da im Krieg fast alles verbrannt war.Ich besaß einen Katechismus mit Zeichnungen, ein Märchenbuch und den Struwwelpeter.Und nun war da dieses Lexikon,das nicht nur vieles erklärte, sondern auch reichlich mit Bildern illustriert war. Besonders beeindruckten mich die Farbtafeln, die den Menschen, seine Muskeln, Knochen und inneren Organe zeigten. Wunderschön erschienen mir auch die farbigen Zeichungen von Tieren und Pflanzen.Während die meisten anderen Familienmitglieder nur in das Buch schauten, wenn sie etwas nachschlagen wollten, las ich von nun an intensiv darin und holte mir so die fremde Welt nach Hause. Und das lag nicht nur an meinem großen Wissensdurst, sondern auch darin, dass mir bewusst geworden war, wie teuer dieses Buch war.
Hier wurde mit der Grundstein für meinen Bildungshunger gelegt, weil ich damals unbewusst erfahren habe, welche Schätze sich in Büchern verbergen.

© Ingrid Herta Drewing

Blind Date

Was hatte Claudia sich nur dabei gedacht , für sie einfach eine Annonce für so ein Blind Date in die Zeitung zu setzen? So etwas kannte sie aus Hollywood-Filmen. Da treffen sich Mann und Frau, ohne etwas voneinander zu wissen. Und dann kommt es erst zu Verwicklungen und später folgt ein Happyend, eben Kino!
Nicht mit ihr! Sie hatte genug von Verwicklungen. Von dem Mann, der ihr Liebe und Treue „bis dass der Tod euch scheidet“ versprochen hatte, war sie seit drei Jahren glücklich geschieden. Sie hatte von Männern die Nase voll.Sie brauchte keinen Mann, der sich von ihr versorgen ließ und sie betrog. Ihrem Ex hatte sie quasi das Studium finanziert, um ihn dann einer seiner Kolleginnen aus dem Krankenhaus zu überlassen.

„Aber deshalb musst du doch nicht wie eine Nonne leben, schließlich bist du erst dreißig Jahre jung, und außerdem gibt es auch nette Männer“, versuchte Claudia, ihre beste Freundin, ihr Mut für eine neue Partnerschaft zu machen. Sicher, die gab es, aber meistens waren sie schon verheiratet und hatten Kinder. Sie tröstete sich damit, dass Nonnen eine weitaus höhere durchschnittliche Lebenserwartung als andere Frauen aufzuweisen hatten.

„Du musst unter Menschen, einen neuen Partner kennen lernen, die Uhr tickt!“, war Claudias anderer Paradespruch, wenn sie ihr mit ihrem Beziehungswahn in den Ohren lag. Offenbar übertrug sie ihre eigenen Probleme auf sie, denn Claudia, 32 Jahre alt, war auch nicht liiert.
Zum Glück war es ihr gelungen, sie zu überzeugen, an ihrer Stelle den Testversuch “rote Rose“ durchzuführen. Allerdings hatte Claudia darauf bestanden, dass sie sich währenddessen in ihrer Nähe aufhielt.
Und nun saß sie in einer Ecke am Fenster in dem gut besuchten Kurcafe, trank ihren Tee und begutachtete, möglichst unauffällig schauend, das Blind Date. Claudia schien sich ja gut zu unterhalten. Der Mann war wohl auch eher ihr Typ. Das wäre doch wunderbar, wenn Claudia auf diese Weise einen passenden Partner fand.

Sie war so beschäftigt damit, nach Ihrer Freundin und dem Rosenkavalier zu sehen, dass sie den jungen Mann nicht bemerkt hatte, der zwei Tische seitlich hinter ihr saß und sie schon geraume Zeit beobachtete.
Erst als er plötzlich vor ihr stand und sagte:“ Entschuldigung, wir kennen uns doch, bist du, äh sind Sie nicht das nette Mädchen, das mich im Geschichtskurs immer hat abschreiben lassen“, schaute sie ihn erstaunt an.
Das war Sven, tatsächlich Sven, ihr Jugendschwarm! Wie sehr war sie damals am Ende der Oberprima in ihn verliebt gewesen! Aber sie hatte sich nichts anmerken lassen. Wie hatte Mutter doch immer gesagt: “Mädchen müssen stolz sein, der Mann will die Frau erobern.“ Doch er dachte nicht ans Erobern, jede freie Minute hatte er trainiert. So sagte sie jetzt etwas reserviert: „Nett dich zu sehen. Was machst du hier?“
Sven, der recht aufgeräumt wirkte, zog den Stuhl heraus, sagte: „Ich darf doch?“ , und setzte sich zu ihr an den Tisch.“ Du wirst es vielleicht nicht glauben, ich bin hier wegen eines Blind Date.“ Aha, der also auch! Na, das scheint ja hier neuerdings ein beliebter Treffpunkt für frustrierte Singles zu sein. Auf ihren spöttischen Blick hin, erklärte er, er sei wegen eines Freundes hier. Nein , nicht auch das noch! Sie hatte ja früher nie etwas davon gemerkt, dass Sven schwul war. Aber das erklärte einiges. Schade immer die schönen Männer! Sie ließ sich aber ihre Enttäuschung nicht anmerken und erklärte ihm, warum sie hier war.
„Ach, deshalb hast du die beiden die ganze Zeit über beobachtet. Ich dachte schon, du seist eine Detektivin, die einer verheirateten Frau nachspionieren muss. Der Mann, der da bei deiner Freundin am Tisch sitzt, ist nämlich mein Freund Jonas. Er ist etwas schüchtern, und wenn er mit der Frau nicht richtig ins Gespräch käme, sollte ich an den Tisch kommen, um ihn loszueisen.Und nun habe ich dich hier getroffen. So ein glücklicher Zufall! Weißt du eigentlich, dass ich damals heimlich für dich geschwärmt habe?“, sagte er ganz offen und strahlte sie an. “Aber ich habe mich nicht getraut, es dir zu sagen. Irgendwie warst du immer so unnahbar.“ „Komisch, und ich habe geglaubt, für dich existiere nichts außer deinem Sport“.
Er lächelte verschmitzt: “Soll das heißen, dass du auch ..? “ Sie nickte.“Du, die beiden scheinen sich doch blendend zu verstehen. Wollen wir sie nicht lieber hier allein lassen und gemeinsam im Kurpark etwas frische Luft genießen?“ Das hätte sie auch nur zu gerne gesagt, jetzt, wo sie Bescheid wusste. Wie gut, dass er die Initiative ergriffen hatte.Freudig ging sie auf seinen Vorschlag ein.
Sie hinterließen beim Ober eine Nachricht für ihre Freunde und verließen gemeinsam das Cafe.

Das tizianrote Haar

Es war gut, gut, dass sie sich Klarheit verschaffte. Alles Grübeln hatte ja zu nichts geführt. Endlich hatte sie gehandelt.
Gewiss, sie war sich schon etwas seltsam dabei vorgekommen, ihm heimlich zu folgen, um ihn auf frischer Tat zu ertappen.Aber, wie hieß es doch? „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ Andererseits, wenn das Vertrauen erst einmal weg war, was war dann überhaupt noch die Basis einer Liebesbeziehung?
Sie hatte allerdings gute Gründe, misstrauisch zu sein.Seit einigen Wochen benahm er sich höchst merkwürdig. Jeden Dienstag hatte er neuerdings abends immer noch ein wichtiges Kundengespräch,verließ die gemeinsame Wohnung immer etwas aufgemotzt, trug seine eleganten Lederschuhe, und ein neues Deo hatte er sich auch zugelegt. Wenn er dann drei Stunden später wieder nach Hause kam, wirkte er etwas müde. Versuchte sie, etwas über diese Kundengespräche zu erfahren, wiegelte er ab, indem er lächelnd sagte, dies wolle sie doch nicht wirklich wissen, das langweile sie nur.
Und nun hatte sie auch noch dieses tizianrote Haar auf seinem Jackett gefunden!
Ihn direkt darauf anzusprechen, das hatte sie gleich verworfen.Er würde eine Ausrede finden, sich über ihre Eifersucht lustig machen und sagen, dass man nach fast 25 Ehejahren Bescheid wissen sollte…

Oh ja, sie wusste Bescheid! Der Müller von gegenüber hatte seine Frau auch gegen ein „jüngeres Modell“ eingetauscht; zeitgleich mit dem neuen Wagen, den er sich angeschafft hatte. Ja viele Männer in der Midlife-Crisis würden wohl gerne für ihre Ehefrau auch noch eine Abwrackprämie kassieren.Und die arme Frau Müller, ein ahnungsloses Lieschen, hatte immer nur den Blick auf Mann, Kinder und Heim gerichtet und stand jetzt mit 47 Jahren vor dem Nichts. In diesem Alter noch einen Job zu kriegen bei jahrelanger Erwerbslosigkeit, das konnte sie ja wohl vergessen.
Das sollte ihr nicht passieren, sie würde gewappnet sein. Ihr holder Mann würde sie nicht vor vollendete Tatsachen stellen!Auch wenn sie wie jetzt hinter einem Baum stehen musste,um die Wahrheit herauszufinden.

Na bitte, jetzt klingelte er an der Tür! Nun würde es sich erweisen, was er für Gespräche führte. Sieh an, da war sie, die Schlange! Eine Vorstadtschönheit mit tizianrotem Haar lächelte ihn an( gut zwanzig Jahre jünger als er) und ließ ihn in ihr Haus.

Er betrog sie also tatsächlich! Sie merkte,wie sich alles in ihr zusammenkrampfte und schaute starr und fassungslos auf die Tür, hinter welcher ihr Mann gerade verschwunden war. Aber dann schossen ihr Gedanken durch den Kopf. Dumme Nuss, was ist los,du wolltest doch Klarheit, und jetzt hast du sie! Ja, aber etwas wissen und etwas ahnen, das ist ein großer Unterschied. Und der heißt Hoffnung. Man könnte sich ja geirrt haben. Was sollte sie nur jetzt machen? Für das Wochenende war ihre Feier zur silbernen Hochzeit mit der ganzen Familie geplant. Wie konnte er ihnen das nur antun? Die ganze schöne, heile Welt war wie ein Kartenhaus zusammengefallen, und sie lag darunter begraben! Na ja, ein Kartenhaus, welch blöder Vergleich! Wohl eher ein Erdbeben,alles Schutt und Asche. Ihr Humor rettete sie vor weiterem Selbstmitleid.Ihr Selbstwertgefühl meldete sich stolz zurück. Er würde sie nicht tränenüberströmt zu Hause vorfinden. Kurz entschlossen suchte sie ihren Frisör auf und ließ sich einen neuen Haarschnitt und eine neue Haarfarbe verpassen.
Auf seine Reaktion war sie gespannt.Dass er sie allerdings so entsetzt anschauen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Dann seine überflüssige Frage „Was hast du denn mit deinen blonden Haaren gemacht?“ „Ich wollte dich überraschen, du stehst doch neuerdings auf Frauen mit tizianroten Haaren“, antwortete sie ,sich zu einem sachlichen, aber liebenswürdigen Ton zwingend,obwohl sie innerlich kochte .Aber ihre mühsam aufrecht erhaltene Fassung brach in sich zusammen, als er lauthals zu lachen begann.
„Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen, und du lachst!“, rief sie empört.
Er trat auf sie zu, nahm sie in die Arme und versuchte sie zu beruhigen:„Ach, Schatz, schade, nun ist es keine Überraschung mehr! Ich nehme seit einigen Wochen Tanzunterricht, damit ich dir endlich nach 25 Ehejahren deinen Wunsch erfüllen und auf unserem Fest mit dir tanzen kann, und du hast gedacht, dass ich fremdgehe!“

Meine Güte, wie kann man nur so eifersüchtig sein! Sie fühlte sich wie ein ertappter Dieb, richtig mies. Und dann wurde ihr bewusst, was er für sie aus Liebe getan hatte. Gerührt und erleichtert küsste sie ihn und bat ihn ,ihr zu verzeihen.

Ingrid Drewing

Die Traumfrau

Sie war hinreißend, und wie sie ihn anschaute!
Das Beste aber war, dass sie ihn so sein ließ, wie er war .Viele seiner Freunde mussten auf lieb gewordene Gewohnheiten verzichten, nachdem eine Frau in ihr Leben getreten war. „Keine Zeit, du frag\‘ mich doch nächste Woche noch einmal; du weißt doch, Karla legt Wert darauf, dass…“,so hatte ihm sein so genannter bester Freund erst gestern einen Korb gegeben, als er ihm einen gemeinsamen Angelausflug vorschlug. Nein, ihm würde das nicht passieren, dass er sein Leben total umkrempelte oder umkrempeln ließ.
Sie war ja auch anders, eben diese berühmte Frau der Träume. Er sah sie zwar nur donnerstags. Aber wer weiß, vielleicht war das ja das Geheimnis ihrer guten Beziehung?
Wie schön sie war! Dieses verschmitzte Lächeln, diese herzliche Begrüßung. Wie ein frischer Frühlingswind, der in sein kleines Zimmer wehte.
Besonders gefiel es ihm, wenn sie ihr schulterlanges, schwarzes Haar, den Kopf leicht geneigt, mit einer graziösen, aber burschikos wirkenden Geste leicht zur Seite strich und ,ihre freundlichen braunen Augen auf ihn gerichtet, fröhlich guten Abend sagte.
Da hätte er sie gerne sofort in die Arme genommen und geküsst.
Aber sehr schnell musste sie sich dann um ihre Talk-Gäste kümmern. Und er hatte Verständnis dafür, ging zum Kühlschrank, holte sich sein Pils und bewunderte sie andächtig vom Fernsehsessel aus.
Ingrid Drewing