Archive for the Category Kreislauf des Lebens

 
 

Morgen

Hell stand die Morgensonne schon im Osten,
und Vögel stimmten an den Lobgesang,
der in der Bäume Wipfel lieblich klang,
der Amseln Zwiegespräch auf ihren Posten.

Es funkelte in abertausend Lichtern,
im Perlenglanz der Tau, ein Gruß der Nacht,
und auch der Blumen zarte Angesichter
nun blickten auf, vom Sonnenstrahl erwacht.

Als feiere Natur ihr Frühlingsfest,
da sie nun froh des Winters Macht entronnen,
sich, licht gewandet, dürfe tanzend sonnen
im Werden, Leben, das sie wachsen lässt.

Ein trautes Bild des ewig neuen Webens
im steten Kreislauf dieses Erdenlebens.

© Ingrid Herta Drewing

Winternacht am See

Ein heller Silbermond streift zart die Zweige,
die raubereift hier in der Winternacht
hoch in den Sternenhimmel greifen, schweigen,
der klar und kalt das stille Tal bedacht.

Nun nächtens unterwegs die Einsamkeit,
in blauen Schatten fliegt sie über Schnee.
Zu Eis erstarrt, ermattet liegt der See;
der Winter schreibt amphibisch seine Zeit.

Und alles Leben scheint von hier verbannt,
in Todesruhe, eine Welt der Dinge.
Jedoch, noch in den Tiefen birgt ein Schwingen
die Frühlingshoffnung treu als Liebespfand.

Um Phönix gleich, entflammt sich zu erheben,
bereit, zu werden bald ein neues Leben.

© Ingrid Herta Drewing

Winterträume

Nun naht die Zeit der sanften Winterträume,
der kleinen, weißen Sterne; und im Tanz
aus Himmels kühlen, weiten Wolkenräumen
herab sie schweben, zaubern hellen Glanz.

Und wo die Erde fast im Frost erstarrte,
da breiten sie die weiche Decke aus,
dass tief im Boden Wurzeln, auch die zarten,
die Kräfte sammeln in dem dunklen Haus.

Dann darf im Frühling, wenn die Flocken schwinden,
weil sie die Sonne zärtlich weggeküsst,
das Leben grünend sich zum Lichte winden
und knospen, blühen als Naturgedicht.

Das neu uns schenkt in seiner Poesie
des Lebens lichte Freude, Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing

Blätter-Los

Es trägt der Wind die letzten goldnen Blätter
und wirbelt sie im Tanze durch die Luft.
Noch einmal grüßen sie das Sonnenwetter,
bevor ihr irdisch Los zum Welken ruft.

Was einst im Frühling lind begann zu leben,
in Sommers Reife grünen ließ den Baum,
darf losgelöst von seinem Ursprung schweben
in kurzer Freiheit vor dem langen Traum.

Zu Boden sinkend, braune Blätterhülle,
die sanft und warm deckt  bloße Erde zu,
wenn Raureif, Schnee, des Frostes kalte Stille
das Pflanzenleben lässt in Winters Ruh’

Um dann im warmen Dunkel aufzugehen,
zurückgekehrt zu lichtem Auferstehen.

© Ingrid Herta Drewing

Alter Baum

sonnig0-kopie-altbaumDas Jahr geht gar zu schnell zur Neige;

schon steht November nebelmüde da.

Die letzten Blätter klammern sich an ihre Zweige

und zittern fröstelnd , wenn der Raureif nah.


Es fällt so schwer , den Sommer loszulassen ,

die Winde rütteln rau den alten Baum

und rauben ihm an Tagen , regennassen ,

das feuchte Kleid , er wehrt sich kaum .


Sodann der Nebelkrähen große Scharen

bevölkern sein geplündertes Geäst;

er zeigt sich raugereift mit grauen Haaren,

erduldet noch der Vögel lautes Fest.


Es währt nur kurze Zeit , krächzend sie ziehen

hin zu den Feldern an den nahen See.

Den alten Baum erfreut ihr flatternd Fliehen ,

er wartet nun geduldig auf den Schnee.


Bald im Dezember bringt ein sanfter Morgen

den weißen Schneepelz, und zur Nacht

fühlt sich der alte Baum in ihm geborgen ,

gehüllt in weiche Glitzerpracht .


Nun ruht auch er und mag wohl träumen

vom Leben nach der stillen Zeit,

wenn ihm im lichten Frühlingsschäumen

neu wächst ein zartes , grünes Kleid.

Beim Anblick einer welken Blume

Noch heute Morgen stolze Blüte,

so farbig leuchtend, lieblich, mild

schenktest du Bienen Pollengüte,

ein lebensfrohes Blumenbild.


Am Abend, nun zur Tagesneige,

hängst du verwelkt und schlaff am Stiel.

Mir ist’s, als wolle Tod dort zeigen,

dass seine Macht führt schnell zum Ziel.


Die Schönheit schwand, doch bald wir sehen

das Wachsen deiner Frucht, der prallen.

Aus Samen, die ins Erdreich fallen,

wirst du vielfältig auferstehen.

Ingrid Drewing

Steinmauer

Gespalten und zum Teil zerbrochen

liegt hier geschichtet Stein auf Stein,

gemeinsam bildend eine Mauer,

bizarr in ihrem grauen Sein.


Und Klüfte tun sich auf und Nischen,

in welchen wächst auf wenig Erde

der Ginster, und sich hier vermischen

Vergangenes und neues Werden.


Der Stein ,noch vor Millionen Jahren

als Sand gelagert tief im Meer,

so alt, hat vieles schon erfahren,

Vergehen und Entstehen hehr.


Nun ist er hier Teil dieser Mauer,

die einer Wiese Fassung gibt,

vielleicht auch Bank für kurze Dauer

dem Wanderer, der Ginster liebt.

Ingrid Drewing

Linde

Ach grüne Linde, Herzblatt mein,
in deinem hellen Widerschein
dort auf der Bank, der alten,
ritzten wir unsre Namen ein;
der Liebe Zeichen blieb erhalten.
So viele Dichter rühmen dich
und deine Blätterkrone;
drum sing auch ich
jetzt froh für dich
ein Liebeslied zum Lohne.
Will preisen deine grüne Treue,
200 Jahre bist du alt,
blühst Jahr für Jahr,
beglückst auf’s  Neue
den Wanderer in deinem Wald.
In jedem Frühling mildes Lächeln,
im Sommer schattiges Geäst,
mit Blütenduft und zartem Fächeln,
so feierst du dein Jubelfest.
Im Herbste goldgelb und betörend,
das Blätterkleid erglänzt wie Taft;
und jedes Blatt fällt, sanft beschwörend
den Schatz verborg ’ner Lebenskraft
Wirst bald des Winters Schneepelz tragen
sowie des Raureifs Glitzerkleid
und auch im Sturme nicht verzagen.
Dein Traum von neuen Frühlingstagen
erfüllt sich nach der stillen Zeit.
Ingrid Drewing

P h ö n i x

p-hoenix-kopieOh Feuervogel Leben!

Nun, da der Sommer endet

und, einem Maler gleich,

an Künsten reich

in Farben sich verschwendet,

wirst du, vom Licht gesendet,

für eine lange Zeit

in kühlen Höhen schweben,

bis du, zum Frühlingsflug bereit,

in strahlend neuem Flammenkleid

die Erde lässt erbeben.


Ingrid Drewing