Sommernachtstraum in der Großstadt

Frühsommernacht, ich lehn‘ am off’nen Fenster;
es scheint der Mond, und leichter Fliederduft
verdrängt des Feinstaubs, Abgasmiefs Gespenster,
und auch mein Kräuterkasten würzt die Luft.

Wo lärmend der Verkehr der Großstadtstraße
am Tag den höchsten Pegel hier erreicht,
scheint zu verebben, was sonst über Maßen
zum Anlass wird, dass man die Segel streicht.

Nun weht ein frischer Wind vom Berg ins Tal,
gewährt, dass man darf lüften, atmen frei,
und Vollmonds Silber streift der Mauern Fahl
verzaubert die Fassade sanft im Mai.

Da könnt‘ die Sommernacht mir Träume schenken;
Doch aus der nahen Kneipe tönt Geschrei!
Ich schließ‘ das Fenster, um mich abzulenken,
und les‘ mein Lieblingsbuch, noch nachts um Zwei.

© Ingrid Herta Drewing,2018

In der Fremde

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Zurückgeworfen
auf den brüchigen Stufen
kletterst du weiter,
suchst noch immer deinen Weg,
ein Nomade ohne Pferd.

Der Steppe Weite
unter den blauen Himmeln
hast du verloren,
und in den Hochhausschluchten
welken die Tage dahin.

Du träumst von Rückkehr,
der roten Abendsonne
dort am Horizont
und bestaunst den Löwenzahn,
dessen Kraft den Asphalt bricht.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Sprichwörtliches abgeklopft

Das bringt das Fass zum Überlaufen,
da geht der Krug zum Brunnen, bricht,
es ist ja wohl zum Haare raufen,
das letzte Hemd gilt es zu kaufen,
denn Geiz ist geil, Konsum fast Pflicht.

Der Wirtschaftskreislauf soll florieren,
auch wenn dein Geld dort flöten geht,
weil die Börsianer spekulieren
und digital schnell transferieren,
was sonst durch Arbeitskraft entsteht.

Du träumst von einem Haus mit Garten,
ziehst in die Mietskaserne ein:
Beruflich in der Großstadt starten,
verlangt von dir so manches Warten,
wenn deine Einkünfte sind klein.

Den Letzten beißen stets die Hunde,
der frühe Vogel fängt den Wurm,
lehrt uns des Sprichworts fromme Kunde.
Jedoch siehst du wohl in der Runde:
Wer viel besitzt,der trotzt dem Sturm.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Anonym

Es hatten sich Verlorene gefunden,
der Zufall einte sie im Sog der Nacht.
Man fühlte sich für kurze Zeit verbunden,
bis tags das Wunder madig ward gemacht.

Das Licht entlarvte den Verfall, die Falten,
und was verheißungsvoll im Dunkel schien,
zerfiel wie Asche vor dem Auge, die Gestalten
entfernten sich, vorbei ihr Liebesglüh’n.

Im Großstadtdschungel mancher Metropole
verirren nächtens viele Menschen sich,
sie steigen ab, frönen dem Alkohole,
verlieren ihre Richtung, fast ihr Ich.

In Häuserfluchten anonym, allein,
gilt’s zu ertragen hier, einsam zu sein.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Frecher Waschbär

(Zur Artenvielfalt in der Großstadt)

Der Waschbär hat heut‘ keine Lust
die Nahrung abzuwaschen,
besorgt sich, kühn in seinem Frust,
ganz süße Frucht zum Naschen.

Denn lecker in der Obstauslage
sieht er das Futter sauber
und greift schnell zu,muss sich nicht plagen,
erweist sich so als Schlau-Bär.

Mag auch der Händler wütend fluchen:
„ Ich fang‘ dich, du entkommst mir nicht!“
Da kann er aber lange suchen,
hoch auf den Baum der Bär entwicht.

Wie fern in Indien heil’ge Affen
sich mopsen flink die Beute,
so kann ’s der kleine Bär auch schaffen.
Doch hier empört’s die Leute.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Sommer

Die Federwolken,
weiß in den Himmel getuscht,
zarte Windspiele.

Oleanderduft,
rosafarbene Blüten,
des Südens Träume,
erwachen auf dem Balkon,
erhellen das Großstadtgrau.

Hoch auf dem Dache
Ringeltaubengeschwister
träumen vom Sommer.

© Ingrid Herta Drewing