Lebensabend

Es ist, als sei ein neues, zweites Leben
mir nun zu einem Neubeginn geschenkt,
als hätten vieler Jahre Fleiß und Streben
den Weg gezeichnet, den jetzt Freiheit lenkt.

Froh darf ich unbehelligt musisch walten,
nicht mehr gefesselt an der Pflicht Termine,
und kann mir meine Tage schön gestalten,
das Bild hell malen auf des Lebens Bühne.

Zwar leb ich einsam hier in meiner Klause,
doch lässt mich dies‘ die Melodien hören
und Bilder sehen, die mein Herz betören,
im Dichten finden meinen Weg nach Hause.

In Dankbarkeit verweile ich hienieden,
erhoffe, allen Menschen werde Frieden.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Lob der Kunst

Wer dichtet, lebt in Wort und Bild und Klang,
mag auch sein Alltag gänzlich anders scheinen;
poetisch darf er seine Kräfte einen,
die Seele schwingen lassen im Gesang.

Er findet Harmonie im Klang der Worte,
erfasst die Bilder und gewinnt den Blick
für das Verlorene am müden Orte
und holt es schreibend in das Licht zurück.

Des Lebens sanfte Katalysatoren
die Kunst der Dichter, Maler, Komponisten.
In ihrem Werk wird wieder neu geboren
des Lebens Lächeln, Sinn, den man vermisste.

Die Kunst vermag mit ihrem Bild, dem schönen,
uns zu beglücken, gütig zu versöhnen.

© Ingrid Herta Drewing,2013

So-nett

Du schläfst hier so nett in deinem Sonett,
um altbacken, reimend Worte zu greifen.
Im Altväter-Look wirkt das viel zu adrett
und lässt so modernes Dichten ganz schleifen.

Du solltest erwachen im zweiten Quartett,
da du es im ersten kaum nur beachtet.
Bemühe dich, zeig’ es im Folge-Terzett,
sonst wirst du wohl als Philister verachtet.

Was schert mich das Gaukeln und Reden der Welt?
Ich lese und schreibe, so wie ’s mir gefällt,
und flattere nicht wie die Fahne im Wind,

von wechselnden Lüften  stets neu eingestellt.
Es wäre mir Leben und Dichten vergällt,
wenn ich vegetierte, so fremd bestimmt.

© Ingrid Herta Drewing