Archive for August 2009

 
 

Dein Blick

Als hätte mich der Sonne Strahl gefunden

und aufgeweckt zu hellen Lebensstunden,

so war mir, als ich dich heut Morgen sah;

dort in der U-Bahn warst du mir so nah.


Du sahst mich an, mir zitterten die Hände,

als ich dir deinen Fahrschein gab zurück.

Du danktest mir, bald stiegst du aus behände

und schenktest lächelnd mir den Abschiedsblick.


Als hätte mich die Sonne sanft gefunden

und aufgeweckt zu hellen Lebensstunden,

so war mir, als ich dich heut Morgen sah.

Du und dein Blick, ihr seid mir immer noch so nah.

Ingrid Drewing

Fremde Pflanze

Du fremde Pflanze, dort in meinem Blumenbeet,

kamst ungebeten, hab’ dich nicht gesät.

So weiß ich nicht, woher und was du bist;

kamst mit dem Wind, vielleicht als Vogelmist?


Ich seh’ dich wachsen hoch in deinem Grün,

hoff’ dein Geheimnis lüftest du im Blüh’n.

Doch scheint mir, deine Blätter sind schon Blüte,

neunfingrig, wie ein Schirm zentriert, in Güte.


Würd’ deinen Namen gar zu gerne wissen,

suchte im Internet, in Büchern schon beflissen;

hab’ nichts gefunden, was mir Auskunft gibt.

Dann sei halt so geheimnisvoll geliebt!

Ingrid Drewing

Vollmondnacht im Süden

Des Mondes Silber schimmert auf den Wellen,

taucht eine blaue Nacht in Zauberlicht;

unwirklich zieht dies magische Erhellen

dich in den Bann, der Träume dir verspricht.


Wenn hier nun Nixen sanft ans Ufer kämen,

du würdest ihnen ungefragt vertrauen

und ihnen folgen, so sie dich mitnähmen,

ihr Schloss dort auf dem Meeresgrund zu schauen.


In dieser Sternennacht verspricht der Süden

dem Kind des Nordens seine Sinnenwelt,

der Duft der Myrthen und Orangenblüten

liegt lieblich in der milden Luft, gefällt.

Ingrid Drewing

Sommers Ende

Nun ist sie schon nach Süden weggeflogen,
die Mauerseglerschar in ihrer Pracht.
Der Abend scheint mir nicht mehr so gewogen;
mir fehlt ihr Schwirren vor Beginn der Nacht.

Ihr Wegflug weist schon auf des Sommers Ende,
obwohl er schwelend sich gefällt in Glut.
Die Frage, wer die Abschiedsbriefe sende,
verdrängt er lächelnd noch einstweilen gut.

Nach dem Kalender sind es noch vier Wochen,
die er mit Sonnenliedern für uns füllt.
Wir hoffen, dass er hält, was da versprochen,
bevor er sich in Reisekleidung hüllt.

So lasst uns denn das, was uns bleibt, besingen,
genießen jeden schönen, hellen Tag!
Wir selbst erschauen Glanz in allen Dingen,
verleihen ihm Bedeutung ohne Frag’.

Ingrid Drewing

Zeichensetzung

Zwei Sätze , ungebunden,

die hatten sich gefunden.

Es wurde hin und hergefunkt,

doch dabei störte sehr der Punkt.

Und auch das Komma, wie man sah,

war ihnen nicht willkommen da .

Jedoch wollten die Zeichen

von ihrem Platz nicht weichen.

So bildeten sie eine Brücke,

schlossen gemeinsam die Lücke.


Einigkeit hat ihren Lohn,

sie grüßten als

Semikolon.

Sommermittag

Der Mittag spreizt die blauen Flügel,

gönnt sanft dem Leben etwas Ruh’,

und Sonne strahlt hoch überm Hügel,

schaut lächelnd der Idylle zu.


Sieht Vögel auf Kaminen sitzen,

die Katzen auf Gesimsen ruhen,

Eidechsen in den Felsenritzen

und Bienentanz in Pollenschuhen.


Der Mensch, der sonst auf Sonn’ versessen,

geruhsam döst im Schatten jetzt.

Die Hitze mag er gern vergessen,

liebt Wasser, das ihn kühl benetzt.


Und leise Wind rauscht in den Bäumen,

von fern erklingt ein Flötenlied.

Pan weckt der Sehnsucht süße Träume,

ein Klang, der sanft zum Himmel zieht.

Ingrid Drewing

Sprachlos

Schon dreimal war er um den Block gefahren. Wie sollte er es ihr nur sagen?
Der sichere Arbeitsplatz, wie sie ihn alle Jahre genannt hatten, den gab es nicht mehr, betriebsbedingte Kündigung! Seit drei Monaten schleppte er diese Bürde mit sich herum, belog er sie, indem er morgens, wie gewohnt , um sechs Uhr aus dem Haus ging und die vermeintlichen 35 km zur Arbeit fuhr. Stattdessen bemühte er sich darum, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Von seinem Sparbuch, das er für besondere Überraschungen , Geburtstage, Weihnachten und Urlaub heimlich angelegt hatte, überwies er regelmäßig Beträge in der Höhe seines Monatsgehalts auf das gemeinsame Konto. Ja, er hatte an alles gedacht.
Er wollte es ihr erst dann beichten, wenn er wieder eine neue Anstellung hatte.Vor kurzem war sie von einer schweren Krankheit genesen, wie konnte er ihr da mit dieser Hiobsbotschaft kommen.
„In ihrem Alter wird es schwer sein, in diesem ohnehin strukturschwachen Raum einen neuen Arbeitsplatz in ihrem Beruf zu finden“, hatte man ihm unmissverständlich gesagt. 45 Jahre und zu alt! Hatte er nicht all die Jahre hervorragende Arbeit geleistet, und nun waren plötzlich nur noch Zwanzigjährige gefragt! Das soll mal einer verstehen!
Aber alles Sinnieren nutzte nichts, er musste sich eingestehen, dass er hier so schnell keine neue Arbeit finden würde. Er musste es seiner Frau endlich sagen; denn die Raten für das Häuschen würden sie auch nicht weiter bezahlen können. Auch waren seine Ersparnisse fast aufgebraucht.
Langsam schloss er die Wohnungstür auf. Sie erwartete ihn bereits lächelnd am Tisch. “Schön, dass du etwas früher nach Hause gekommen bist. Die Kinder sind noch auf dem Sportfest; so sind wir ungestört.Setz dich doch bitte! Ich habe nämlich etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.“ „Ich auch mit dir“, sagte er leise und setzte sich zu ihr an den Tisch.“

Ingrid Drewing

Amsel

Schwarz befrackter Amselhahn dort auf dem Dache,

willst nun singen, stehst in Positur,

drehst dich schnell noch einmal um, doch nun entfache

bitte deine schöne Klangfigur!


Lampenfieber ist es nicht, weshalb du wartest.

Deine Lampe, Sonne, kennst du wohl,

und wenn du nach einem Zögern startest,

hast du hier das Sängermonopol.


Denn so lieblich wie dein Melodienreigen

klingt des Abends hier kein Vogelsang;

darfst dich ruhig ein wenig schüchtern zeigen,

hinterher beglückt uns heller Klang.

Ingrid Drewing

Hoffnung

Wo sie nicht ist, da gibt es kein Erbarmen.

Wer sie nicht kennt, hat richtig nie gelebt.

Wer sie verschmäht, der liegt in Todes Armen,

doch wer sie hegt, mit Engelsflügeln schwebt.


Die Hoffnung schenkt uns Kraft und Selbstvertrauen.

Sie trocknet Tränen, tröstet dich im Schmerz.

Sie lässt dich aufrecht gehend Zukunft schauen

und sät die Freude in das müde Herz.


Sie nährt des Lebens Quelle, und der Liebe

schreibt sie Vertrauen hell ins Angesicht.

Auch Schönheit, Poesie, dies alles bliebe,

der Hoffnung bar, nur Flimmern ohne Licht.

Ingrid Drewing

Grünfinken

Grünfinken wippen mit den Zweigen,

die wiegend sich im Winde neigen,

so federleicht sind sie

und fliegen flugs dann in die Höhe

zur Efeuwand, die in der Nähe

ein Haus begrünt, nun sieh!


Im grünen Blätterhaus versteckt,

die Finken man nur schwer entdeckt,

ihr Heim ist fein verwoben.

In ihrem schönen, kleinen Nest,

der Sonne nah, doch wetterfest,

sind sie gut aufgehoben.


Insekten gibt es hier und Pollen,

auch Regenwasser, wenn sie wollen;

der Tag lädt ein zum Fest.

So sorgt Natur für ihre Kinder.

Die Vogelmutter nun nicht minder

versorgt die Brut im Nest.

Ingrid Drewing