Herbstbilder

Mag sich der Herbst nun deutlich doch bequemen
und seine Pflicht erfüllen hier im Rund,
als Maler flugs jetzt seinen Pinsel nehmen,
der Büsche, Bäume Blätter färben bunt.

Den Tag dem Morgennebel ganz entwinden,
dass golden hell erstrahl‘ der Sonne Schein.
Die Früchte der Natur gilt’s aufzufinden,
Eichhörnchen sammelt Eicheln, Nüsse ein.

Aus grünem Stachelbett Kastanien fallen.
Das Kind birgt sie als Schatz in seiner Hand;
im Mahagoni-Glanz die kleinen Ballen
sind ihm für’s Basteln schönes Unterpfand.

Wird bald auch welkes Laub den Boden decken,
wo jetzt noch lilafarben Astern blüh’n,
darf sich der Igel doch darin verstecken,
so für den Winterschlaf Quartier bezieh’n.

Ich sehe Kraniche nach Süden fliehen,
mein Sehnsuchtsblick begleitet ihre Spur,
und weiß, die Glücksmomente sind geliehen
im großen Lebenskreislauf der Natur.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Vor dem Kurhaus in Wiesbaden

Zwei Tannenbäume, goldner Lichter Zier;
auch vor dem Kurhaus leuchtend hell erstrahlen
Römische Brunnen, deren Schalen hier
im Überborden Wasserspiele malen.

Nun, da geendet hat der Niesel-Regen,
erglüht im Dunkel dieses schöne Bild:
der Lichter Spiegeln auf den Wasserwegen
im Becken, das die Brunnen speist und füllt.

Und unaufhörlich Wasserschleier fallen,
was überreich wird, strömt zum nächsten Rund.
Ein Geben, Nehmen weilt und fließt, kristallen
erscheinend, dort hinab in seinen Grund.

Doch wie aus heimlich unsichtbarer Quelle
ist immer wieder Wasser neu zur Stelle.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Beim Betrachten des Apfelbaumes

Vereinzelt baumeln welke Blüten-Blätter
an kleinem Apfelrund, das wächst mit Macht,
dort wo noch unlängst hier bei Brautschau-Wetter
die Zweige zierte weiße, zarte Pracht.

So schnell verläuft dies‘ Blühen, Wachsen, Reifen
und auch Vergehen, eilt mit Jahres Zeit!
Es lehrt dich sehen, lässt dich wohl begreifen,
dass auch dein Leben findet dies‘ Geleit.

Ein stetes Wandeln zeigt sich da auf Erden.
Sogar den Stein erfasst’s, nicht nur das Leben.
Was heut‘ vergeht, weicht einem neuen Werden,
das zur Vollendung wiederum mag streben.

Und dennoch mischt sich Wehmut mir ins Bild,
wenn etwas Schönes endet, ist erfüllt.

© Ingrid Herta Drewing, 2016

Jahresklang

Es grünen Wälder. Felder, Wiesen, künden
von Leben, das der Frühling licht gebracht,
der duftend nun, dies blühende Empfinden
versprechend, sich mit Sommer wird verbinden,
bis Herbstes Reife glüht in Farbenpracht.

Entlaubt und kahl, im Nebelkleid die Bäume
erwarten dann des Winters weiße Zier,
der flockenweich in seinen stillen Räumen
das Leben ruhen lässt in sanften Träumen,
bis es sich neu im Lenz entfaltet hier.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Herbstzeitlose

Als seist du Krokus‘ Schwester, Herbstzeitlose,
erscheinst du mir in deiner Zartgestalt
im feuchten Grün hier, einsam in der Pose,
jetzt, da im Herbst so dicht der Nebel wallt.

Im Frühjahr Krokus sich gesellig zeigt:
Die Grüppchen leuchten farbig hell im Licht.
Du stehst allein, kein Vogel singt, es schweigt
der großen Wiese Sommer-Summ-Gesicht.

Und dennoch lässt du hier das Leben sprechen,
reckst fliederfarben, lind den Kelch zur Höh‘,
bevor dich Frost und Raureif achtlos brechen,
schenkst du dies‘ Blütenlächeln, bannst das Weh.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Herbst-Gold

Der Sommer ist gegangen,
und Frühherbst hält das Land
in feuerrotem Prangen
und golden in der Hand.

Die Ernte eingefahren,
in Körben Früchte, reich;
zur Mittagszeit,im Klaren,
spielt Luft noch mild und weich.

Da liegt im Traum das Leben,
es schwelt der Sonne Glut,
und sanft die Blätter schweben
dorthin, wo alles ruht.

© Ingrid Herta Drewing,2013

Schöner Novembertag

Ein heller Morgen! Aus den grauen Fängen
befreit, erglänzt des Herbstes goldne Pracht.
Der Blätter Farbenspiel durchbricht die Enge
der tristen Tage, jener Nebelnacht.

Es darf der Blick nun schweifen in die Weite,
erschauen diese Schönheit der Natur,
die leuchtend hier zum Abschied uns geleitet
hin auf des Lebens hoffnungsvolle Spur.

Bevor der lange Schlaf, des Winters Stille,
die Landschaft dicht mit Eis und Schnee verhüllt,
zeigt sie in diesem Farbenklang den Willen
zu leben, den der Frühling neu erfüllt.

Wir schwingen mit im Kreis der Jahreszeiten
und können uns auf sie gut vorbereiten.

© Ingrid Herta Drewing

Lebensfrage

In jenen großen Kreislauf eingewoben,
wo Werden und Vergehen leise spielt,
nicht wissend, wer dies’ Leben angeschoben,
das sich hier fortpflanzt, in die Zukunft zielt.

So mimt der kleine Mensch die Schöpfungskrone,
getragen von Natur, die er zerstört,
anstatt mit ihr sein Leben hier zu schonen,
da sie allein ihm Heimat doch gewährt.

In seinem Hochmut, seiner großen Gier
vergisst er der Naturgesetze Kraft
und schlägt sie achtlos zu, die große Tür
zu jenem Raum, der ihm erst Leben schafft.

Vielleicht wird irgendwann in fernen Zeiten
hier eine Spezies sich besser vorbereiten.

© Ingrid Herta Drewing

November-Impressionen

Des Sommers Leidenschaft, der Mohn verblichen,
des Herbstes Feuerfarben nun verglüht.
Was hoch empor sich rankte, ist gewichen,
nur Rinde, dunkel, nass im Nebellied.

Die Krähen hier im schwarzen Trauerrock
bevölkern kahle Bäume, Stoppelfelder.
Wo Amselsang einst lieblich uns gelockt,
klingt rostig jetzt ihr Krächzen nah den Wäldern.

Verschleiert, kühl erscheint die müde Erde;
im grauen Dunst verschläft sie ihren Tag.
Doch träumt sie wohl von fernem, neuem Werden,
wenn Winters Stille sie verlassen mag.

So darf sich alles wundervoll dann fügen,
des Lebens Kreislauf wird im Lichte siegen.

Ingrid Herta Drewing

Herbstklang

Der Mittag ruht in sanftem, goldnen Schweigen;
und Sonnenlicht kost zärtlich Wald und Flur.
Nur hin und wieder flüstert ’s in den Zweigen,
die Blätter tänzeln mit dem Wind im Reigen,
ein letztes Ernte- Lied singt die Natur.

Ich liebe sie, des Herbstes Harfensaiten,
den leisen Ton, der zart im Abschied schwingt,
wenn sich des Phönix’ Flügel rötend breiten
und im Erglühen sterbend sich bereiten
für einen Tag, der neues Leben bringt.

Ingrid Herta Drewing