Tagesende

Am Abendhimmel
tanzen schwebend die Schwalben.
Rot sinkt die Sonne.

Und der erste Stern,
Venus, erglänzt dort im Blau,
kündigt an die Nacht.

© Ingrid Herta Drewing

Vormittag im Frühling

Ein sanfter Vormittag, Blauregendüfte
umschmeicheln mich; ich sitz’ auf dem Balkon,
genieße hier die milden Maienlüfte
und auch der Amsel süßen Flötenton.

Zurückgekehrt, am Himmel Schwalben schweben,
als sei gegeben alle Zeit der Welt,
die sie, anmutig gleitend, leicht erleben
in ihrem lichten, blauen, klaren Feld.

Und in der Efeuwand Grünfinken hüpfen,
die sich hier in dem Grün zu Hause fühlen,
zu Neste tragen; bald wird Nachwuchs schlüpfen
und flügge in dem Blättergarten spielen.

Beglückt empfinde ich den Frühlingsmorgen,
fühl‘ mich in meiner kleinen Welt geborgen.

© Ingrid Herta Drewing

Erwartung

Mit unschuldsblauen Augen blickt der Tag
am Morgen dir ins blasse Angesicht.
Geheimnis ist, was er heut’ bringen mag,
ob es dir gar missfällt, ob ’s dir behagt,
magst du erahnen, doch du weißt es nicht.

Oft überrascht dich eine Kleinigkeit,
ein Schmetterling, der kurz bei dir zu Gast
auf dem Balkon, die Blüten wählt zur Rast
und dort verweilt in seiner Leichtigkeit,
bevor er weiter fliegt, ganz ohne Hast.

Vielleicht siehst du schon erste Schwalben schweben.
Als Sommers Boten kehren sie zurück
Ihr Anblick schenkt dir dieses kleine Glück,
verspricht dir Wärme, lichtes, leichtes Leben
im hellen Sonnenschein, der dich erquickt.

Gewiss darfst du viel Schönes nun erwarten.
Jetzt teilt ’s Natur in reicher Fülle aus.
Es wird zum Paradies der kleine Garten,
das Wachsen, Blühen durfte wieder starten,
und auch die Rosen ranken sich um ’s Haus.

© Ingrid Herta Drewing

Hitzefrei

Als sei sie dort am Himmel festgeklebt,
so unbeweglich grau die Wolkendecke
sich mit der schwülen Hitze hier verwebt.
Doch wird sie bald schon ein Gewitter schrecken.

Wenn dann am Himmel grelle Feuer blitzen,
der Sturm, entfesselt, in die Bäume greift,
der Regen prasselt, dringt in alle Ritzen,
und Hagel Wiesen-Felderwogen schleift.

Dann wird auch endlich diese Hitze schwinden,
den hellen Tag schenkt uns die Sonne klar,
des Regenbogens Farben; wir verwinden,
das garstig’ Wetter, das noch vormals war.

Wir atmen frei, genießen ’s Sommerleben
und sehen hoch am Himmel Schwalben schweben.

© Ingrid Herta Drewing

Verhüllter Sommer

Es fliegen die Schwalben und schweben;
noch weilt der Sommer im Land,
obwohl dichte Wolken verweben
das Licht mit grauweißer Hand.

Und dennoch die Milde der Lüfte,
ein Schauern, der Farben Rausch,
Lavendel, Petuniendüfte
Blauregen lieblich im Plausch.

Die Amsel singt hell dort im Garten,
und Sonnenblumen im Saft,
am Wege gelb blühend, erwarten
der strahlenden Sonne Kraft.

Ingrid Herta Drewing