Zu Hause

Geschlossen sind die Fenster,
denn Sturmwind fegt ums Haus,
reißt nassen Baumgespenstern
die letzten Blätter aus.

Lässt hoch in Lüften tanzen,
was unlängst golden, satt
an Baum und Busch den Pflanzen
als Zier gegolten hat.

Da fliehen selbst die Krähen,
die sonst kein Wetter schreckt.
Sie suchen und erspähen
in Nischen ihr Versteck.

Der Himmel, grau verschattet,
nimmt Wolken in die Pflicht,
und Sonne, nun ermattet,
gewährt nur trübes Licht.

Du bist zu Haus geborgen,
wo Feuer, Liebe wärmt,
und im Kamin am Morgen
schon rot die Flamme schwärmt.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Schönes Blatt

Hier in meinen stillen Morgen
schwebte sanft dies‘ Amberblatt,
das vor kurzem noch geborgen
dort am Baum gebaumelt hat.

Unbändig mit seinen Schwestern
konnt‘ es hoch in Lüfte steigen,
als der Wirbelwind sie gestern
wild geholt in seinen Reigen.

Kurz war er, der Tanz des Blattes,
blieb im Hof bald reglos liegen,
doch ein leichter Wind heut‘ hat es,
goldenrot, gelockt zu fliegen.

Sorgsam will ich es bewahren,
ihm dies Farbgesicht erhalten
in dem dicken Buch; nach Jahren
wird’s beim Anblick Freud‘ entfalten.

© Ingrid Herta Drewing,2013