Morgengebet

Wir danken, Vater, für das Tagen
nach langer Nacht und tiefer Schuld.
Verleih uns Mut, nicht zu verzagen,
beschütze uns vor Ungeduld,
hier vorschnell, schädlich, falsch zu handeln,
der Schöpfung Schönheit zu verschandeln!

Herr, der du uns in deiner Güte
dies irdisch‘ Paradies geschenkt,
der Pflanzen Grünen, ihre Blüte,
die hin zu Frucht und Reife lenkt,
gib uns auch Kraft, auf weisen Wegen
in deinem Sinn dies Gut zu hegen!

Wir bitten dich um wahren Frieden,
die Güte und den wachen Blick,
einander helfend zu behüten,
fern sei uns Hass und Kriegsgeschick!
Lass uns, was heilen hilft, erkennen
und Leben, Lieben nicht mehr trennen!

© Foto u.Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Traum

Rose, Dufti,2014

In meiner blauen Sehnsucht Kiste
bewahre ich schon lange einen Traum.
Ich schau ihn manchmal an, als müsste
er sanft erwachen; doch dann merk’ ich, kaum
will er sich zur Erfüllung regen,
halte ich schnell, fast scheu, mich wieder fern,
als müsse ich den Zauber hegen,
der ihn umgibt, wie einen fremden Stern.

Denn vieles, was so zart und leise
uns wartend glücklich werden lässt, vergeht,
wenn seine wundersame Weise
im grauen Licht des Alltags nicht besteht.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Erntedank-Gebet II

Herr, Gott, wir danken dir für deine Güte,
für dieses Leben, das du täglich gibst,
der Erde Schönheit, ihre Wunder, Blüte
und Frucht, sichtbare Zeichen, wie du liebst.

Uns, die wir schwach, gewähr’ in deiner Gnade
die Kraft, im rechten Sinn dein Werk zu hegen,
damit wir achten hier des Lebens Pfade;
lass’ uns erkennen, wählen wahre Wege!

Stärk’ uns im Glauben, Demut uns begleite,
wo wir auf Erden herrschen und gestalten,
dass nicht die Gier, der Hochmut uns verleite,
hier deine Schöpfung tödlich zu verwalten!

Bewahren, was dein göttlich’ Wort uns hieß,
Mensch und Natur, dies’ irdisch’ Paradies.

© Ingrid Herta Drewing

Schönes Blatt

Hier in meinen stillen Morgen
schwebte sanft dies‘ Amberblatt,
das vor kurzem noch geborgen
dort am Baum gebaumelt hat.

Unbändig mit seinen Schwestern
konnt‘ es hoch in Lüfte steigen,
als der Wirbelwind sie gestern
wild geholt in seinen Reigen.

Kurz war er, der Tanz des Blattes,
blieb im Hof bald reglos liegen,
doch ein leichter Wind heut‘ hat es,
goldenrot, gelockt zu fliegen.

Sorgsam will ich es bewahren,
ihm dies Farbgesicht erhalten
in dem dicken Buch; nach Jahren
wird’s beim Anblick Freud‘ entfalten.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Vergangene Mode

In Schränken gehortet die Mode-Hüllen,
so vieler Jahre vergangenes Leben
und Leid, auch Träume, oft nah dem Erfüllen,
ein bergender Schutz bei misslungenem Streben.

Bestandsaufnahme: Der Herbst lässt dich ahnen,
dass bald dir die Winterwolle nur bleibt.
Du siehst jetzt im Blätter-Welken dies‘ Mahnen,
das auch alle Eitelkeiten vertreibt.

Bleibst treu dem Bewährten, wählst vorsichtig aus.
Kein Überschwang plagt dich trotzig, vermessen.
Obwohl du der Zukunft verschließt nicht dein Haus,
bewahrst du erinnernd vor falschem Vergessen.

Und rückblickend wird dir wohl vieles bewusst.
Das kann dich schützen vor Kummer und Frust.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Weihnachtsgedanken

Es mag nicht sein, dass dies nur Ritual,
das festlich kurz des Alltags Grau durchbricht,
ein Träumen nur im Glanz des Kerzenlichts,
üppig bedacht, die Gans zum Festtagsmahl.

Es gilt, die Liebe, die uns ward, zu schenken,
dem Nächsten, der uns braucht, auch übers Jahr.
Mit wachem Blick zu sehen und zu denken,
die Fackel sein, im Dunkeln leuchten klar.

Das heißt, zu schützen diese schöne Erde,
den Schwachen helfen, auch in Leid und Not,
damit die Welt geeint und friedlich werde,
und jeder habe dann sein täglich’ Brot.

© Ingrid Herta Drewing