Im Blickpunkt

Ja, vieles, was wir auf der Welt bestaunen,
hat Wert nur für die Stunde und den Tag,
für kurze Zeit ins Licht gestellte Launen,
ein Strohfeuer, das wer entzünden mag.

Was lange währt, wächst meistens still, verborgen
und zeigt bescheiden sich trotz seiner Kraft,
sich zu verschenken, widmend auch dem Morgen,
weicht es auch Schwerem nicht, wenn es erschafft.

So viele Künstler, Forscher und Gelehrte,
im Schatten wirkten sie in ihrer Zeit.
Ihr Werk, das in der Güte sich bewährte,
steht für die Menschheit heute noch bereit.

Wer schärft den Blick uns, lehrt uns, was gediegen,
damit wir nicht der Mode Wahn erliegen?

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,
Wiesbaden, Schillerdenkmal vor dem Staatstheater

Blick aus dem Fenster

Ein kühler Tag, auf dessen blauer Bühne
der Wind verwegen mit dem Rauche spielt,
der zart gekräuselt steigt aus den Kaminen
und weiß in Tanzfiguren Sonne fühlt.

Sie steigen, neigen, wirbeln sich im Kreise
und schrauben hoch und höher Pirouetten,
um bald darauf in wundersamer Weise
sich leicht zu lösen von der Wirkungsstätte.

Verlieren sanft sich in des Himmels Höhe,
ein Wölkchen schwebt noch hell im Mittagslicht,
das schließlich auch entwächst des Blickes Spähen,
wenn Wind es trägt aus der begrenzten Sicht.

Was immer auch verlässt der Bühne Ort,
es wirkt gewiss an andrer Stelle fort.

Ingrid Herta Drewing