Der lebendige Schneemann

Es stand ein Schneemann in der Nacht
ganz einsam vor dem Haus,
von seinem Schöpfer unbewacht,
der schlief sich gründlich aus.

Da kam ein Trunkenbold vorbei,
der war ihm nicht geheuer,
blieb steh’n vor ihm, verlangte frei,
dass er ihm gebe Feuer.

Als Schneemann kannte er nur Licht,
auch konnte er nichts sagen.
Der Mann, erbost, verstand das nicht,
begann ihn bös’ zu schlagen.

Es fiel sein Hut, die Nasenrübe,
doch blieben Augen und der Kopf.
Der Mond erbarmte sich in Liebe
und half sogleich dem armen Tropf.

Ein Mondstrahl holte ihn ins Leben,
und plötzlich schlug das kalte Wesen
mit viel Elan, er konnt’ ihn heben,
den Wüstling tüchtig mit dem Besen.

Der war nun seinerseits verdutzt,
floh vor dem Schneemannswicht,
da er nun, arg zurechtgestutzt,
auf mehr nicht war erpicht.

Der Schneemann pappt’ die Nase an,
setzt wieder auf den Hut,
und dankte froh dem Mond sodann,
weil dieser ihm war gut.

Ingrid Herta Drewing