Ratlos
Sie liefen davon
aus Furcht
vor Unfassbarem
und suchten Schutz
in den Wäldern.
Hinter sieben Bergen
versteckt,
hofften sie
auf ein Märchen – Ende.
Aber keiner
kannte
das Zauberwort.
© Ingrid Herta Drewing
Sie liefen davon
aus Furcht
vor Unfassbarem
und suchten Schutz
in den Wäldern.
Hinter sieben Bergen
versteckt,
hofften sie
auf ein Märchen – Ende.
Aber keiner
kannte
das Zauberwort.
© Ingrid Herta Drewing
In jenen großen Kreislauf eingewoben,
wo Werden und Vergehen leise spielt,
nicht wissend, wer dies’ Leben angeschoben,
das sich hier fortpflanzt, in die Zukunft zielt.
So mimt der kleine Mensch die Schöpfungskrone,
getragen von Natur, die er zerstört,
anstatt mit ihr sein Leben hier zu schonen,
da sie allein ihm Heimat doch gewährt.
In seinem Hochmut, seiner großen Gier
vergisst er der Naturgesetze Kraft
und schlägt sie achtlos zu, die große Tür
zu jenem Raum, der ihm erst Leben schafft.
Vielleicht wird irgendwann in fernen Zeiten
hier eine Spezies sich besser vorbereiten.
© Ingrid Herta Drewing
Ach, austauschbar, wie aus der Welt der Dinge
ist wohl so manchem heut’ der Mensch geworden;
verbunden nur noch mit des Fetischs Schlinge,
Erinnerungen, die die Liebe morden.
Verplant, verdingt, wird keine Zukunft lächeln,
denn todesstarr ist schon die Gegenwart
verurteilt, in den matten Tag zu röcheln.
Es grüßt die dumpfe List, spitzt auf den Start,
wenn man sich nüchtern neuer Eh’ verschrieben
und glaubt, das Leben in sich wach zu halten,
indem man fern von Freude, wahrem Lieben
noch tröge aufbewahrt des Wahns Gestalten.
© Ingrid Herta Drewing
(Kommentargedicht zu René Oberholzers Gedicht „ Leihgabe“)
Die Sonne sinkt und rötet das Meer.
Yves, Jean, Claude, Pierre und Albert,
Boule spielen sie auf der Place des Gamins,
ein fröhlicher Abend in Cogolin.
Und der Mistral frischt auf, weht zur Cote d’Azur.
„ Morgen fahr’ ich zu Jeanne nach Namur!“,
verkündet Claude und lehnt sich zurück;
er träumt von seinem Hochzeitsglück.
Dann Yves, stolzer Vater, erzählt vom Sohn.
Er habe vier Zähnchen und laufe bald schon.
„ Meine Tochter Christine“, so schwärmt Albert,
„ ist fleißig und schön, gleicht der Mutter sehr.“
Doch was war das?
Ertönte da nicht die Glocke vom Turm?
Jetzt hören es alle: Sie läutet Sturm.
Feuer soll sein hinterm Hügel im Wald.
Sie rufen und rennen; es gibt keinen Halt.
Denn jetzt ist jeder ein Feuerwehrmann.
Sie eilen zum Wald; sie packen es an.
Und bekämpfen den Drachen, die lodernde Glut
mit Gegenfeuern und schöpfen Mut,
dass des Feuers Gier ist bald gestillt.
Aber schon wieder flackert es wild.
Es knistert und kracht, es dampft und zischt.
Der Pinienhain lodert, ein Flammengesicht.
Sie graben sich ein; die Feuersbrunst grollt.
Die Nacht leuchtet rot, und ein Donnern rollt
Sie rufen und suchen im Kampf den Genossen.
Der Feuerring hat sie eingeschlossen.
Doch da spricht von Hoffnung ein rußig’ Gesicht,
und seine Stimme die Angst durchbricht,
denn Yves sagt entschlossen:
„ Es muss uns gelingen,
lasst uns diesen Ring durchdringen!
Die Stadt ist in Not,
Kinder und Frauen vom Feuer bedroht.
Wir müssen sie retten, wir schreiten voran;
es kämpfe ein jeder, so gut er kann!“
So halten sie aus und wehren mit Macht
den Feuernestern, die wieder entfacht.
Da! Endlich naht sie, die Hilfe! Vom Meer
fliegen Hubschrauber Wasser nun her.
Sie helfen zu löschen den höllischen Graus.
Matt züngeln noch Flammen,
doch dampfend zischt es;
dann sinkt es zusammen
und schließlich erlischt es.
Das Feuer ist aus.
Sie haben’s geschafft, Cogolin ist
verschont geblieben mit knapper Frist.
„ Wo sind sie, die Männer der Feuerwehr?
Wir wollen danken.
Seht, da kommt Pierre!“
„Wo sind sie?“, fragt der, dem man danken will.
„ Die Kameraden, wo sind sie?“
Alles schweigt still.-
Und dann ist es gewiss: Sie kommen nicht mehr.
Sie starben im Feuer: Yves, Jean, Claude und Albert.
© Ingrid Herta Drewing
(2003 anlässlich der schlimmen Brände in der Provence geschrieben. Leider jedes Jahr wieder ein aktuelles Thema)
Es recken hier die Sonnenblumen
zur Sonne hin ihr Sterngesicht,
das goldgelb zu der großen Muhme
nun strahlend auch von Leben spricht.
Fein aufgestellt, wie zur Parade,
sind Tausende hier auf dem Feld,
als warteten sie auf die Gnade,
die auch ihr Dasein hier erhellt.
So mancher Mensch auf dieser Erde
verhält sich wie der Heliotrop
und träumt mit hoffender Gebärde
von eines Leitsterns lichtem Lob.
© Ingrid Herta Drewing
Ja, Klärchen liebte Märchen,
wollt’ gern Prinzessin sein
mit gold gelockten Härchen,
die mit dem Prinz als Pärchen
ins Zauberland zög’ ein.
Sie träumt’ von Himmelsschlössern
und Kleidung, seidenfein,
dass Schimmel, edle Rösser
mit Flügeln, vier, acht besser,
die Kutsche flögen ein.
Der Prinz ließ auf sich warten,
und Klärchen wurde alt.
Ihr Häuschen und ihr Garten
mit vielen Pflanzenarten
lag tief versteckt im Wald.
Die Kinder sich erzählten,
dies‘ sei ein Hexenhaus
und sie oft lärmend quälten,
auch Steingeschosse wählten,
bis Klärchen kam heraus.
Sie schwang dann bös’ den Besen;
die Bengel rannten fort.
Kein Märchen mocht’ mehr lesen
das Klärchen, bittres Wesen,
und Kummer hieß das Wort.
© Ingrid Herta Drewing
Fest hielt ich dich an meiner Hand,
jedoch die Welle riss dich fort.
Nun irre ich durch dieses Land,
durchsuche nach dir Ort für Ort.
Dort ,wo wir wohnten, Heimat, Haus,
seh’ ich nur Schutt, ein Trümmermeer.
Ich steh verkrampft, vor Kummer leer,
und kenne mich hier kaum noch aus.
Wo kann ich dich nur wiederfinden?
Mir ist, als sei mein Herz zerrissen.
Wie könnte ich es je verwinden,
wenn ich dich immer müsste missen?
Habe dein Püppchen heut’ gefunden;
Ach, wiegtest du es noch im Arm!
Mein Kind, mein Liebstes, käm’ doch Kunde,
dass du geborgen bist ganz warm!
Ingrid Herta Drewing
Ach könnte ich doch! Wenn ich hätte,
so schön wie einst Louise Labé,
geschrieben zauberhaft Sonette,
ich spräng’ vor Freude in die Höh’.
Sie hat vor Hunderten von Jahren
in Versen, Reimen sie erdacht
der Liebe Worte, diese klaren,
die heut’ beglücken mich mit Macht.
So sollten wohl Gedichte leben,
jenseits der Moden und der Zeit,
Menschen berühren, ihnen geben
das Wort, das das Gefühl befreit.
Ingrid Herta Drewing

Wer Chef sein will, ich sag es nur,
sei fern von der Karikatur,
die einen Egomanen zeigt,
zur Teamarbeit wohl kaum geneigt,
verschränkt die Arme, weisend ab,
Gespräche, Worte? Wenn, nur knapp.
Auch scheint ein wenig eng sein Hirn,
die Memozettel auf der Stirn,
erinnernd an Cäsarenkranz,
der feine Zwirn verleiht kaum Glanz,
weil er, der einzig Macht ausübt,
im Grunde schwach ist, selbstverliebt.
Ingrid Herta Drewing
Herr, führe uns auf deinen Pfaden,
zeig uns den Weg zu deinem Licht,
nimm unsre Schuld in deiner Gnade
und schenk uns Mut und Zuversicht!<!
Lass deine Kinder hier nicht wanken
in schwachem Sinn und Übermut,
erleuchte Herz uns und Gedanken,
bewege, wo die Kraft uns ruht!
Gib, dass wir menschlich sind, in Güte
dem Nächsten helfen mit Geduld,
Geschöpfe schützen, jede Blüte
sei uns ein Zeichen deiner Huld!
Damit wir diese schöne Erde,
die du uns liebend anvertraut,
auch pflegen und bewahren werden
in deinem Licht, das wir erschaut.
Ingrid Herta Drewing