Eremit

Vergebens manchen Weg beschritten,
getragen nutzlos schwere Last,
doch was du auch erfahren hast,
du fandest immer deine Mitte,
warst gerne hier der Erde Gast.

Beglückt hat dich Natur, ihr Weben
am Meer, in Bergen, Wäldern, Wiesen,
an Bächen, Flüssen; brausend, fließend,
so liebtest du es, dieses Leben,
verstandest es, still zu genießen.

Man liebte dich, dein freundlich Wesen
nahm schnell die Menschen für dich ein.
Darum warst du fast nie allein,
obschon du ’s manchmal gern gewesen
in deinem turbulenten Sein.

Doch als dann Stille dich umfing,
da war ’s, als sollt’ ein Licht verglimmen;
du sehntest dich nach lieben Stimmen,
der Kinder Blick, der an dir hing.
Neu musstest du dein Leben trimmen.

Und fandest einsam in der Klause
den sanften Ton, das helle Lied,
ein weises Sinnen; dein Gemüt,
es ruhte in sich, kam nach Hause,
dorthin, wo alle Liebe blüht.

© Ingrid Herta Drewing

Schattenwelt

Sie hören
das Gras wachsen
und sehen
die Wiese nicht.

Sie kaufen
Plastikblumen,
reinigen sie
regelmäßig.

Sie platzieren
Porzellanpuppen
artig
auf dem Sofa
und bemerken nicht,
dass sie bereits
tot sind.

© Ingrid Herta Drewing

November

Schwarzbefrackte kahle Bäume
stehen nass in den Alleen.
Nebel löscht die Farbenträume
schweigend im Vorübergehn.

Und die Häuser, müd und leise,
ducken sich im Nebelhauch.
Einsam klingt der Krähen Weise,
überm Dache kriecht der Rauch.

© Ingrid Herta Drewing

Einsam

Nebliger Morgen.
Der Krähe krächzender Ruf
bleibt ohne Antwort.

© Ingrid Herta Drewing

Zurückgezogen

Dass du noch lebst, lässt wirklich mich erstaunen.
Es schlägt dein Herz so langsam nur im Takt,
als folge es jetzt eines Traumes Laune
und wäre sanft in Watte eingepackt.

Als rührten hier nun alle Sensationen
dich nicht mehr; sanft in weichen Schnee gehüllt,
im Winterschlaf vermeidend die Aktionen,
dass nichts, wie sonst, vor Freude überquillt.

Doch du bist wach, nimmst diese Welt wohl wahr;
dein blauer Blick erschaut hier alles klar,
und dennoch wahrst du auch Distanz zum Leben.

In deiner Einsamkeit, die keiner sah,
bist du gedanklich aber vielem nah
und lächelnd auch bereit, dich hinzugeben.

Ingrid Herta Drewing