Herbstabend

Aus den Wiesen schweben Schleier,
Nebellieder. Abendrauch
hüllt die Weide ein am Weiher,
wo der letzte Silberreiher
wird zum Bild in sanftem Hauch.

So wie zarte Tuschezeichen
in der Ferne Baumkonturen.
Kronen jener Buchen, Eichen,
die bis in den Himmel reichen
über grünen, feuchten Fluren.

Leicht im Abendlicht verschwimmen
sie in goldner Sonnen-Glut,
die sich rötet im Verglimmen.
Und es schweigen laute Stimmen;
stille wird der Wald und ruht.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Spätherbst

Und still ruht nun das Tal,
gehüllt in Nebelnacht.
Die Bäume stehen kahl,
denn Spätherbst hat die Pracht
der Blätter längst genommen.

Die Krähen, die gekommen,
als schwarze Schatten thronen
im nassen Baumgeäst.
Wenn Winter naht, sie wohnen,
versammelt wie zum Fest,
besiedeln hier die Kronen.

Der Futtersuche Lohnen
verspricht des Menschen Nähe,
der dort gleich vor der Stadt
den großen Müllberg hat.
Da lässt sich viel erspähen;
die Krähen werden satt.

Im Morgenlicht, das fahl,
durch Nebelschleier sacht
in meine Augen dringt,
wirkt dies‘ Bild als Fanal,
wie dunkler Vögel Macht,
sanft überm Abfall schwingt.

© Ingrid Herta Drewing, 2013