Der Genitiv

Oft geht’s dem Genitiv nicht gut,
es stiehlt der Dativ ihm den Hut,
denn viele unsrer Zeitgenossen
verwenden diesen unverdrossen.

Der zweite Fall als Attribut,
bringt Deutlichkeit in jene Wut,
er oft den Sinn des Satzes trimmt,
wenn er Subjekt, Objekt bestimmt.

© Ingrid Herta Drewing

Der Genitiv

Wie einstmals tief Dornröschen schlief,
so tat dies’ auch der Genitiv
im Hort der deutschen Sprache;
da täglich man den Dativ rief,
auch wenn er lag grammatisch schief,
im Textfeld herrschte Brache.

Veraltet sei er, sehr gespreizt,
man so mit dem Realen geiz’,
war manchmal gar zu hören.
Jedoch, wer dichtet, kennt den Reiz,
vom Ostseestrand bis hin zur Schweiz
lässt man sich gern betören.

Ich mag ihn gern, den zweiten Fall.
Er gibt den Versen seinen Drall
und fügt sich ein ins Klingen.
Als Attribut macht er sich gut
und stimuliert der Worte Flut.
Der Genitiv darf singen.

© Ingrid Herta Drewing