Archive for Januar 2010

 
 

Frühjahr

Schnöckchen

Die Sonne streichelt

das kahle Haupt des Winters.

Eiszapfen weinen.

Erste Schneeglöckchen

dort im Vorgarten läuten

zart den Frühling ein.

Ingrid Herta Drewing

Spatzenlied

DSCI0001

Es sucht Frau Spatz den schönen Platz
zum Nisten und zum Brüten.
Doch Kisten hier und Tüten
sind kein Ersatz, drum geht die Hatz
dorthin, wo Bäume blühten.

Im letzten Frühling, Anfang März,
traf sie Herrn Spatz, es flog ihr Herz
ihm zu, und sie sich mühten
bald um die liebe Kinderschar.
So ist das Paar jetzt wieder da,
und sie sich nicht verfrühten

Die Nachbarn sind schon etabliert.
und mancher schwelgt, hat Zaster,
ein Swimmingpool; ganz arriviert,
thront protzend auf dem Ast er.

Die Spätzin, neidvoll angetan,
möcht’ wie der Nachbar leben
und ab und zu ’ne kleine Bahn
so übers Pool hin schweben.

Spatz sagt zu ihr:“ Sieh diese Dose,
die reicht uns doch zum Bade!“
„ Dir fehlt ein Knopf an deiner Hose!
Ich bin doch keine Made.
Bevor ich in die Brühe hüpfe,
ich in das Nest zu Meisi schlüpfe!“

Und da Herr Spatz so knapp bei Kasse,
hat sie ihn dann links fliegen lassen.

Ingrid Herta Drewing

(Inspiriert von

Ingmar Drewings

„Neighbours“, Nightly Sketch 84

20. Januar 2010,  http://www.drewing.de)

Reimneigung

Es fließt aus mir der Reime Schwall,

kann mich fast nicht erwehren,

und dennoch les’ ich überall

sollt’ ohne sie gebären

der Worte Dichte, Chiffren, Bilder.

Jedoch der Reim, er stimmt mich milder.

Er ist bewegt auf Partnersuche

will lieber zweisam bleiben,

geht auch gekreuzt, umfasst zu Buche,

drängt mich, ich soll ihn schreiben

als Endreim einer schönen Zeile,

damit er versfroh nun verweile.

Sagt mir, warum sollt’ ich ihn nur

aus dem Gedicht verbannen!

Ich folge gern des Klanges Spur,

der taktvoll zieht von dannen.

Doch Bilderdichte, wenn sie glückt,

mich dann dabei noch mehr entzückt.

Ingrid Herta Drewing

Phönix

Kapuzi

Im Winternest hast du dich tief verkrochen,
entfliehst der Kälte für geraume Zeit
und hältst dich dennoch jederzeit bereit,
da du dein Wort gegeben, Licht versprochen.

Sobald der Sonne Gold die Auen streift,
wagt sich dein heller Blick sanft über Hügel,
du streckst und spreizt die wintermüden Flügel
zum Flug, der in die blauen Höhen greift.

Und landest leicht sodann nach langem Schweifen.
Erblühend rötet sich nach zartem Kuss
im Blütenkleid für dich die Zaubernuss
und lässt die sanften Frühjahrsträume reifen.

Im Frühlingsfeuer hält dein Flammenkleid
des Lebens Liebe strahlend schön bereit.

Ingrid Herta Drewing

Tauwettter

Den Schnee, der neulich in der Nacht
in Fülle war gefallen
in seiner weißen, weichen Pracht,
hat nun mit seiner klaren Macht
der Regen fast ganz weggebracht,
und dies missfällt uns allen.

Vereinzelt grüßen weiße Inseln
im grauen Matsch der Gassen,
als habe eines Malers Pinsel,
beeindruckt durch des Schnees Gewinsel,
neben dem dunklen Farbgerinnsel
sie in dem Bilde noch belassen.

Da tröstet kaum der milde Wind,
der heute aus Südwesten weht.
Und traurig sieht so manches Kind
den Schlitten an im Keller-Spind
und seine Ski, die auch dort sind.
Wie schnell des Winters Freud’ vergeht!

Ingrid Herta Drewing

Schnupfengespenst

Foto4

Der Schnupfengeist, der geht jetzt um,
spukt grässlich in den Gassen.
Wenn du ihn hörst, dreh dich nicht um,
sonst wird er dich erfassen!

Er wandert mit dem Virensack
sehr gern in Nebels Kühle.
Doch trägt er ihn auch huckepack
herum bei müder Schwüle.

Zwar ruft er manchmal zart „Pittschüü!“
Doch lass’ dich nicht bestechen!
Wenn er dich fängt, entkommst du nie
und musst ihm dann entsprechen.

Fast vierzehn Tage lässt er dich
dann niesen,deine Nase
verstopft er, rot glänzt sie für sich,
du wirst ein kranker Hase.

Drum achte auf den Schnupfengeist,
der umgeht in den Gassen.
Ich sag’ es dir, damit du’s weißt,
kannst dich darauf verlassen.

Ingrid Herta Drewing

Verheißung

Es wächst die Einsamkeit

hoch in den Sternenmond,

die fahle Efeuranke an der Mauer

im Staub der müden Zeit,

die allem innewohnt.

Im Wald verloren trägt das Leben Trauer.

Die Blätter jener Bäume,

die im zarten Grünen,

jäh unterbrochen, auf die Erde fielen,

und alle Hoffnungsträume,

die dahin mit ihnen,

nun in des Kosmos’ großem Kreislauf spielen.

Da sei ein Wiederkehren

in anderer Gestalt,

erzählt die Mär. Das dunkle Raunen

verheißt dies Licht, das hehre.

Es möge scheinen bald,

wovon der Weise spricht mit  Staunen.

Ingrid Herta Drewing

Situationsbedingt

Ein neuer Tag ruft dich heraus ins Leben.
Noch grummelst du, zu kurz war dir die Nacht,
und fragst rhetorisch sinnend beim Erheben,
wer sich nur hat die Arbeit ausgedacht.

Ein andrer würde gerne mit dir tauschen,
der arbeitslos seit Wochen und bedacht,
’nen Arbeitplatz zu finden, bitter lacht’
könnt’ er dich jetzt beim Schimpfen so belauschen.

So ist doch vieles hier sehr relativ,
oft ändern sich der Blick und das Verstehen.
Was uns zunächst scheint hässlich, schief,
lernt man wie Pisas Turm erstaunt zu sehen.

Ingrid Herta Drewing

Winternebel

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Ein müder Morgen tritt auf Tages Schwelle,

in grauem Kleid mit tristem Angesicht.

Die Hoffnung auf der Sonne warme Helle

erstirbt im milchig weißen Nebellicht.

Tief im Dornröschenschlaf liegt noch die Welt.

Die Nebelhecken wachsen hoch, umschließen

das Haus; sogar der Farbe Fülle fällt.

Kein Strahl will uns hier von der Sonne grüßen.

Wo ist der Frühlingsprinz, der kann erlösen

mit seinem Liebeskuss die kleine Welt,

sie holt aus diesem Graugespinst des Dösens,

damit sie lebhaft, farbig uns gefällt.

Ingrid Herta Drewing

Lärmbelästigung

Mietwohnung,
hellhörige Bleibe,
jeder Schritt hörbar,
die Nachbarn zu nahe,
Enge.

Klavier,
ständig Etüden!
Du hörst mit.
Jetzt kommt der Fehler!
Missgriff

Dröhnen
Lautstarkes Vibrieren,
Rotieren der Waschmaschine.
Es zittern die Wände.
Belästigung

Endlich!
Lärm beendet!
Aufatmen darfst du,
wohltuend empfindest du sie,
Stille

Ingrid Herta Drewing