Tischgespräch

Die Marmelade sprach zur Butter:
„ Ich bin gar köstlich, frag’ die Mutter,
die hier uns auf den Tisch gestellt,
ich munde allen auf der Welt!
Doch du hingegen bist nur fett.
Gar viele finden das nicht nett
und nehmen dich nicht auf ihr Brot,
wo ich erstrahle gelb, grün, rot.
Ich bin aus allerfeinsten Früchten;
da reichst du nicht heran, mitnichten!“

„ Ach, meinst du“, sprach die Butter da,
„ dir ist wohl vieles gar nicht klar,
sonst wüsstest du, dass ich als Butter
zu vielem tauge, frag’ die Mutter!
Wenn uns besondre Gäst’ besuchen,
wählt sie mich aus für leckre Kuchen.
Auch darf ich bei sehr vielen Speisen
erst den Geschmack so richtig weisen;
und kommt vom Bäcker frisch das Brot
nimmt man mich als Belag, nie Not
herrscht ohne dich, du Marmelade.
Niemand vermisst dich, schade, schade!“

Der Honig und die Margarine,
die standen schmunzelnd nebenan;
die Leberwurst, die Ölsardine,
die hatten helle Freude an
dem Streitgespräch der eitlen beiden,
das Zuhör’n ließ sich kaum vermeiden.

Der Käse meint’: “Das stinkt zum Himmel,
lasst endlich euren Hochmutfimmel!
Wir alle sind doch, bitte sehr,
nur Lebensmittel und nicht mehr.
Ein jedes ist auf seine Art
von Nutzen und steh’ nicht à parte.
Darum erspart uns diese Bürde,
hier aufzurechnen unsre Würde!“

© Ingrid Herta Drewing


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