Archive for Juni 2010

 
 

Rechtzeitig

Was lebt, das sucht sich seine Zeit
und auch den Ort für seine Weile.
Wir Menschen, meistens nicht gescheit,
uns jagt des Tages Eitelkeit,
sind oft bedenkenlos in Eile.

Obwohl wir es doch wissen sollten,
dass alles, was so rasch entsteht,
noch eh’ es etwas hat gegolten,
längst als vergangen wird gescholten
und schnell im Tageslicht vergeht.

Nur was solide wird gebaut,
was wir gehegt und treu erschaut,
das wird uns auch beglücken.
Mag ’s auch die Zeit entrücken,
es bleibt uns innig lieb vertraut.

Ingrid Herta Drewing

Sommerlächeln

Der Sommer öffnet golden seine Pforten,
und in den Gärten duften die Reseden.
Es flüstern Rosenblüten allerorten
von Sehnsucht, Liebe, Glück; die zarten Worte,
sie leuchten glühend und erfreuen jeden.

Und wohlig auch empfängt ein sattes Grünen
den Blick, der träumend sich darin verliert.
Die Efeuwand, sie wuchert im Erblühen
und schützt die Vogelkinder, die nun ziehen
zaghaft ins Freie, zwitschernd ungeniert.

Besuchen mich schon mal am frühen Morgen
– ich sitz beim Frühstück gern auf dem Balkon-
Sie kommen dann, ein Krümchen sich zu borgen,
das Wasser aus der Tränke zu besorgen
und fliegen flatternd wieder flugs davon.

Ingrid Herta Drewing

Zeiterscheinung

Jetzt kommt die Zeit, da Männer grillen,
und Frauen im Bikini gehen,
mit großen, schwarzen Sonnenbrillen
begeistert in die Gegend sehen.

Verbrannter Fleischgeruch, der über
den hellen, grünen Gärten schwebt.
Gelächter brandet laut herüber,
man trinkt beschwingt sein Bier und lebt.

Am Lagerfeuer wie die Ahnen
versammelt sich die traute Schar,
und digital wähnt der Schamane
den Börsenkurs fürs Beutejahr.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingskraft

Im Grün des Frühlings sanft verwoben,
die Kraft, die Hoffnung, Freude schenkt,
wächst keimend, blühend, zart nach oben,
zum Lichte hin nun alles drängt.

Der Sonne klare Strahlen wärmen
und wecken, was verborgen schlief.
Das Bienenvolk gerät ins Schwärmen,
sucht Nektar in den Blüten tief.

Und muntrer Vögel helles Singen
von Nestbau kündet, Paarung, Brut.
Im sanften Frühlingswinde schwingen
sie himmelan sich, frohgemut.

Ingrid Herta Drewing

Frühsommer

Ein Flüstern in den Wäldern;

das Bächlein plätschert sacht.

Es blühen blau die Felder,

Lavendelduft in Pracht.

Und wispernd in den Wiesen

flirrt zart der Sommerwind,

der rote Mohn mag grüßen

das schön bekränzte Kind.

Es tanzt dort, selig träumend,

und singt sein helles Lied.

Im Schatten alter Bäume

ich sitz‘, froh mein Gemüt.

Und  fühle mich geborgen

in diesem Sommerglück,

ich  frage nicht nach  Morgen,

verwehr’ der Zeit den Blick.

Ingrid Herta Drewing

Kirschbaum nach dem Unwetter

Der Kirschbaum, bar der Blüten, die der Regen
und Sturmwind ihm genommen vor der Zeit,
wird nun den Bienen nicht zum Pollensegen,
trägt keine Früchte, die auf Sommers Wegen
sonst gastlich für die Vogelschar bereit.

Jedoch in seinem grünen Blätterhaus
verweilen gerne Amseln und auch Dohlen.
Auch Ringeltauben kennen sich hier aus;
es findet sich noch manch’ Insektenschmaus,
den sie sich sorgsam von den Zweigen holen.

Und mir wird er im Sommer Schatten schenken,
an Tagen, wenn die Sonne gleißend sticht.
Ich muss nicht unterm Hut den Kopf versenken
und kann in Ruhe alles klar bedenken,
behütet von des Baumes grünem Licht.

Ingrid Herta Drewing

Beethoven

Von Bonn nach Wien, auf Mozarts Spuren,

bei Haydn angekommen dann,

schuf er die schönsten Klangfiguren,

und wir erfreuen uns daran.

In seinen hellen Symphonien,

so Klang gewaltig neun, betörend

in Farbe ,Tiefe, Harmonien,

sind wir beglückt, beseelt ihn hörend.

Die Neunte ist uns ein Vermächtnis,

im Freudenfeuer Schillers Ode,

schreibt uns Gemeinschaft ins Gedächtnis,

Geschwister sein, steht zu Gebote

auch mit entfernten Antipoden.

Ingrid Herta Drewing

Zu Sisleys Gemälde „Schnee in Louveciennes“

In einer Straße Gartenmauerflucht,
fast unwirklich, so Schnee verhangen,
mein Auge seines Blickes Anker sucht.
In der Bildmitte, schwarz betucht,
nimmt es im Fluchtpunkt die Gestalt gefangen.

Sie ist es, die der weißen, kalten Stille
den Hauch von Leben gibt, gewillt,
dass man erschaue, wie des Malers Wille,
einsam inmitten dieser Winterfülle,
des Menschen Sehnsucht nach dem Menschen stillt.

Ingrid Herta Drewing

Einschätzung

Der Körper sagt: Du bist schon alt.

Die Seele fragt: Wer will das wissen?

Sie fühlt sich jung und sucht beflissen

des Lebens helle Schön-Gestalt.

Sie lebt und lacht, genießt die Freude

und übersieht gern die Gebrechen

des Körpers, der muss lauter sprechen

und weiß das schmerzhaft anzudeuten.

Sieh es doch ein, musst dich beschränken,

du reißt nicht mehr die Bäume aus!

Ganz nebenbei hab’ ich Bedenken,

so stark warst du noch nie, du Maus!

Freu dich an dem, was dir geblieben,

das ist doch reichlich, kost’ es aus!

Es lässt sich vieles innig lieben

in diesem schönen Erdenhaus.

Ingrid Herta Drewing

Gewitter

Es drängen Wolken vor die Sonne,

die jetzt noch heiß vom Himmel sticht.

Sie quellen berghoch auf, zerronnen

ist bald das blaue Himmelslicht.

Und ein Gewitter droht zu nahen;

der Wind frischt auf, stürmt, böig schnell.

Von fern’ wir schon die Blitze sahen,

die Feuerspuren, zackig, grell.

Jetzt ist es da, und Regen prasselt;

der Hagel tanzt wild auf dem Dach.

Hell zucken Blitze, Donner rasselt,

laut krachend stürzt der Baum am Bach.

Es tost und tobt, als hab’ die Hölle

die Teufelsbrut zur Erd’ gesandt,

damit sie alles hier entstelle,

was lieblich blüht auf grünem Land.

Doch endlich ist der Spuk zu Ende!

Nun klart es auf; ein Regenbogen

umarmt  hell farbig das Gelände

und Sonne strahlt, ist uns gewogen.

Ingrid Herta Drewing