Archive for Juni 2009

 
 

Frühsommer

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Die Luft zart seidig, und Jasmin

verströmt berauschend süßen Duft.

Ich fühle, wie der Sommer ruft,

und sehe seine Blumen blühn.


Der Klatschmohn zündet rote Feuer

im Grün der Wiesenwogen an,

erweist sich jedes Jahr als treuer

Gespiele und als Malersmann.


Auch Klee mit rosa ,weißen Mützen

streckt keck das Köpfchen in die Höh’,

das Bienenvolk zu unterstützen,

das summend sucht in seiner Näh’.


Die Grille zirpt und Vögel singen;

die Jungen, flügge, halten Schritt.

Die ganze Welt scheint heut zu klingen,

strahlt hell im Sonnenscheine mit.

Ingrid Drewing

Wolkenbild

Hoch steht die Wolke überm Haus,

schneeweiß, so flauschig hell wie Watte.

Als lugt es aus den Federn raus,

grüßt freundlich, ziegelrot das Haus,

im Hintergrund das Blau, das satte.


Die Wolke nur für eine Weile

des Malers Blick gefangen nimmt,

dann wird sie schnell durch Windes Eile

als Zeichen einer neuen Zeile

in eine andre Form getrimmt.


Zieht weiter, würde ganz verschwinden,

gäb’s nicht dies Bild, das sie gebannt.

Ein Augenblick und ein Empfinden,

Natur und Mensch sich hier verbinden

in Kunst,ein Lebensunterpfand.

Ingrid Drewing

Wanderung

Wolkentag,

verstummend im Grau.

Verschlungen der Pfad

bergauf.

Kein Sonnenfinger,

kein Zephir

streicheln die Wange,

kräuseln das Wasser

des Sees,

flüstern zärtlich.

Nur

Wetterfichten im Nebel,

zerzaust.

Aber

im Sternenmantel die Nacht

hüllt mich ein,

und ein Feuer grüßt hell

in der Hütte.

Ingrid Drewing

Vollmondnacht

Gleich den grünen Efeuranken

winden sich in mir Gedanken

nächtens aufwärts hin.

Mag doch schlafen wie die Braven,

doch mir fehlt der Sinn.

Vollmond schaut mit großen Augen,

hält sehr lange aus.

Wie soll ich zum Schlafe taugen,

wenn er schleicht ins Haus?


Sagt: “Zieh’ mit mir, geh und reise,

ich zeig dir den Weg!“

Steh ich auf und gehe leise

auf den nahen Steg.


Höre dort die Frösche quaken,

toll vom Silberlicht.

Ja, sie können auch nicht schlafen!

Schuld des Mondgesichts.

Ingrid Drewing

Sonnentag

Ein Tag so hell, als habe man die Welt

geradewegs aus einem Ei gepellt,

so klar und rein, so frisch und mild die Luft

und reich erfüllt mit süßer Blüten Duft.

Der Himmel weit, erglänzt in zartem Blau,

in grünem Kleide grüßen Wald und Au.

Der Mensch, befreit, genießt den schönen Tag,

die gute Zeit, vergisst nun Müh und Plag.

Ingrid Drewing

Wind

Der Wind malt stürmisch seine Zeichen

für kurze Zeit in Baum und Strauch.

Bewegte Luft kann viel erreichen,

wir fühlen diese Wirkung auch.


Er blättert wild in unsren Büchern,

verschlägt die Seiten unerlaubt,

entfernt von Wäscheleinen Tücher,

und Hüte gar zu gern er raubt.


Nun, all dies kann mich nicht verdrießen,

sorgt er doch auch für frische Luft,

lässt uns die Sonne so genießen,

verbreitet weithin Blütenduft.


Fast jedes Ding hat ja zwei Seiten,

man nimmt die schlechte mit der schönen.

Das, was uns Freude kann bereiten,

wird uns mit Traurigem versöhnen

Ingrid Drewing

Dohlen

In schwarzem Frack mit grauer Weste,

und Silber ziert ihr Kopfgefieder,

reihen sich Dohlen unter Gäste

der Vögel, lassen sanft sich nieder.


Sie wirken würdig und gelassen,

wie sie gemessen halten Schritt.

Das Heubuffet lädt ein zum Prassen,

Insektencocktail ist der Hit.


Doch plötzlich, ein Geheimkommando,

vorbei scheint nun der Haltung Sinn,

ein wildes Flattern, Schreiparlando,

jetzt stiebt die Schar zum Kirschbaum hin.


Den Spiegel mir die Vögel geben.

Wir schreiten auch im Festtagskleid

und rennen wild um unser Leben,

wenn irgendeiner Feuer schreit.

Ingrid Drewing

Venedig

In einer Gondel ,nur wir beide,

Venedig lud uns dazu ein.

Der Abendsonne roter Schein,

ein Schimmern auf türkiser Seide

zog auf dem Canal Grande ein.


Der Gondoliere sang von Liebe

und schmolz dahin in Liedes Klang.

Dein Flüstern, das ans Ohr mir drang,

versprach, dass unsre Liebe bliebe

viel schöner und ein Leben lang.


Nun werden Gondeln Trauer tragen,

wie weh tut’s, dass ich dich verlor.

Ein Requiem klingt mir im Ohr.

Ich hätte dir noch viel zu sagen

und komm mir so verlassen vor.

Gräser

Die Gräser, die sich sanft im Winde wiegen,

sich selbst im Sturme nicht verbiegen,

stehn aufrecht in des Morgens Grau

und tragen Silberperlen, Tau.


Sie zeigen, nur wer nachgibt, wird auch stehen,

nicht brechen und zu Boden gehen

in dieses Lebens kurzem Lauf,

richtet sich schwankend wieder auf.

Ingrid Drewing

Westwind

Ein Wind aus West fährt durch die Bäume.

Er rüttelt, schüttelt sie gar fest,

weckt rau sie aus den Frühlingsträumen,

vorbei das zarte Blütenfest.


Und brausend saust er durch die Felder,

neckt wild die jungen Pflanzen dort,

springt sausend durch die grünen Wälder,

holt letztes Braun der Hölzer fort.


Den See lässt er in Wellen schäumen,

der Schwan gar flugs zum Ufer flieht,

der Fischer muss den Fang versäumen,

sein Boot er schnell an Land nun zieht.


Nach zwei, drei Tagen legt sich wieder

der Wind, und friedlich grüßt das Land.

Nun klingen hell der Vögel Lieder.

Es streichelt warm der Sonne Hand.

Ingrid Drewing