Vor dem Schloss im Sommer

So blau der Himmel, keiner Wolke Grau
verhindert heut’ der Sonne goldnes Strahlen.
Die Farben leuchten, Maler sieht ’s genau,
wie sich hier wieder neu Kontraste malen.

Da zeichnen sich der grünen Bäume Schatten
klar in den weißen Kies des Weges ein.
Zypressen, die Parade hier abstatten,
dort steh’n Spalier im hellen Sonnenschein.

Und Wasser sprudelt, springt, und die Kaskade
ergießt sich schäumend, füllt ein Beckenrund,
das überfließt; des Wasserschleiers Gnade
strömt weiter in zwei großer Schalen Grund.

Römischer Brunnen, er erfrischt den Blick,
das müde Auge, das zu viel gesehen.
Das kühle Nass die Hitze weist zurück,
zeigt hier im Kreislauf Werden und Vergehen.

© Ingrid Herta Drewing

Zu Döblins Gemälde “ Die Toteninsel“

Wir treiben in dem letzten Boot
auf diese Insel zu,
auf welche wir nur leicht hingehen,
ganz ohne Last und Schuh.

Hier gibt es Sorge nicht, nie Not,
da alles liegt in Ruh’
Zypressenwächter dunkel stehen,
nicht fragend nach dem  Du.

Ein goldnes Licht hält hier im Lot
ein ewig sanfter Wille,
und tiefes Schweigen gilt dem Tod,
verstummt die Stimmen, Stille.

© Ingrid Herta Drewing