Die gestickte Buchhülle

In Perlgarn glänzen auf Stramin die Reihen,
ein Farbenmuster liebevoll gestickt.
Der Anblick dieser Hülle will verleihen
mir die Erinnerung, den Blick zurück.

Ich hatte sie gestickt als Weihnachtsgabe
sehr viele Wochen, heimlich in der Nacht,
und Mutter freute sich an Heiligabend,
als ich ihr dies Geschenk dann überbracht.

Jahrzehnte hüllte sie gar viele Bücher
auf Reisen und zu Hause sorgsam ein,
lag auf dem Nachttisch neben weißen Tüchern,
ja Mutter hütete sie wirklich fein.

Nun halte ich sie trauernd in der Hand,
der Mutterliebe schönes Unterpfand.

Ingrid Herta Drewing

Muttertag

Dir, liebe Mutter, wollen wir heut’ danken
für deine Liebe, Hilfe und Geduld.
Du hast uns stets gestützt, wenn wir im Wanken,
sprachst nie von Dankbarkeit und unsrer Schuld.

Zwar braucht ’s zum Danken nicht den Muttertag,
wir sind uns ja im ganzen Jahr sehr nah,
und dennoch freut es uns, ganz ohne Frag’,
dass der besondre Tag für dich ist da.

Weilst du doch nun in deiner Kinder Kreise,
die alle hier um dich versammelt sind.
Erwachsen sind wir, doch auf liebe Weise
erinnern wir uns an die Zeit als Kind.

Wir pflückten Gänseblümchen auf der Wiese,
und überreichten dir den kleinen Strauß,
die selbst gemalten Bilder; An Elise
ward auch für dich geübt, heimlich im Haus.

Jetzt sind ’s die Enkel schon, die Blümchen bringen,
die freudig präsentieren dir ihr Bild
und zart ein liebes Liedchen für dich singen.
Du nimmst sie in den Arm und lächelst mild.

Wir, die wir selbst jetzt Mütter, wissen heute
um Freud und Leid, hautnah um Kinderglück.
Du hast es uns gelehrt, denn deine Freude,
sie strahlt wohl auch durch uns nun hell zurück.

Ingrid Herta Drewing

Verwaiste Mutter

Fest hielt ich dich an meiner Hand,
jedoch die Welle riss dich fort.
Nun irre ich durch dieses Land,
durchsuche nach dir Ort für Ort.

Dort ,wo wir wohnten, Heimat, Haus,
seh’ ich nur Schutt, ein Trümmermeer.
Ich steh verkrampft, vor Kummer leer,
und kenne mich hier kaum noch aus.

Wo kann ich dich nur wiederfinden?
Mir ist, als sei mein Herz zerrissen.
Wie könnte ich es je verwinden,
wenn ich dich immer müsste missen?

Habe dein Püppchen heut’ gefunden;
Ach, wiegtest du es noch im Arm!
Mein Kind, mein Liebstes, käm’ doch Kunde,
dass du geborgen bist ganz warm!

Ingrid Herta Drewing