Verirrt

Seltsam real ist’s oft, wovon wir träumen.
Wir sind an Orten, auch in fremdem Land;
auch wenn nur Name oder Bild bekannt,
entführt’s uns magisch dann in seine Räume.

So ging im Traum ich heut‘ in Köln spazieren,
zum Rosenmontagszug schnell hin gereist.
Die Narren durften durch die Stadt marschieren.
In Mainz lag wegen Sturm der Zug auf Eis.

Obwohl die Sonne schien, wollt‘ ich nach Haus,
und suchte nach dem Bahnhof, fand ihn nicht.
Kein Mensch, den ich gefragt, kannte sich aus,
bedauerte mit fröhlichem Gesicht.

Es kam mir vor wie eine Odyssee,
ich irrte lang umher in Straßen, Gassen,
sah Kostümierte in der Rheinallee,
sich munter tanzend an den Händen fassen.

Viel bunte Schiffe fuhren auf dem Rhein,
von fern sah ich den Dom mit seinen Türmen.
Smaragdgrün war der Fluss, wie konnt‘ das sein ?
Und dann begann’s zu regnen und zu stürmen.

Doch, kurz bevor Verzweiflung mich befiel,
verging der Traum, erleichtert wacht‘ ich auf.
Ich war zu Haus. Vorbei das irre Spiel!
Und heiter nahm der Tag dann seinen Lauf.

© Ingrid Herta Drewing,2016