Vormittag am Strand

Es weht der Wind mir Schleier vor den Blick;
mein langes Haar geriet in seine Fänge.
Auflandig strömt er, wirbelnd wie verzwickt,
befreit, was leicht sich löst aus engen Zwängen.

Da stieben Möwen schreiend über Land.
Die Dünen rauchen, wo Strandhafer fehlt.
Auf meinen Lippen fühl’ ich feinen Sand,
und dort im Lee der Hügel Hitze schwelt.

Die Sommersonne bald im Mittag steht,
und auf dem Meer blinkt gleißend hell das Licht.
Es wächst der Strand, denn mit der Ebbe geht
das Wasser, bis es wieder flutend spricht.

Und ich spaziere hier durch Niedrigwasser hin,
den Strand entlang, und frön’ dem Sammlersinn.

© Ingrid Herta Drewing

Mai-Abend in Münsters Rieselfeldern

Rotgolden sinkt die Sonne nun,
schenkt Abendglanz dem See.
Die Enten, Gänse, Schwäne ruhn
im Zauber aus der Höh’.

Die Küken kuscheln sich im Nest;
in sichrer Hut der Schwingen
der Mutter schlafen sie bald fest,
was auch die Nacht mag bringen.

Sogar die Möwen still nun sind,
die sonst laut eifernd schreien.
Im Schilf sirrt sanft der Abendwind,
wiegt Vogelkinder zart und lind,
die träumend hier gedeihen.

© Ingrid Herta Drewing