Herbstbilder

Ja, ich weiß es, Herbststurm, Früchte, Blätter,
das sind Bilder, tausendfach belichtet.
mancher fände es wohl sicher netter,
wenn den Herbst man nicht mehr so bedichtet’.

Dennoch trägt mir stets dann im Oktober
die Natur, ganz ungefragt, die Bilder an,
wenn der Blätter prächtiges Zinnober
in Alleen und Gärten glühend singen kann.

Und ich lasse mich dazu verleiten,
schier von diesem Anblick farbentrunken,
was ich sehe, reimend zu begleiten,
nicht beachtend ein poetisch’ Unken.

Werde Impressionen, die beglücken,
wieder aus des Herbstes Bäumen pflücken.

© Ingrid Herta Drewing

Poetische Überfälle

Als sei in meinem Hirn ein Ort entstanden,
an welchem Bilder, Verse, Reime blühen,
die mir im Ohre klingen, bis sie landen
auf dem Papier, geschrieben ohne Mühe.

Wie Quellen, die aus Felsen plötzlich springen,
so sprudeln mir die Worte in den Sinn.
Es ist, als ob in mir die Sprache singe
und leichthin sage, was zu schreiben hin.

Wie eine Sucht, ich kann mich kaum erwehren,
so stürzen Reime, Verse auf mich ein,
als wolle wer ein volles Fass entleeren,
bevor er ’s rollt in seinen Keller rein.

Wie kann man es erahnen, auch ermessen,
was sich geheimnisvoll zuweilen zeigt.
Lässt doch Vernunft die Wunder meist vergessen,
wenn sie sich nüchtern über ’s Leben neigt.

„Wer lässt sich denn von Worten so betören“,
fragt sie, „sich Zeit und Sinne rauben gar,
dass er, fast Sprachrohr nur, sanft mag beschwören,
was lebt, in Versen fühlt, poetisch? Narr!“

Ein Spiel ist wohl mein süchtig’ Dichten nur,
das mich schon früh am Morgen wirken lässt;
und doch, was in mir klingt, der Verse Spur,
das hält mich wunderbar umfangen, fest.

Ingrid Herta Drewing