Stars Kirschen

Es sitzt ein Star auf einem Ast,
genießt das süße Leben;
die roten Kirschen ohne Hast
genüsslich da sein Schnabel fasst;
was kann es Bess’res geben?

Doch während er noch schnabuliert,
legt man hoch an die Leiter.
Der Star, den das jetzt sehr brüskiert,
fühlt sich vom Schicksal schikaniert,
fliegt flugs ein Bäumchen weiter.

Jedoch währt dort sein süßes Glück
auch nur für kurze Zeit,
Ein Mensch mit Leiter kehrt zurück,
auf dass er seine Kirschen pflück‘,
zur Ernte wohl bereit.

Der Star erkennt, sein Paradies
muss er mit andern teilen:
Was ihm der Mensch noch übrig ließ,
ihm letztlich auch Genuss verhieß,
erlaubt‘ ihm zu verweilen.

© Text: Ingrid Herta Drewing,2018
Foto: Pixabay

Wortklaubereien

Verstehen setzt voraus Verstand,
und Kenntnisse heißt: vieles kennen.
Das Handeln fordert gute Hand,
beim Namen kann man vieles nennen.

Das Schweigen schenkt die Kraft der Stille.
Verschweigen ist meist’ nicht so gut,
denn oft legt ein besorgter Wille
nur neues Holz auf helle Glut.

Was so verbal scheint nah zu liegen,
ist häufig doch einander fern.
Nicht jeder Flügel dient dem Fliegen,
und auch nicht jeder Star ist Stern.

© Ingrid Herta Drewing