In der Stille

Nur in der Stille höre ich die Klänge,
die sich in Worten, Versen fügen zum Gedicht,
sich selbst befreiend aus der Prosa Länge.
Gehorchend ihrem Fluss, der Bilder Drängen
erkenn‘ ich ihr poetisches Gesicht.

Als ob mir eine Stimme so verkünde,
hier singend, ihre zarte Melodie;
mir fremd, bekannt, ein sehnsuchtsvolles Finden
von Worten, die ich still verstünde,
die mich beglücken tief in Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing

Muttertagsblumen

Der Flieder und die Tulpen hier im Park,
die sind gewiss am Morgen dezimiert.
So manches Bürschchen, das im Klettern stark,
dringt ein, pflückt sich den Strauß für Muttertag
weil ihn die leere Börse hat schockiert.

Die Mutter freut sich alle Jahre wieder,
glaubt, dass ihr Sprössling sich was angespart,
ihr dankt in seiner liebevollen Art,
und wundert sich, dass er so höflich, bieder
ohne Papier den Strauß ihr schenkt, apart.

So meint der Sohn dann auch, zur Promenade
sei heut’ der Park wohl nicht der rechte Ort;
da trieben zu viel Jogger ihren Sport.
Viel schöner sei ’s doch an des Sees Gestade,
und überzeugend lockt er Mutter fort.

Drum, Mütter, schätzt die Blumen auf Papier,
das kleine, bunte, selbst gemalte Bild,
auch wenn’s im Farbenspiel schier überquillt!
Das ist noch wahre Kindesliebe hier,
die mit Geduld und Herz dies’ Blatt gefüllt.

© Ingrid Herta Drewing

Lyrisch dichten

Wer dichtet, ist verliebt in schöne Klänge
und spielt beherzt mit Worten, Bildern, Träumen.
Es trägt die Phantasie ihn aus der Enge
des Alltags in ihr Reich, lässt Zeit versäumen.

Archaisch, fast in Trance, ein Meditieren,
geleitet sanft von milden Melodien.
Der Lyra Saiten lassen süß verlieren,
was wir im Zwang des Tages ernst bemühen.

Es sind die lichten, frohen Bilder, Worte,
die uns entführen, schenken, Kraft und Ton.
Geöffnet scheinen des Elysiums Pforten;
beglückt erfährt ’s der Musen Tochter, Sohn.

Und wer dann schreibend seine Verse spricht,
erliegt dem zarten Zauber des Gedichts.

© Ingrid Herta Drewing

Dichter

Ging ’s mir um Bilder nur, dann wär’ ich Maler.
Zählten Gedanken nur, wär’ ich wohl Philosoph,
wär’ wichtig nur Musik, ein Komponist.

Doch pack’ ich alle drei in eine Kist’,
lass den drei Weisen sein nur ein Gesicht
und wirk’ mit Worten, Bildern, Klängen,
mir mein Gedicht.

© Ingrid Herta Drewing

Sprache

Ich mag die Sprache, wenn sie deutlich, schlicht
Gegebenheiten wahr und klar uns nennt,
anschaulich schön in Klängen, Bildern spricht,
und nicht versteift, nur das Abstrakte kennt.

Wer gern mit Aufwertwörtern Verse spickt
und glaubt, dies sei poetisches Gestalten,
wird, wenn die Poesie die Blüten pflückt,
Sprachhülsensträuße in den Händen halten.

Nicht dies geschraubte Stelzen schenkt den Sieg.
Was lyrisch ist, beglückt uns auch als Lied.
Die Melodie in ihren Bann uns zieht,
wir sehen fühlend, hören die Musik.

Denn Sprache lebt im Licht der Poesie,
wenn Bild, Gedanke, Klang in Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing