Frühlingsahnen

Der Sonnenbogen höher steigt,
es wächst der Tage Licht.
Zum Knospen mancher Zweig nun neigt,
obwohl der Winter noch nicht schweigt,
des Nachts noch frostig spricht.

Auch regt sich grünend hier im Garten,
was schlummernd in der Erde
geborgen liegt, um abzuwarten
und blütenzart im Licht zu starten,
wenn Frühling sagt: „Nun werde!“

Schneeglöckchen läuten’s Frühjahr ein;
es taut der letzte Schnee.
Die Winterlinge golden, fein,
sie strecken trotz der Kälte Pein
ihr Köpfchen in die Höh‘.

Du weißt, lang wird es nicht mehr währen,
bis ganz der Winter geht,
zurück die Vogelscharen kehren
und lassen hier ihr Singen hören,
das Land in Blüte steht.

© Ingrid Herta Drewing,2017

Die Tanne

Hoch ragt sie auf, die Tanne vor dem Haus.
Es tanzt das grün’ Gefieder ihrer Zweige
im Winde leicht, als wolle sie sich zeigen
dem Frühlingskind im linden Blätterflaus.

Die Vögel nisten dort als liebe Gäste,
und mancher späht ins Land vom Wipfel aus;
die Vogeleltern tragen schon zu Neste
und bald schon fliegen Junge, flügge, aus.

Die Tanne, stetig grünend übers Jahr,
hält Wache vor dem Haus schon seit Jahrzehnten;
und ihre Rinde zeigt noch wunderbar
das Herz der Liebenden, die an ihr lehnten.

Ganz sicher wird sie dort noch lange stehen,
wenn längst hier andre Menschen wohnen, gehen.

© Ingrid Herta Drewing