Nomade

Mein Auge schmerzt, es hat zu viel gesehen,

bedarf der Ruhe wohl, ersehnt den Schlaf.

Die Füße, sie sind wund vom langen Gehen,

vom Warten und vom in der Schlange Stehen.

Ich fühle mich wie ein verlornes Schaf.

In allen Wettern, fern der grünen Weide,

mich mühend auch in steinigem Gelände,

in Disteln suchend, kaum die Dornen meidend,

zu stillen jenen Hunger, den ich leide,

und hoffend, dass ein grünes Blatt sich fände.

Bin sesshaft nun; die Sonnenuntergänge

erlebe ich jetzt stets gefasst am gleichen Ort.

Ich male schön mir meine sichre Enge,

beklage nicht des Alltags graue Zwänge

und bleib’ Nomade nur in Phantasie und Wort

Ingrid Herta Drewing


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