Träumerei

Wenn zartes Laub die Bäume trügen,
ich wähnte mich in Frühlings Zeiten
und strafte Herbstgedanken Lügen,
denn seidig mild sich Lüfte wiegen
jetzt, da der Sommer will entgleiten.

Wenn Menschenhass hier endlich schwiege,
ich fühlte mich in Friedens Zeiten
und sähe Freude, Glück obsiegen,
denn keine Nachricht künd‘ von Kriegen,
wo Völker sich zu Tode streiten.

Doch lässt der Konjunktiv mich wissen,
hier wird der Wunsch zur Illusion,
bald naht der Herbststurm, und beflissen
packt Holle aus die Nebelkissen,
jagt meinen Frühlingstraum davon.

© Ingrid Herta Drewing

Vorfrühlingstag

Heut’ präsentiert sich sanft in Frühlingsmilde
der Tag und schenkt uns seinen hellen Klang.
Die kleine Welt schlüpft aus dem Winterbilde,
genießt den himmlisch sonnigen Empfang.

Da rauscht der Bach, der nun vom Eis befreit,
und licht, ein wenig Schnee noch an den Füßen,
sind lieblich Schneeglöckchen im Park bereit,
den Lenz und sein Gefolge zu begrüßen.

Die Amseln flöten, zwitschernd stieben Meisen
am Vogelhaus, das bald auch obsolet,
da Winter wird wohl weit nach Norden reisen,
wenn Frühlings Blütenreich im Grün entsteht.

Auch wir erfahren froh dies zarte Beben
erwachender Natur zu neuem Leben.

© Ingrid Herta Drewing