Archive for August 2010

 
 

Louise Labé

Ach könnte ich doch! Wenn ich hätte,
so schön wie einst Louise Labé,
geschrieben zauberhaft Sonette,
ich spräng’ vor Freude in die Höh’.

Sie hat vor Hunderten von Jahren
in Versen, Reimen sie erdacht
der Liebe Worte, diese klaren,
die heut’ beglücken mich mit Macht.

So sollten wohl Gedichte leben,
jenseits der Moden und der Zeit,
Menschen berühren, ihnen geben
das Wort, das das Gefühl befreit.

Ingrid Herta Drewing

Efeu

Ja, hätte ich die Kraft der Efeuranken,
die sanft sich hoch an grauen Mauern ziehen,
so möchte ich ergrünend in Gedanken
dem Alltagsgrau und allem Leid entfliehen.

Dem Regen trotzen, wiegen mich im Winde,
den Frost ertragen und der Sonne Glut,
im Hoffnungsgrün verzweigend, ohne Rinde,
dem Sturme wehren, nie verlieren Mut.

Und schützen wie die Efeuwand das Leben,
ein Hort für Vögel, die hier sorglos brüten
Ja, sie vermag auch denen Schutz zu geben,
die zart beschwingt hier ihre Jungen hüten.

Als Mensch steh’ ich, bewundre staunend nur
die Kraft und Schönheit der Natur.

Ingrid Herta Drewing

Dank-Gebet

Lieber Vater, Gott, wir dürfen danken,

dass du uns dieses Leben hast geschenkt,

uns  erhältst, behütest, nicht lässt wanken,

uns schützend auch auf schmalem Pfade lenkst.

In diesem großen, schönen Lebensgarten,

der uns ein Paradies in Wald und Flur,

mit Pflanzen, Tieren, vielfältig die Arten,

schenkst du uns alle Schönheit der Natur.

So gib uns, Vater, bitte, Kraft zu sehen

die Wunder deiner Schöpfung auf der Welt,

den Willen damit sorgsam umzugehen,

alles zu tun zum Schutz, was sie erhält!



Ingrid Herta Drewing

Der verschwundene Schnuller

Säuglinge und kleine Kinder wissen schon genau, was sie wollen. Das zeigt nicht nur das instinktsichere Finden der Mutterbrust, das gilt auch für andere orale Vorlieben, wie
den Schnuller oder das abgelutschte Ohr eines bestimmten Kuscheltieres. Und wehe, wenn das Objekt der Liebe und Begierde nicht greifbar ist! Dann kann man erleben, was
Diktatur einer Minderheit bedeutet. Die einzige Waffe des Kindes, das Schreien, versetzt alle in Alarmstimmung.
Bei meinem kleinen Sohn war das nicht anders. Es gab da nur einen ganz bestimmten Schnuller, den er akzeptierte. Deshalb achteten wir auch sorgsam darauf, dass dieses Beruhigungsmittel immer verfügbar war. Wir hatten zwar davon schon einen Zweitschnuller angeschafft, aber der wurde generell abgelehnt.
Sehr beunruhigt reagierten wir deshalb einmal, als wir das kostbare Teil nicht fanden.
Wir waren gerade dabei, alles zusammenzupacken, um von dem Geburtstagsbesuch bei Omi aufzubrechen, als der gewissenhafte Vater mich erinnerte: “Schatz, vergiss den Schnuller nicht!“
Natürlich, den Schnuller, den durften wir nicht vergessen! Aber wo war das verdammte Ding? Zwar schlief das Baby zurzeit noch seelenruhig im Kinderwagen; aber das konnte sich ja blitzartig ändern. Und eine schlaflose Nacht wollten wir uns erst gar nicht ausmalen, das kannten wir zur Genüge.
Wen wundert es da, dass wir sofort überall in Omas Wohnung mit der Suche begannen, nachdem wir den Kinderwagen, die Taschen, Decken und Kissen gefilzt hatten.
Die gesamte Großfamilie betätigte sich schließlich an der Schnuller- Suchaktion; aber das vermaledeite Ding war einfach nicht aufzufinden, obwohl wir fast generalstabsmäßig
alles durchkämmt hatten. Tante Erna meinte besänftigend,wir hätten ihn sicher zu Hause vergessen.
Ermüdet vom Suchen, hofften wir das dann auch, obwohl ich mir sicher war, den Schnuller am Nachmittag im Mund meines Kindes gesehen zu haben. Aber schließlich begaben wir uns mit dem zum Glück noch schlafenden Kind auf den Heimweg.
Wir waren kaum zu Hause angekommen, als das Telefon klingelte. Mein Mann, der den Anruf entgegengenommen hatte, begann schallend laut zu lachen und sagte witzelnd:
„Oh, oh, du bist mir aber eine ganz Schlimme!“ und gab mir den Hörer.
Meine Mutter war am Apparat und gab Entwarnung. Der Schnuller war gefunden worden. Als Mutter sich zum Duschen ausgezogen hatte, war ihr das Teil aus der Bluse gefallen, und sie erinnerte sich daran, dass sie ihren Enkelsohn am Nachmittag eine Weile im Arm gehalten hatte. Dabei musste ihr der Schnuller wohl in den Ausschnitt gefallen sein, und in der Geburtstagsaufregung hatte sie nichts bemerkt.
Seit diesem Ereignis heißt es bei uns in der Familie immer,wenn etwas gesucht wird: “Hast du schon in Mutters Ausschnitt nachgeschaut?“

Ingrid Herta Drewing

Ataraxia

Der Gleichmut blättert dir die Tage hin,
als gelte es nur Falschgeld abzuzählen,
als sei die Zeit vorbei, bedacht zu wählen,
dass alles folge einem rechten Sinn.

Wohin ist sie gegangen, deine Stärke,
die dich begeisterte und trug auf Schwingen?
Wohin der volle Klang, das helle Singen,
das dich beflügelte in deinen Werken?

Die Strecke ist zu eben, breit die Bahn;
da magst du Neues nicht für dich entdecken.
Von fern zwar Katastrophen dich erschrecken,
jedoch sie können dir nicht wirklich nah’n.

Wem so viel scheint beendet und beschlossen,
der starrt geradeaus nur, unverdrossen.

Ingrid Herta Drewing

Nomade

Mein Auge schmerzt, es hat zu viel gesehen,

bedarf der Ruhe wohl, ersehnt den Schlaf.

Die Füße, sie sind wund vom langen Gehen,

vom Warten und vom in der Schlange Stehen.

Ich fühle mich wie ein verlornes Schaf.

In allen Wettern, fern der grünen Weide,

mich mühend auch in steinigem Gelände,

in Disteln suchend, kaum die Dornen meidend,

zu stillen jenen Hunger, den ich leide,

und hoffend, dass ein grünes Blatt sich fände.

Bin sesshaft nun; die Sonnenuntergänge

erlebe ich jetzt stets gefasst am gleichen Ort.

Ich male schön mir meine sichre Enge,

beklage nicht des Alltags graue Zwänge

und bleib’ Nomade nur in Phantasie und Wort

Ingrid Herta Drewing

Vom Glück

Man muss so vieles, was es gibt, nicht haben.
Zufriedenheit schenkt uns das wahre Glück,
sich freuen können an den kleinen Gaben
und lächelnd schenken einen lieben Blick.

Den Nächsten, der uns braucht, wohl zu verstehen,
weit öffnen unsre Seele, Herz und Sinn;
mit wachem Blick durch dieses Leben gehen
und nicht nur ständig wittern Geld, Gewinn.

Was uns beglückt, ist  meist‘ nicht zu bezahlen.
Es schenkt sich uns, macht tief im Innern reich.
Das Raffen, Gieren führt zu Seelenqualen,
treibt auch in Trübsal, führt ins Abseits gleich.

So freue dich an dem, was dir gegeben.
Die Gottesgaben leuchten, die Natur
lässt täglich so viel Schönes dich erleben.
Du musst den Blick dafür bewahren nur.

Ingrid Herta Drewing