Jahresmitte

Jetzt angekommen in des Jahres Mitte,
blickst du erstaunt die kurze Zeit zurück.
Was noch im Januar nur stumme Bitte,
zeigt sich zum Teil in der Erfüllung Glück.
 
Und vieles wurde anders, als du dachtest.
Das Leben spielte fraglos sein Roulette.
Die Kapriolen, die du ernst beachtest,
erschienen deplatziert oft im Parkett.
 
Erwachsen ist das Jahr wohl doch geworden.
Jetzt sollte es hier zeigen sein Gesicht.
Zwar schickte es den Frühling früh nach Norden,
doch schönen Sommer brachte es noch nicht.
 
Auch du hegst viele Fragen, denkst betroffen:
Das Jahr geht weiter und uns bleibt das Hoffen.
 
 © Ingrid Herta Drewing

Gedanken anlässlich des Brexits

Was verflochten, will sich trennen,
was gefestigt, löst sich auf.
Vieles, was vereint wir kennen,
nimmt allein nun seinen Lauf.

So ein Ende kann erschrecken.
Doch es ist auch Neubeginn
und vermag wohl Kraft zu wecken,
wirkt Vernunft in gutem Sinn.

Die EU, sie schenkte Frieden
nach Jahrhunderten die Zeit,
dass sich nicht als Feinde mieden
Staaten, nun zum „Bund“ bereit.

Doch viel‘ Bürger der Nationen,
auch von Brüssel aus gelenkt,
fühlen sich entmündigt; Fronen
sieht man stets von dort verhängt.

Ob bei TTIP, CETA,TiSA
sehen sie sich ungehört,
der Konzerne Lobby-Visa
zeigen Einfluss ungestört.

Offenbar fehlt Bürgernähe.
Vieles, was bedrückt vor Ort,
herrscht, als ob’s dort niemand sähe.
„Demokratisch“ nur ein Wort.

Soll es weiterhin bestehen,
das EU-Haus, dann wird’s Zeit,
die Probleme anzugehen,
lösen bald, Verlust gefeit!

Wer nur national will tünchen,
macht gar vieles hier verkehrt.
Eintracht stärkt doch aller Wünschen,
dass der Friede weiter währt.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Gut gewollt – auch gut bedacht ?

Menschenströme, Gram-Geleit
aus diversen Gründen,
in das Land jetzt münden,
hoffen, dass sie jederzeit,
sicher in Geborgenheit,
Heil und Glück hier finden.

Kurz ist da die Anlaufzeit,
schnell gilt’s einzuspringen,
ordnend zu bedingen,
dass trotz großer Schwierigkeit,
mancherlei Unwägbarkeit
Hilfe nicht misslinge.

Helfer, willig und bereit,
sich ganz einzubringen,
sorgen für’s Gelingen.
Doch auch Raum,Verfügbarkeit
sind begrenzt, und insoweit
muss man viel erzwingen.

Schlangen, kilometerweit,
Wut will sich entzünden,
weckend alte Sünden.
Und trotz reger Mitarbeit
ist zu lang die Wartezeit,
mag in Trübsal münden.

Weit entfernt von Frust und Leid,
sicher in den Pfründen,
lässt sich leicht verkünden,
dass das Land sei stets bereit,
mit Asyl bei Dringlichkeit
Not zu überwinden.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Silvesterwunsch

Wie sich das Herbstblatt löst vom Baume,
so fällt das Jahr in seine Zeit,
die wir in unsrem Erdentraume
erfasst als Los im Sonnenraume
und sind zum Neubeginn bereit.

Ein neues Jahr weckt neues Hoffen,
erwartend einen guten Lauf,
dass sich Probleme lösen auf,
die schmerzvoll uns zuvor betroffen;
Silvesterwünsche gibt ’s zuhauf.

Und vieles, was wir selbst gestalten,
soll besser werden, sagt man sich
und macht deshalb nun reinen Tisch.
Doch vor Unwägbarem, Gewalten,
davor schütz’ Gott auch dich und mich!

© Ingrid Herta Drewing