Archive for the Category Erinnerungen

 
 

Kraniche

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Es zogen Kraniche nach Süden,

und träumend folgtest du dem Zug

mit einem Blick, der nimmermüde

viel Fernweh, Sehnsucht in sich trug.


Du sahst vor dir die Palmenhaine,

den wilden Fels’ am blauen Meer

und auch am Hang versteckt das kleine,

weiß strahlend’, schöne Haus, so hehr.


Zu gerne wärst du mitgezogen,

wärst du nur wie ein Vogel frei.

Bist in Gedanken fort geflogen,

entflohst kurz grauem Einerlei.

Ingrid  Herta Drewing

Orte der Erinnerung

Zwischen Buchs und Malvenhecken

spielten früher wir Verstecken,

freudig aufgeregt.

Heute, noch bewegt,

folge ich den Kindheitswegen,

träume von der Zeit, dem Segen,

liebevoll gehegt


Und am Tor, dort in die Linde,

schnittest du tief in die Rinde

unser Zeichen ein,

sollt’ für immer sein.

Ja, das Herz, es ist geblieben,

aber unser beider Lieben

passte nimmer rein.


Jetzt noch rührt mich leises Schauern

und der Wehmut zartes Trauern,

fühl noch deinen Kuss,

als ein fernes Muss

uns das Abschied nehmen lehrte.

Nähe, die wir so begehrten

fand hier ihren Schluss.

Ingrid Drewing

Sommernostalgie

Oh sing mir Wind! Sing in den Wiesen

dein Lied, die Gräser flirren lind,

den Sonnenmittag zu begrüßen!

Der Lerche Sang, dem hellen süßen,

lauschte ich träumend schon als Kind.


Aus Wiesenblumen einen Kranz

flocht ich, trug ihn als Krone, Zier.

Und Elfen luden mich zum Tanz,

vor Glück war ich benommen ganz

im Spiel der Phantasie mit mir.


Oh sing mir Wind die alten Lieder!

Ein süßes Weh mein Herz bewegt,

lausch längst vergangnen Klängen wieder

und lass’ mich sanft im Grase nieder,

erfühle, was ich einst gehegt.

Ingrid Drewing

Mamale

Mein Mamale, nun jährt sich wieder
der Tag,an dem du von uns gingst.
Dein Grab geschmückt mit weißem Flieder,
an dem du so im Frühling hingst.

Noch heute sehe ich dich lächeln,
wenn wir dir diese Blüten brachten,
den Duft dir in die Nase fächeln,
wie wir gemeinsam scherzten, lachten.

Dein Leben nach dem Krieg nicht leicht,
doch fühlten wir die Schwere nie,
hast mit Humor es stets erreicht,
sangst deine Liebesmelodie.

Stark warst du ,und dein Herz voll Güte
wies uns die Ehrlichkeit als Weg.
Wir lernten, dass vor Frucht und Blüte
des Lebens Müh und Arbeit steht.

Du schenktest uns das Urvertrauen,
den Glauben, Lieben und Verzeihen.
Wir konnten immer auf dich bauen
und fühlten niemals uns allein.

Mein Mamale, nun steh ich weder,
um dir zu danken, still am Grab
und sage dir mit weißem Flieder,
wie lieb, wie lieb ich dich noch hab.

Ingrid Drewing

Vergissmeinnicht

Vergissmeinnicht, du blauer Stern,

der dort am Bach die Wiese ziert,

dein Lächeln grüßt mich schon von fern,

eh sich der Blick im Blau verliert.

Ja, dort, es bleibt mir unvergessen,

hab’ einst im Frühling mit Marie

ich traulich lieb am Bach gesessen.

„Vergiss mein nicht!“, so sagte sie.


„Wenn in der Heimat bist zurück,

die du verlässt für lange Zeit,

ich einen Blütenstrauß dir pflück,

erwart’ dich hier im Festtagskleid.“


Vergissmeinnicht, du blauer Stern,

nun zierst du auch ihr kühles Grab.

Ach, ich würd’ sagen ihr so gern,

dass ich sie nie vergessen hab’.


Ingrid Drewing

Erinnerungen

Der Frühling hebt den Mantel des Vergessens
und weckt Erinnerungen, tief verborgen,
von Hoffen, Lieben, Sehnen ,Sorgen
und Glück, das einstmals kaum ermessen.

So sanft im Spiegel gaukelt er der Seele
nun neu erblühend vor vergangnes Glück,
und altes Weh schmerzt süß dir in der Kehle.
Was einst so weit, ist wieder nah gerückt.

Wer immer auch dem Zauber ist erlegen,
den dieses neue Werden uns verspricht,
dem ist der Blick der Hoffnung stets zugegen
und Sehnsucht nach der Liebe hellem Licht.

Ingrid Drewing