Dichters Lohn

Diso
Vom wohl Tradierten mag ich mich nicht trennen
und folg‘ dem Reimen, das ich froh geschaut.
Es reicht, wenn Leser, Hörer das erkennen,
was man in Klang und Bild Gedicht darf nennen,
die Worte, die der Seele sind vertraut.

Wer meint, es sei nur Werk der Epigonen,
zu wenig Neues, Sprache, Stil geschönt,
verkennt, dass dort, wo Träume sprechend wohnen,
mit ihrer sanften Stimme schon belohnen
den Menschen, den die Poesie verwöhnt.

Da braucht es keinen Wirbel, auch kein Rühmen,
nicht einen Preis, von Händlern ausgelost,
noch Medienrummel, der im Ungestümen
für ein paar Tage wird zu Ungetümen.
Es reicht ein Like im Internet, ein Dankes Post.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Frühlingslobgesang

Die Zeit ist da, der Frühlingslobgesang
ergießt poetisch sich in vielen Foren,
und alles Sehnen, noch im Winter bang,
das quillt nun honigsüß aus Dichterporen.

Es fällt auch schwer, die Lieder nicht zu singen,
nicht Teil zu sein im Chor der Epigonen.
Wer immer hier mit frohem Blick darf wohnen,
der stimmt mit ein, lässt die Musik erklingen.

Denn immer wieder wird dies’ Wunder wahr,
dass die Natur das Leben neu gewichtet.
Der Mensch, dem dieses Schöpfen offenbar,
erlebt die Blütenhoffnung, gern er dichtet.

Er ist beglückt, freut sich an allem Schönen
und preist den Frühling, sich der Welt versöhnend.

© Ingrid Herta Drewing

Auf Litera-Tour

Es heißt, entbehrlich, platt sei heut’ der Reim.
Er gaukle vor nur glatt die Illusionen
und lasse fälschlich Harmonien wohnen,
wo doch nichts andres sei als zäher Schleim.

Auch wird gesagt, man müsse wohl verschlüsseln;
das, was zu sagen wär’, sei wohl verhüllt,
geheimnisvoll, verfremdet jedes Bild.
Nur der versierte Leser soll’s entschlüsseln.

Recht babylonisch der Poeten Turm,
gibt Rätsel auf, zu suchen Sinn und Sage,
im Ungenauen sich bewegend vage.

Dies’ Missverständnis nebelt ein die Tage,
und aus dem Dunkel dringt nun bang die Klage,
das kalte Feuer nähr’ den Flatterwurm.

© Ingrid Herta Drewing