Anonym

Es hatten sich Verlorene gefunden,
der Zufall einte sie im Sog der Nacht.
Man fühlte sich für kurze Zeit verbunden,
bis tags das Wunder madig ward gemacht.

Das Licht entlarvte den Verfall, die Falten,
und was verheißungsvoll im Dunkel schien,
zerfiel wie Asche vor dem Auge, die Gestalten
entfernten sich, vorbei ihr Liebesglüh’n.

Im Großstadtdschungel mancher Metropole
verirren nächtens viele Menschen sich,
sie steigen ab, frönen dem Alkohole,
verlieren ihre Richtung, fast ihr Ich.

In Häuserfluchten anonym, allein,
gilt’s zu ertragen hier, einsam zu sein.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Das Schnupfenmonster

Das Schnupfenmonster geht auf Jagd.
Dies‘ Wetter liebt’s, nasskalt,
und freut sich, wenn es Menschen plagt,
egal ob jung‘, ob alt‘.

Es mag’s, wenn seine Opfer niesen;
das klingt ihm wie Musik;
wenn rote Nasen schniefend fließen,
dann tanzt es wild und quiekt.

Dort, wo die Menschenmassen wandern,
sät es aus seine Viren
und springt vom Einen flugs zum Andern,
um sie zu infizieren.

Fast vierzehn Tage wird man Beute,
des Schnupfenmonsters Ernte.
Durch heißen Tee gelang’s,mir, Leute ,
dass schneller ich’s entfernte.

© Ingrid Herta Drewing