Das Missgeschick

Nun endlich, sich nach langen Jahren
des Sparens diesen Urlaub gönnen,
auf einem Traumschiff in den klaren
Mittelmeerwogen kreuzen können!

Das Reisefieber sie erfasst’;
auf der Costa Concordia
sind sie willkommen bald als Gast.
Sie sich schon froh auf Deck dort sah’n.

Und ausgerechnet da geschah es,
dass ihn sein Blinddarm plötzlich plagt‘.
Statt Urlaubstagen dort an Bord
ist die OP nun angesagt.

So fährt das Schiff jetzt ohne sie.
Sie stellen ’s mit Bedauern fest.
Vorbei die Ferieneuphorie,
nun sitzen sie zu Haus’ im Nest.

Ob nächstes Jahr sie fänden Zeit,
vielleicht die Reise nachzuholen?
Sie hadern, ’s Schicksal sei bereit,
sie wieder einmal zu verkohlen.

Da schwirrt die Meldung durch den Äther
von ihres Traumschiffs Havarie;
Verletzte, Tote! Übeltäter
der Kapitän, so hören sie.

Entsetzt – erleichtert sie erkennen,
dass, was zunächst ihr Missgeschick,
sie wohl nun Rettung dürfen nennen:
Sein kranker Blinddarm war ihr Glück.

© Ingrid Herta Drewing

Nebulös

Was wird bewirken, dass die Nebel weichen,
die alles hier in dichtem Grau verhüllen,
schenkt Farbe diesem Land, das, grau erbleichend,
die Sehnsucht nach dem Lichte nicht kann stillen?

Es stirbt die Sonne vor der Abendstunde
im Niemandsland dort zwischen Raum und Zeit
Kein Mond, kein Stern gibt nächtens davon Kunde,
dass Myriaden Galaxien bereit.

Das Licht ist da, obwohl wir es nicht sehen.
Wir warten stumm auf seine Helligkeit;
Gefahrlos wollen wir die Wege gehen
und suchen blind im Dunkel nach Geleit.

Und halten uns einander an den Händen;
gemeinsam hoffend auf ein gutes Ende.

© Ingrid Herta Drewing

Japans Leid

Wird dieses Leid denn wirklich niemals enden?
Wann kommen Erde und der Mensch zur Ruh?
Wann darf man wieder mit den eignen Händen
das halten, was jetzt ward zerstört im Nu?

Ach endeten doch bald auch Furcht und Not,
all dieses unheilvolle, dunkle Drängen,
das stets begleitet wird von nahem Tod,
die Strahlgefahr des Gaus mit ihren Zwängen!

Ja, Nippon weint. Die vielen stummen Tränen,
sie rinnen tief hinein ins stolze Herz;
und dennoch wahrt man Haltung, manche wähnen,
dass man zerbrechen müsst’ an solchem Schmerz.

Herr, Gott, wir bitten, sorge für die Rettung
und halte dort der Erde Beben an
damit auch die verheerende Verkettung
Tsunami, Gau nicht noch mehr schaden kann!

Ingrid Herta Drewing