Anthropozän (II)

Der Sonne heiße Hände nun ergreifen
das Land und tilgen dort, was jüngst noch grün,
lebendig wollte sanft hier blühen, reifen,
bevor die Kraniche nach Süden zieh’n.

Kein Regen fällt, die Pflanzen fast verdorren;
in Bränden sterben Wälder weit und breit,
und dennoch meinen Menschen, recht verworren,
solch Wetter sei kein Zeichen unsrer Zeit.

Obwohl seit langem Wissenschaftler mahnen,
dass so der Klimawandel wird entfacht,
hisst man mit CO2 die falschen Fahnen,
anstatt zu handeln, nachhaltig, bedacht.

Im Wachstumswahn Bequemlichkeit zu pflegen,
dazu sind viel zu viele noch bestrebt;
im Ego-Trip versäumen sie zu hegen
die Erde, dass des Kindes Kind auch lebt.

Kein Tier vermag es, seine Art zu richten.
Der Mensch, dem einst Erkenntnis Glück verhieß,
ist hochmütig dabei, hier zu vernichten
das Wunder Leben, irdisch‘ Paradies!

© Text: Ingrid Herta Drewing, 2022
Foto : Pixabay

Abendgedanken

Am Tagesende, wenn das Abendrot
die Landschaft noch in warmen Farben flutet,
an Land gezogen, ruht das kleine Boot,
das in den Wogen sich sonst tüchtig sputet,
erfasst mich häufig doch ein sorgend’ Sinnen,
was einmal sein wird, ohne mein Beginnen?

Wird wer die Bücher lesen, die dort sind?
In vielen Jahren hab ich sie gehortet.
Sie wiesen mir schon, als ich noch ein Kind,
den Weg zur Welt,in Sprache klar bewortet.
Werden sie dann, am E-Book-Nutz gemessen,
als Ballast abgetan, entsorgt, vergessen?

So manche Dinge, die mir viel bedeuten,
reiht man dann wohl als Nachlass nutzlos ein.
Vielleicht erfreuen sie des Flohmarkts Leute,
bereichern eines Kenners irdisch’ Sein?
Ich wünsche mir, dass vieles wird behalten,
bezeugt den Nachkommen noch mein Gestalten!

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing

Mensch und Kunst

Rose, Dufti,2014

Wird, was gewesen, irgendwo noch bleiben,
die Worte, Klänge und der Farben Licht?
Wer wird es lesen, was die Dichter schreiben,
wenn Alltags Enge fordert harte Pflicht?

Wird alles enden, sinken ins Vergessen,
verblassen Schönes, sanftes Morgenrot?
Wird Härte blenden und das Leben messen,
beschließen jenes, was nur nutzt in Not?

Sie werden’s wenden, jene, die da lieben,
andächtig lauschen, wenn Musik erklingt,
auch Freude spenden, sich in Künsten üben
und auszutauschen, wenn die Seele schwingt!

Solange Menschen sind auf dieser Erde,
gehört auch ihre Kunst zum „ stirb und werde!“

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing